Weststrand 2021




Tag 9 unseres Darß - Aufenthalts. Das Kachelmann - Wetter hatte einen bewölkten Himmel und Temperaturen um die 19 ° C voraus gesagt. Die Prognose traf zu. Seit den frühen Morgenstunden klarte es nicht auf. Ideale Voraussetzungen, um eine Tour mit dem Fahrrad zu wagen. Zuvor aber sollte die Frage geklärt werden, ob wir eine Jacke mit nehmen oder es beim langärmeligen Shirt belassen?

Nachdem die alten Mähren vom Radständer abgeholt worden waren, schwangen wir uns in freudiger Erwartung auf jene längst geplante Fahrt auf den Sattel. Meine bessere Hälfte hatte den Weststrand zum Ziel auserkoren. Jene Meerseite der Halbinsel, die einst zu DDR - Zeiten besonders bei den FKK - Fans - von denen es ja bekanntlich nicht gerade wenige gab - sehr beliebt war.

Die Geschichte nebst der Ursprungssuche zu dieser freizügigen Urlaubsgestaltung in der DDR ist mittlerweile dem gemeinen Wessi - nicht nur über den Nostalgie - Sender MDR - hinlänglich bekannt. Ob es in jenen 40 Jahren, in denen der andere deutsche Staat existieren durfte, hierbei nur um Aufmüpfigkeit der Massen gegenüber der permanent für sie, die Arbeiterklasse, kämpfenden Speerspitze in Gestalt der SED - Führung ging, bleibt hier mal außen vor. Der Urlauber zu DDR - Zeiten bekam ja ab dem 13. August 1961 so viele Erholungs - und Reisemöglichkeiten nicht mehr vorgesetzt.

So musste er, neben den erlaubten Reisezielen im sozialistischen Ausland, wie beispielsweise Bulgarien, Polen oder Ungarn, sich mit jenen Regionen zufrieden geben, die im eigenen Land ausgewiesen worden waren. Die Ostseestrände von Boltenhagen bis Helenesee, mit ihren Inseln / Halbinseln zählte zu den heiß begehrten Erholungsgebieten.

Aber auch dort waren Plätze, Unterkünfte oder Anreisemöglichkeiten eher rar. Weshalb es in den acht Ferienwochen des Sommers ab den späten 1960er Jahren bis zum Zusammenbruch der DDR dort zumeist so aussah:

https://www.google.com/search?q=Ostsee+DDR&client=opera&hs=0CR&tbm=isch&source=iu&ictx=1&fir=y7slqrzKW_4IJM%252CFHG2Uvk8HOpG9M%252C_&vet=1&usg=AI4_-kRppYFhQcD7GJyvv7h62mLSlpaovg&sa=X&ved=2ahUKEwih88myn4DzAhWt8rsIHdMTAiYQ_h16BAgfEAM&biw=1160&bih=659#imgrc=y7slqrzKW_4IJM

Nun, unsere DKP - orientierten Uni - Profs aus dem Nordwesten der BRD pflegten in diesen Fällen von einem " reinen Verteilungsproblem " zu sprechen. 

Wie dem auch war, als BRD - Sozialisierter war es für mich eher befremdlich, in einer DDR - Fernsehsendung soviel nacktes Menschenfleisch zu Gesicht zu bekommen. Waren wir Wessi - Kindern aus den frühen Nachkriegsgenerationen dank der massiven Einflussnahme der Amtskirchen und der Anhäufung von Alt - Faschisten in den gesellschaftlich relevanten Bereichen dazu verdonnert worden, diese Art von Kultur als sittenwidrig abzustempeln. 

FKK war in meiner Kindheit und Jugend ein großes Pfui; und wenn nicht, dann zumindest ein lasterhaftes Zurschaustellen des eigenen, oft gebräunten Körpers, der Reichen und Schönen, die sich jedes Jahr auf der " Sünden - Insel " Sylt zum Stelldichein der Eitelkeiten trafen.



Als wir nach zirka 4, 5 Kilometern und einer reichlichen halben Stunde Fahrradfahrt am Prerower Weststrand heile ankamen, hatte der Himmel ein Einsehen und klarte ein wenig auf. So durfte ich jenen Strandseite mit dem einmalig gewachsenen Kiefernbestand ( Waldkiefern ) prägen hier über eine längere Strecke zunächst die Charakteristik des zirka 14 Kilometer langen Strandabschnitts, der an seiner engsten Stelle nur wenigen Meter misst. 

 https://www.fischland-darss-zingst.de/service/provider/details/stamm/show/weststrand/

Während die uns zuvor überholenden, viel zu eiligen Freizeitradler und E - Bike - Fetischisten ihre High - Tech - Geräte wild vor dem Strandzugang in einem Waldstück abgestellt hatten, um dann ihren übergewichtigen Leib nur einige Dutzend Meter danach in den herrlich weißen, feinkörnigen Sand plumpsen zu lassen, hatten wir eine völlig andere Vorstellung der Tourgestaltung.

Wir liefen barfuß über mehrere Kilometer den Strand entlang, um jene Bilder zu erhalten, die dann hier noch einstellen werde.


Beim gut 1 1/2-stündigen Strandgang konnten wir neben Baumfragmenten, Muscheln, viel Tang, auch einige Unentwegte FKKler sehen. Sie saßen zum Teil in jenen akribisch ausgearbeiteten Sandburgen, die zur sozialistischen Freizeitkultur gehörten, weil sie mangels Alternativen in Form von " Strandmuschel ", " Windschutz " oder " Luftmatratze " auch als Sichtschutz vor allzu gierigen Blicken von sozialistischen Spannern diente.

Gewusst, wie! Oder: Es war alles nur ein reines Verteilungsproblem?   


SPRINGWATER  -  I Will Return  -  1971:




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