Auch beim Arzt



Ein Macho - Spruch aus der Bierdunst geschwängerten Kneipenszene lautete:

" Ein Mann soll ( muss ) ins einem Leben ein Haus bauen, ein Kind ( Sohn ) zeugen und ( erst seit der jüngeren Zeit ) einem Baum pflanzen. " Diese, auf eine angeblich Aussage des vermeintlichen Kirchen - Reformers Luther basierende Feststellung, lässt sich heutzutage nicht mehr vollständig übertragen. Die Lebensverhältnisse sind nämlich komplexer und zudem komplizierter geworden. Ein Kerl, bis in das hohe Alter hinaus gehend, kann zwar alle drei geforderten Dinge noch erfüllen, doch dazu bedarf es einer großen - vor allem finanziellen - Kraftanstrengung und bei dem Nachwuchs, zudem eines Wechsels der Partnerin. Die Natur hat uns da bekanntlich Grenzen gesetzt.

Dem allen vorausgesetzt ist indes eine gute Gesundheit. Und, um diese sicherzustellen, sollte ein Mann ab und zu einen Arzt aufsuchen, der ihm sodann Auskunft über seinen körperlichen Zustand geben könnte.

Mitten im siebten Lebensjahrzehnt, habe ich meine - nicht anerzogene - Abneigung gegenüber den Weißkittelträgern quasi über Bord geworfen und auf intensiveres Drängen meiner besseren Hälfte auch einen so genannten Gesundheits - Check  durchführen lassen. Dafür lag nichts näher, als dass ich just jene Arztpraxis aufsuchte, in der auch meine bessere Hälfte angemeldet war. 

Die Praxis für Allgemeinmedizin wird von zwei Ärztinnen betrieben ( Mutter und Tochter ) und ist - so wie es bei den meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen der Fall sein dürfte - gut frequentiert. Hinzu kommen aktuelle die " Corona " - Impfwilligen, die seit einigen Wochen die Telefonleitungen tagtäglich blockieren. Ergo: Es gibt viel zu tun!

Nun, der Gesundheits - Check, der zum überwiegenden Teil von unserer " Gesundheitskasse ", der AOK Sachsen und Thüringen bezahlt wird, ist eine Empfehlung an Frauen und Männer, sich ab einem bestimmten Alter regelmäßig untersuchen zu lassen. Der Hintergedanke dabei könnte in etwa so heißen: " Vorbeugen ist besser als operieren ( zudem auch wesentlich billiger ).

In Anlehnung an den Vater aller ärztlichen Standeskünste Hippokrates dürfte diese Empfehlung für die meisten der Menschen in einem Industrieland zutreffend sein. Dieses nicht nur, weil unsere Lebensweise sich seit der Zeit des alten Griechen Hippokrates vollkommen verändert hat. Wie dem auch sei, ich begab mich - wohl auch - deswegen zusammen mit meiner besseren Hälfte in der vergangenen Woche zu einem Arzttermin.   

Bei der durchgeführten Untersuchung horchte Frau Doktor meinen nicht mehr taufrischen Körper ab, erfragte das elterliche Umfeld, etwaige, bekannte Vorerkrankungen dort und erfuhr dabei so ganz nebenbei von mir, dass mein letzter Arztbesuch satte 37 Jahre her ist. Sie sah mich dabei ein wenig ungläubig an. Ich suchte krampfhaft nach einer entschuldigenden Erklärung, die da hieß: " Es hat sich während meiner Berufstätigkeit nie so ergeben. "

Gelinde gesagt: Eine Art Notlüge, denn ich misstraute jenen studierten Damen und Herren qua meiner eigenen Berufserfahrung. Irren ist nicht nur menschlich, sondern kann in ihren Fällen die Gesundheit ruinieren oder gar den Tod herbei führen. Aber, unter den Handwerkern im weißen Kittel gibt es auch viele gute, weil erfahrene Kollegen. Deshalb wäre es vermessen, wenn ich behaupten würde, es handele sich bei jenen Medizinern, die massenhaft auf die Menschheit los gelassen werden, ausschließlich um Quacksalber.

Nach der zirka eine Stunde andauernden Untersuchung, einschließlich der Blutabnahme und späteren Urin - sowie Stuhlabgabe, schien - zumindest rein äußerlich - festzustehen, dass ich das bin, wie das ich mich fühle: gesund! Also kein Fall für die Gesundheitskasse, unsere AOK in Sachsen und Thüringen.

Gestern nun habe ich bereits einen Impfpass dort abgeholt. Unsere Hausärztin hat mir einen Termin gegeben. Am Dienstagnachmittag gibt es die erste der beiden - möglicherweise - erlösenden Spritzen. Die Praxis erhielt zu Beginn der Woche eine Charge " Astrazeneca " und darf diesen unter ihren Patienten und jenen, die dort ständige herum nerven, ordnungsgemäß verteilen. Ein Lichtblick im trüben Frühjahr des zweiten " Corona " - Jahres. 

Die Medien fabulieren seit einem längeren Zeitraum ständig über den aufkommenden " Impf - Neid ". Boah, ey, was sich die Nachrichtenindustrie nicht so alles an Wortschöpfungen im Zusammenhang mit der grassierenden Seuche einfallen lässt. In der Natur gibt es zwar den Futterneid, in unserer Konsumgesellschaft den Sozialneid, aber den " Impf - Neid "? Der ist mir völlig neu. Eine Wort - Kreation, die wohl ausdrücken soll, dass noch Nicht - Geimpfte, die sich allerdings Impfen lassen möchten, weil sie ihren alten Lebenswandel ( Saufen, Fressen, Reisen, Party, Poppen ) zurück bekommen wollen, nun meinen, dass sie mit der Schutzimpfung gegenüber den anderen Menschen privilegiert seien. Doch, so wie es momentan aussieht, haben sie sich geirrt. 

Unabhängig davon, dass eh keine Gastronomie geöffnet ist, dass keine Auslands - Urlaubsreisen ( mit Ausnahme von " Malle " ) sowie Fahrten und Aufenthalte im Inland erlaubt wurden und wenn, dann nur mit den üblichen Einschränkungen, gibt es damit auch nichts, dass der Geimpfte gegenüber dem Nicht - Geimpften unterscheidet. So, what?

Ich ging die Treppe des wohl irgendwann in den späten 1960er Jahren erbauten Hauses bis zur Praxiseingangstür hoch. So mancher in meinem Alter würde hieran bereits scheitern oder wenn er die zwei Dutzend Stufen schaffen würde, oben angekommen wie ein atemloser Marathoni keuchen. Auf den Treppenstufen zum zweiten Stockwerk verweilte ein Mann. Er sah herunter gekommen aus. Neben ihm stand ein schwarzer Blechkasten. Ein transportables Atemgerät. Der Kranke sah mich nicht an. Er war - mutmaßlich - auch Patient der Gemeinschaftspraxis R. Dann kam mir eine schlanke ( auf bayrisch: fesche ) jüngere Frau, ganz in Weiß gekleidet, mit festen Schritt und mit einem selbst bewussten Gesichtsausdruck entgegen. Ich vermutete, dass es die Tochter und Praxis - Mitinhaberin sein könnte. 

Sie bat den leicht lumpig aussehenden Wartenden in die Praxisräume hinein. Dieser entschwand alsdann aus meinem Blickfeld. Vor mit stand an der durch eine Plexiglasscheibe abgetrennten Anmeldung dafür eine weitere Patientin. Diese führte ein intensives Gespräch mit einer der Mitarbeiterinnen, während Frau Doktor jun. um sie herum wuselte. Irgendwann bemühte sie sich dann in einem leicht schnippisch Unterton mich zu fragen, was der Grund meines Wartens sei. ( O - Ton: " Und bei Ihnen? " ).

Tja, diese Art des leicht Arroganten kenne ich schon. Vielleicht war ihr der Besuch des auf der Treppe Wartenden, des leicht herunter gekommen Aussehenden, nicht leicht gefallen. Auch diese Art von Patienten kenne ich. Einst nannte ich sie Klienten ( Mandanten ). Der Typus hier wie dort ist aber nach wie vor identisch. Es sind Hungerleider. Arme Mitbürger also, denen das reale Leben nicht selten übel mit gespielt hat. Sie hatten und haben nix auf der Naht, lasse sich oft gehen ( sofern es Kerle sind ) und stinken zudem wie ein Iltis, denn Körperhygiene ist für sie ein Fremdwort.

Ich erklärte Frau Doktor, dass ich für Proben das Labor mitgebracht habe. Ihre Antwort darauf: " Die bringen Sie bitte in das Labor! " Meine Reaktion: " Jawoll,ja, mache ich! "

Dann bat ich um zwei Impfausweise. Die sind bekanntlich kostenpflichtig. " Wie ist denn Ihr Name? ", wollte sie von mir wissen. Ich antwortete ihr. Sie scrollte mit der Maus die Patientendatei herunter. " Zwei? ", wollte sie von mir wissen. " Ja, zwei! Für meine Frau auch ", antwortete ich ihr und wiederholte dabei meinen Namen. " Das habe ich mir schon fast gedacht, das Ihre Frau auch so heißt! ", polterte sie mir entgegen. " 

" Sagen Sie das nicht! ", kam meine Antwort darauf. " Ich trug in der ersten Ehe aber einen Doppelnamen! "

Sie schaute kurz auf und mich an, als hätte ich ihr jetzt ein unsittliches Angebot gemacht. Auch die Mitarbeiter sah mich wie ein stehen gebliebener Trecker mit großen Augen an und wollte dann von mir wissen: " Da haben Sie ja den Namen Ihrer Frau angenommen? " 

"Ja, danach war ich der Emanzipierte! ", gab ich ihr zurück. 

Es muss für die beiden Damen wie ein achtes Weltwunder herüber gekommen sein, dass ein Kerl bei der Eheschließung den Namen der Frau annimmt und einen Doppelnamen führt. Vor schreckt füllte Frau Doktor den zweiten Impfausweis nicht korrekt aus. In der Sparte des Geburtsdatums stand der Familienname. Egal, Dokument ist Dokument. 

Ich gab die geforderten 6 Euro für die beiden gelben Ausweise und verabschiedete mich freundlich. Bei Heruntergehen der Treppe überlegte ich dann doch, was denn nun so besonders an meinem Doppelnamen gewesen sein könnte. Beim Überqueren der Straße und dem Erkennen unseres " Mazda " mit dem " FS " - Kennzeichen fiel es mir wieder ein. Wir befinden uns in Bayern. Im Freistaat Bayern. Hier gehen die Uhren etwas anders. Zumeist zu spät. Das bedeutet aber auch, dass die emanzipatorischen Bestrebungen hier nicht so weit voran geschritten sind. Soll heißen: Bayrische Frauen heiraten ein Mannsbild und das bestimmt in der Ehe wo´s lang zu gehen hat. Und deswegen gibt der Kerl seinen Namen dafür her. Getreu dem Motto:

" Ich bin der Mann im Haus, es wär´gelacht, was meine Frau sagt, wird gemacht! " oder, wie es die Chinesen auf ihre leicht philosophische Weise erklären:

" Der Mann ist der Kopf; die Frau der Hals! "

Das gilt auch bei Arztterminen.



SCHÖNHERZ  -  Rosa  -  What A Night  -  1978:





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