Keine Affen auf den Bäumen?
Vorgestern las ich in einer " SPIEGEL " - Ausgabe, dass die bundesdeutschen Sportvereine sowie deren Verbände sich über fehlenden Nachwuchs im Hochleistungsbereich beklagen würden. Als Gründe für diese Entwicklung wurde in jenem Artikel unter anderem die mangelnde Bereitschaft überhaupt Sport zu betreiben, die fehlenden motorischen Grundfähigkeiten sowie vielfach bereits in jungen Jahren angefressenes Übergewicht benannt. So sollen zirka die Hälfte aller Kinder bzw. Schüler ein zu hohes Gewicht mit sich herum schleppen. Übergewicht macht bekanntlich träge und mit zunehmenden Alter auch krank.
Nach dem Lesen des Artikels grübelte ich ein wenig darüber nach, warum es so eine Menge fette Kinder und Jugendliche gibt?
Okay, da wäre zunächst die ungesunde Ernährung in Gestalt von fast food, zu vielen sehr zuckerhaltigen Speisen und Getränken, aber auch die das völlig veränderte Freizeitverhalten. Hinzu kommen Eltern, die kaum noch Kochen können und sich selbst ungesund ernähren. Aber, insbesondere die mangelnde Bewegung spielt ein Übergewichtigen die entscheidende Rolle. Und da kam ich auf den Tenor des " SPIEGEL " - Artikels zurück: Viele Kinder und Jugendliche treiben kaum noch Sport.
Und während ich so am Küchentisch saß, die Nachrichten aus dem Internetradio hörend und die Rest des zweiten Kaffeepotts leerend, erinnerte ich mich an meine Kindheit und Jugend in den 1960er Jahren in Bad Eilsen. Die Freizeitangebote tendierten gen Null. Gut, es gab den örtlichen Sportverein oder im benachbarten Steinbergen ein Fußballverein, dann gab es den CVJM mit dem Jugenfreizeitheim an der Schule und es gab auch noch die evangelische Kirchengemeinde, die einige Veranstaltungen organisierte. Ansonsten wurden spätestens um 22.00 Uhr die Bürgersteige hoch geklappt. Manchmal, gelang es mir nach Bückeburg zu kommen, um dort am " Jahnstadion " mit nahezu Gleichaltrigen zu bolzen. Das wars denn eigentlich schon.
So trafen wir uns in schöner Regelmäßigkeit nach der Schule irgendwo auf der " Feldstraße " oder " Bückeburger Straße " und liefen hinunter zur Aue. Die Aue ist ein eher kleines Flüsschen, dass in jener Zeit - da war sie noch nicht überall begradigt worden - allenfalls bei starken Regenfällen im Frühjahr oder Spätherbst sowie während der Schneeschmelze im März bis April ab und an über die Ufer trat. Ein solches Ereignis weckte natürlich großes Interesse bei uns. Dann, wenn ganz Baumteile, Sträucher, oder Holzteile von Zäunen vom Wasser weg gespült wurden, schauten wir dabei von den drei erreichbaren Aue - Brücken fasziniert zu.
Mancher Ausflug an das Flüsschen und einige dort verbrachte Stunden brachte dem einen oder anderen Spielkollegen mindestens nasse Füsse. Und dieses trotz Gummistiefeln. Bei unserem unbändigen Bewegungsdrang kletterten wir auf beinahe alle Bäume, vornehmlich jene Weiden und Birken, die in der Nähe des Wassers standen. An einem jener Bäume kann ich mich noch heute erinnern. Er stand gleich rechts neben der eher kleinen Aue - Brücke und ragte mindestens 20 Meter hoch über das Flüsschen in den Himmel. Diesen " Giganten " bis zur Baumspitze zu erklimmen machte ich mir immer wieder zur Aufgabe.
Unzählige Male versuchte ich einen weiteren Meter höher als zuvor zu klettern, ehe mich dann aber die pure Angst erfasste und ich langsam und äußerst vorsichtig agierend, den Abstieg vornahm. Nun, eines schönen Sommertages, ich hatte meinen Plan der Baumwipfelersteigung nie aufgegeben, fasste ich allen Mut zusammen und kletterte wieder los. Ast für Ast stieg ich höher und höher. Nach mehr als einer halben Stunde hatte ich es geschafft. Ich war ganz oben angelangt. Der Baum schwankte bei jedem Windstoss allerdings so stark in und her, dass ich nun wieder Angst bekam. Ich wollte gerade herunter klettern, als mich einige der Nachbarkinder da oben entdeckten und sorgenvoll riefen, was ich dort oben mache. Tja, es war eine selbst erteilte Mutprobe, eine Art von versuch meine noch vorhandene Angst, eher wohl die Höhenangst, zu überwinden.
Als ich wieder heile herunter kam, lobten mich die Nachbarkindern, ob meines Mutes, weil sie selbst auch eher ängstlich waren. Danach versuchte ich es noch einige Male, ehe ich dann das Interesse an jenem kleinen Abenteuer verlor.
Mir fiel jene Episode aus meiner Kindheit, aus der Schulzeit deshalb wieder ein, weil in jenem " SPIEGEL " - Artikel unter anderem von dort zitierten, ebenso belesenen Menschen offen beklagt worden ist, dass ein erklecklicher Anteil von Schülern heutzutage nicht mehr in der Lage sei, einen Baum herauf zu klettern, weil sie entweder zu fett seien, die motorischen Fähigkeit fehlten oder sogar beides davon der Grund dafür war.
Boah, da staunte ich denn nicht schlecht. Aber, andererseits wunderte es mich nicht sonderlich. Schon allein deswegen nicht, weil Hubschrauber - Eltern dieses zu verhindern wüssten, übergewichtige Eltern ihren zu fetten Kindern es nicht vormachen könnten oder 10 Stunden und mehr daddelnde smartphone - Krüppel darin vielleicht einen Ansatz sehen könnten, dass sie sich unseren Vorgängern, den Primaten, wieder nähern müssten, was selbstverständlichen einen eklatanten Entwicklungsrückschritt nach sich ziehen müsste, wo sie heutzutage mit einigen Wischbewegungen auf ihre Schirm des geschenkten, teuren Elektronik - Wunderdings mit dem letzten Zipfel unseres Erdballs kommunizieren könnten.
Nein, zum Affen ließen sie sich nicht mehr machen. Wo ihre Eltern in ihnen nicht selten einen Nachkommen von Einstein oder zumindest eine latente Hochbegabung wittern, ihnen deshalb eingebläut haben, bei Befragungen durch die Medien - Meute " Schweine - schlau " jenes Gesülze zu wiederholen, dass aus einer Mischung von auswendig gelernten Phrasen der Berufsfußballer, irgendwelchen Fragmenten aus den dümmlichen Quassel - Runden und abgekupferten Gelaber ihrer aufgebrezelten Muttis, die sie jeden Morgen mit dem Zweitwagen ( ab SUV aufwärts ) in den Nahbereich des Schuleingangs kutschieren, besteht.
" Auf die Bäume, ihr Affen! " - dann braucht ihr später keine teuren Medikamente, keine Zeit raubenden Arztbesuche, Hüftgelenksoperationen oder Karbon - Rollatoren zu fürchten.
THE KINKS - Apeman - Lola Versus Powerman And The Moneygoround, Part One - 1970:
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