Als die Schlagermusik noch aus der Truhe kam



 Bei der gesunden Gartenarbeit, dem Küchendienst oder auch beim profanen Einkaufen fallen mir dann und wann einige alte Schlager - Kamellen aus den 1950er bis 1960er Jahren wieder ein. Die Texte, die die Damen und Herren vor mehr als einem halben Jahrhundert, dann über diverse Vinylscheiben abspielbar, dem westdeutschen Bundesmichel um die Ohren hauten, sind zum Teil bieder. Sie handeln von der Liebe ( dem Thema Nummer Eins im Schlagergenre ), dem Herzschmerz ( dem Thema Nummer Zwei ) oder / und dem Fernweh ( Reisen, Urlaub, fremde Ländern, möglichst exotisch ).

Auf dem Punkt gebracht: Die Schlager - Sülze gab all jene Sehnsüchte wieder, die für Millionen BRDler zu jener Zeit unerfüllt blieben.

Was seit den 1950ern da so alles als Single oder später in Langspielplattenform in die schwarzen Rillen gepresst wurde, kam mir einst ein wenig zu bürgerlich, zu angepasst, zu nichtssagend vor. Dennoch spielte ich bis Mitte der 1960er Jahre jene Platten ab, die meine Eltern entweder beim Kauf des sündhaft teueren Musikmöbel, einer Musiktruhe oder auch Phonoschrank bezeichnet, von dem vormaligen Möbelverkäufer Göbel aus Stadthagen geschenkt bekamen oder sich dann schenken ließ bzw. selbst kauften.  


https://lobster53.blogspot.com/2020/08/der-babysitter-boogie-aus-der-nordmende.html

Es waren Namen von Schlagersängerinnen und - sängern, die zum Teil längst das Zeitliche gesegnet haben oder deren Namen heutzutage keiner mehr kennt. Wobei es hier auch Ausnahmen gibt ( z.B. Freddy Quinn ). Jene 45er Vinylscheiben platzierte ich dann auf den Adapter des rechtsseitig in der Musiktruhe eingebauten Plattenwechslers, drückte alsdann eine in der Mitte des linksseitig eingebauten Röhrenradios, justierte die Lautstärke und stellte dann den Plattenspieler per Hebel an. Ein deutlich vernehmbares Knacken folgte, dann ein Knistern und zartes Rauschen. Danach aber wummerte und zirpte es los.

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Es waren nicht nur eine begrenzte Anzahl von Single, die ich da abspielen ließ, sondern auch deren Label waren eher überschaubar. Da gab es 45er - Scheiben von " Ariola ", vom - mutmaßlichen - Marktführer " Polydor " bis hin zu " Teldec ", die eine Vielzahl von Sänger und / oder Musikern unter Vertrag genommen hatten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Musiklabeln/A

Natürlich konnten jene westdeutschen Plattenfirmen mit der US - Konkurrenz damals nie und nimmer mithalten, die schon allein bei den Auflagen gigantische Zahlen vorwiesen. Aber, es entstand ein robuster Schlagermarkt, in denen sich solche Interpreten, wie Peter Alexander, Freddy Quinn oder " Manuela ", " Dörthe ", " Dalida " oder Wencke Myhre tummelten, die in schöner Regelmäßigkeit jene vertonten Texte dem Bundesmichel kredenzen durften.

Längst gibt es diese Nachkriegsmusik auf verschiedenen Tonträger zum Zwecke der Archivierung für die Ewigkeit überall uns nirgends zu kaufen. 

https://de.wikipedia.org/wiki/Schlager

https://popkultur.de/deutsche-60er-jahre-musik/


https://www.amazon.de/Schlager-60er-Jahre-Vinyl-LP/dp/B07MWQCN28/ref=asc_df_B07MWQCN28/?tag=googshopde-21&linkCode=df0&hvadid=354700671283&hvpos=&hvnetw=g&hvrand=3471638515381939451&hvpone=&hvptwo=&hvqmt=&hvdev=c&hvdvcmdl=&hvlocint=&hvlocphy=9042506&hvtargid=pla-791018800791&psc=1&th=1&psc=1&tag=&ref=&adgrpid=73108602873&hvpone=&hvptwo=&hvadid=354700671283&hvpos=&hvnetw=g&hvrand=3471638515381939451&hvqmt=&hvdev=c&hvdvcmdl=&hvlocint=&hvlocphy=9042506&hvtargid=pla-791018800791

Bein Scrollen kamen mir einige Lieder sowie deren Interpreten bekannt vor, schließlich dudelte ich jene Vinylscheiben, wenn die Eltern zur Maloche gegangen waren, das war von Montag bis Samstag immer der Fall, die Schlager auf der Musiktruhe ab. Identifizieren konnte ich mich damit zwar nicht wirklich, aber auf den Singles befand sich auf jeden Fall bessere Musik, als jenen, die aus dem Röhrenradio in der Küche kam, denn hier konnte ich neben dem Propagandasender " Deutschlandfunk " und - von der Wetterlage abhängig - " Radio Luxemburg ", nur noch den NDR empfangen. Und der plärrte häufig nur Tanzmusik.

So zerkratzte ich schon bald die Schlagerplatten meiner Eltern; als einst unter anderen da waren:

 - Heidi Brühl: Wir wollen niemals auseinander geh´n

- Lale Andersen: Ein Schiff wird kommen

- Freddy Quinn: Heimweh ( Brennend heißer Wüstensand ), Junge, komm´ bald wieder

- Dalida: Am Tag als der Regen kam

- Conny Francis: Die Liebe ist ein seltsames Spiel

- Nana Mouskori: Weiße Rosen aus Athen

- Club Honolulu ( Valente / Francesco ): Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu Strand- Bikini

- Ralf Bendix: Babysitter - Boogie

- Lolita: Seemann deine Heimat

- Conny Froeboess: Zwei kleine Italiener

 usw, usf...

Einige Jahre später, ich kam in das Alter des pubertierenden Teenagers, gesellten sich weitere Schlager - Single hinzu. Darunter auch " Küsse unterm Regenbogen " von Manuela. Da ich - unaufgeklärt - natürlich mit den ersten zarten Annäherungsversuchen zum anderen Geschlecht, immer noch nach den Vorgaben agierte, wonach die Kindern vom " Klapperstorch " gebracht werden, der Sex einzig und allein der Fortpflanzung zu dienen hat und damit die Frage, ob ein Mädchen durch den Austausch von Küssen schwanger werden konnte, erst beim Lesen der " BRAVO " -  Rubrik des Dr. Sommer endgültig geklärt werden konnte, machte ich mir auf beim Hören der einstigen Schlagermusik so meine ernsthaften Gedanken.





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