Gucke bis in den Morgen

 



Als ich am heutigen Sonntagmorgen von unserem Siamkatzen - Duo geräuschvoll daran erinnert wurde, dass die Fressnäpfe längst wieder aufzufüllen sind, schälte ich mich nach einer kurzen Bedenkzeit aus dem wohlig, noch warmen Bett, um der Aufforderungen der geliebten Vierbeiner nachzukommen.

Nein, es war keine christliche Zeit, eher eine Unzeit, in der mich die beiden Edelkatzen aus meinen - zuletzt - Albträumen rissen, um ihr Recht auf Futter einzufordern, aber, bei den immer noch milden Teperaturen, fiel mir der anschließende Gang in das Bad nicht sehr schwer. 

Ehrlich gesagt, ich war froh, dass ich von dem wirren Träumen durch die Katzen erlöst wurde. So stakste ich langsam die Treppe herunter, weil ich meine noch schlafende, bessere Hälfte nicht aufwecken wollte, wie immer, ohne Licht anzuschalten. Die beiden Muntermacher auf vier Pfoten waren längst im Garten unterwegs. Ihnen dauerte meine Badaktion wohl zu lange.

Während ich meine Routineabläufe abspulte, nämlich Radio und Kaffeeautomaten anschalten, einen Bunzlauer Kaffeepott aus den Schrank nehmen.... usw., blickte ich - noch leicht schläferig -  durch das verschmutzte Küchenfenster auf die Straße. Um 5.12 Uhr an einem Septembermorgen war noch alles dunkel. Bis auf die Straßenlaterne, deren eher fahler Lichtkegel in das Küchenfenster fällt, erschien dieser Straßenabschnitt unbeleuchtet. Und so konnte ich durch die nicht ganz herunter gelassene Jalousie ein leicht bläuliches Licht , das aus einem Zimmer des beinahe gegenüber liegenden Hauses schimmerte, deutlich erkennen.

Hier liegt - so vermuten wir - das Wohn - und Schlafzimmer unserer Nachbarin. Sie dürfte vielleicht knapp 10 Jahre älter sein als wir. Irgendwann erzählte sie mir, dass ihr Mann vor Jahren verstorben war. Sie ist dennoch nicht vollkommen allein, denn ihr Haus wird noch von der Tochter, deren Ehemann, der Enkeltochter sowie einem Verwandten ( Bruder? ) des Schwiegersohnes mitbewohnt. 

Als wir am 30. April 2019 hier einzogen und ein LKW mit Anhänger stundenlang längst vor dem Haus stand, schaute diese Nachbarin von morgens um 8 bis Mittag von ihrem Balkon aus der zusammengewürfelten Truppe des Spediteurs beim Ausladen zu. Später witzelte meine bessere Hälfte darüber und sagte: " Endlich was los hier! "

Monate nach unserem Einzug fiel uns auf, dass bei jener Nachbarin vom frühen Abend an bis in die frühen Morgenstunden der Fernsehapparat läuft. Nahezu jeden Abend bis in die Morgenstunden läuft das Gerät. Anhand einiger erkennbarer Sequenzen wissen wir auch, was ab den frühen Abend bei der Nachbarin geguckt wird. Von Montag bis Freitag sieht sie sich zunächst die Quizsendungen in der ARD an, dann folgt die " tagesschau " und später das Abendprogramm. Der Fernseher läuft und läuft und läuft, jeden Tag, jede Woche, jeden Monat.

Manchesmal, wenn das ab und zu bläulich schimmernde Licht des Bildschirm durch die Lamellen der herunter gelassenen Jalousie zu sehen ist und bis weit nach Mitternacht zu erkennen ist, fragen wir uns, warum die Nachbarin so lange am TV - Gerät verbringt? Schließlich ist ihre Familie doch im Haus anwesend. 

Trotz des familiären Umfelds kann eine Mutter, Schwiegermutter und Großmutter allein sein. Da hilft auch das über viele Stunden laufende Fernsehgerät nicht.  


SENDELICA  -  The Seeker  -  And Man Created God  -  2021:





    

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