Warentermingeschäfte: Eine Geldverbrennungmaschinerie?
Vorgestern habe ich nach dem Namen eines ehemaligen Mandanten gegoogelt. Gefunden habe ich diesen zwar nicht, wohl aber den des Sohnes. Dieser wohnt, lebt und arbeitet weiter in Bremen. Als ich mir dessen Homepage ansah, kamen mir Erinnerungen an die frühen 1990er Jahre.
Damals erhielt ich von einer ehemaligen Studienkollegin, die inzwischen verheiratet und Mutter von zwei Kindern war, einige Akten zur Weiterbearbeitung. Darunter auch einige Zivilrechtsfälle, die eigentlich schon abgeschlossen waren. Es handelte sich um Schadenersatzforderung aus einem größeren Verfahren, dass seinen Ursprung in den späten 1970er Jahre hatte und sich bis weit in die Mitte der 1980er Jahre zog. Es ging um so genannten Warentermingeschäfte an der damals dafür bekannten Londoner Börse.
Der vormalige Mandant war zusammen mit zwei Geschäftsführern und einigen Mitarbeitern in Bremen - Schwachhausen als Berater tätig. Auf Hochglanzbroschüren gaukelte die Anlagefirma, eine GmbH, in der der Mandant als Prokurist fungierte, den potenziellen Kunden traumhafte Renditen für ihr eingezahltes Geld vor, dass diese in Rohstoffpreisspekulationen einschießen sollten.
Dieses Genre ist hoch spekulativ und in der Regel derart riskant, dass der Geld einsetzende Kunde zumeist mit einem Totalverlust rechnen muss.
https://de.wikipedia.org/wiki/Termingeschäft#Betrugsgefahren
Die Bremer Firma spezialisierte sich auf die Londoner Rohstoffbörse, bei der sie einige so genannte Brooker beauftragt hatte, bei einem zu tätigenden Anruf, einen bestimmten Betrag auf eine bestimmte, am Weltmarkt gehandelte Rohstoffart zu platzieren. Wird der Preis steigen, verkauft der Brooker diese Anteile wieder und schöpft die Gewinnmarge zwischen eingesetzten Rohstoffpreis und Preis zum Verkaufszeitpunkt ab. Davon erhält der Brooker eine Provision. Der Restbetrag wird an die Bremer Firma überwiesen, die wiederum für ihre Tätigkeit satte Provisionen, Gebühren und Spesen berechnet.
Zumeist geht der Kunde wegen des hohen Risikos mit Verlust aus einem solchen Geschäft. Der Geldeinsatz wird deshalb so lange eingesetzt, wieder abgezogen und " umgerollt ", bis ein Totalverlust entsteht. Bei jedem " Put " oder jeder " Option " kassiert die Anlageberatungsfirma von ihren Kunden jedoch üppige Gelder, egal ob diese Gewinn oder - zumeist - Verlust machen.
Als Zu Beginn der 1980er Jahre die ersten Klagen gegen die Bremer Beratungsfirma bei dem Landgericht eingingen, durchlief ich gerade meine Zivilstation bei der 2. Zivilkammer. Der vorsitzende Richter erklärte uns in einer Besprechung, was es mit den Warentermingeschäften auf sich hatte und bat uns, die Akten einmal genauer anzusehen. Später gelangten wir zu dem Ergebnis, dass die Kunden wohl einen Schadenersatzanspruch gegen die Firma haben könnten, weil diese nicht vollständig und ausreichend über das hohe Risiko bei diesen Geschäften hingewiesen hatten.
Das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen sah in dem Berufsverfahren, dass dem erstinstanzlichen Urteil, in dem die beklagte Firma zur Rückzahlung der erhaltenen Gelder verurteilt worden war, anders und hob dieses Urteil auf. Das HOLG sah keinen Anspruch auf Rückzahlung aufgrund der so genannten Prospektenhaftung.
Dann kam es aber für die vielen geprellten Kunden doch noch völlig anders. Die Staatsanwaltschaft Bremen hatte die Geschäftsräume der Anlagefirma in Bremen - Schwachhausen durchsuchen lassen, weil bei ihr mittlerweile Dutzende an Strafanzeigen eingelaufen waren. Die gesamten Akten und weitere Unterlagen wurden beschlagnahmt, die Konten gesperrt und die dortigen Gelder eingefroren. Die drei Hauptakteure, darunter der spätere Mandant, wanderten in die Untersuchungshaft.
Mitte der 1980er Jahre kam es zu einem regional durchaus beachteten Strafprozess vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bremen. In diesem Verfahren wurde der Mandant zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt. Ihm konnte gewerbsmäßiger Betrug in mehreren Hundert Fällen nachgewiesen werden, weil er als Prokurist über die kriminellen Aktivitäten der beiden Geschäftsführer umfassende Kenntnisse erlangt hatte, diese nicht unterband und sich sogar selbst bereichert haben sollte. Das Urteil wurde rechtskräftig. Der Mandant saß 2 / 3 der Strafe ab und wurde 1990 aus der Haft entlassen.
Dazwischen musste er sich gegen eine Flut von Schadenersatzklagen zur Wehr setzen, weil die geprellten Ex - Kunden nun von ihm das eingelegte Geld zurück verlangten. In sämtlichen Zivilfahren wurde er, weil er als Prokurist für die Firma nach außen hin aufgetreten war, persönlich in Regress genommen. Die Klagforderungen summten sich bald auf einen namhaften sechsstelligen Betrag auf. Fiese Summen konnten der Mandant V. nie im Leben zurückzahlen.
Um überhaupt weiter existieren zu können, überschrieb er später eine Versicherungsagentur seinem Sohn . Der ist dort immer noch tätig.
Nach mehrmonatiger Prüfung der Akten gab ich diese, die den Umfang zweier großer Pappkartons annahmen, an den Mandanten V. wieder zurück. Ich konnte ihm keine Hoffnung machen, dass er aus dem Schlamassel von damals je wieder heraus kommen könnte.
Das breite Feld der Warentermingeschäfte wird noch heute von Tausenden Betrügern beackert, die Millionen damit verdienen. Die Triebfeder für ihre kriminelle Tätigkeit heißt bei den Kunden " Geldgier " und dagegen ist nun wahrlich kein Kraut gewachsen.
Merke deshalb: Wer nichts hat, kann nichts verlieren. Wer viel hat, kann aber viel verlieren!
" Kungens Män " aus Stockholm mit " Krautisk Gängstil " - 2014:
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