Double Time



Letzter Tag der Enkel - Invasion. Ab heute Mittag sind die neuen, schmucken Zimmer der drei Gäste endlich bezugsfertig. Gut, ja, gut, ich sach´ma´: Es waren 12 anstrengende Tage. Von einer Erholung kann da keine rede sein. Neben der ständigen Fürsorge auf dem weiten Sektor des leibliche Wohls, gab es dazu die Routinearbeiten. Saubermachen, Wäschewaschen, Bespassung und Belehrung.

Jetzt wird allmählich die Alltagsroutine im Renterndasein wieder eintreten. Die langsam aufgebauten Strukturen rund um das neue Lebensumfeld, sie können getrost weiter ausgebaut und insbesondere in Bezug auf die Nachbarschaft intensiviert und gefestigt werden.

Wenn heute Nachmittag der große Kehraus weiter geführt wird, können wir uns ermattet und geschlaucht von dem 12tägigen Daueraufenthalt des Trios in den Sessel und die Coach setzen, einen Kaffee trinken und auch wieder " Bares für rares " ansehen. Keine quäkenden Verblödungssendungen auf den privaten Kinderkanälen schallen durch das Haus, kein unkontrolliertes Getrampel, kein, erhebliche Ohrenschmerzen verursachendes Türenknallen. Kein Sabbeln von morgens bis spät abends mehr. Endlich wieder Ruhe!

Die Sommerferien in Bayern sind jetzt auch seit knapp 2 Wochen im Gange. Das macht sich auf den Straßen der Kleinstadt Eching durchaus bemerkbar. Auch das heutige Einkaufen war - trotz des Rentner - Runs ab 10.00 Uhr eher entspannt. Der Parkplatz war allenfalls zu einem Fünftel belegt. Die Einkaufswagen standen beinahe unbenutzt in der typischen Formation vor den Eingängen der beiden Konsum - Tempel " PENNY " und " REWE " und an dem dort eingebauten Postschalter herrschte gähnende Leere.

Die halbe Welt macht immer noch Urlaub. Die Schüler, Lehrer, Dozenten und Studenten, sie haben überwiegend noch Ferien. Deshalb ist das Leben der Daheimgebliebenen, der Zurückgekehrten und der Großeltern, die, so wie wir auch, temporär die Enkel, den Nachwuchs des eigenen Nachwuchses, betreuen, ein wenig leichter.

Beim letzten Großfamilieneinkauf schlendere ich völlig losgelöst von jedweden Zeitdruck, nicht noch zusätzlich damit beschäftigt, links, rechts, vorne, hinten, oben und unten darauf achten zu müssen, mit dem verchromten Einkaufstransport - Monstrum irgendwo, irgendwie und irgendwann anzuecken, durch die überschaubare Anzahl von Gängen an den Regalen vorbei, den Einkaufszettel in der rechten Hand, um diesen sodann abzuarbeiten.

Außerhalb der Ferienzeit bildeten sich an den beiden Kassen bereits um 9.30 Uhr lange Schlangen. Viele Handwerker holten sich dann ihre Pausenverpflegung. Die früher aufstehenden Rentner kamen hinzu und vor allem jene von ihnen, die den Aufenthalt an der Kasse zu einem Small Talk nutzen. Dann wurde das bereits nach dem Aufstehen vorgegeben Zeitfenster sehr eng. Neben dem täglichen Einkauf, wartete bereits der Pflegehund auf seinen Auslauf, dass Futter und die Aufmerksamkeit. Danach war die Kochkunst gefordert. Der Abwasch war zu erledigen, die Pflanzen im Garten mussten gegossenen werden. Usw, usf, etc., pp....

Beim Abarbeiten des Einkaufszettels erinnerte ich mich an einen " SPIEGEL " - Artikel aus den bewegten 1970er Jahren.

Einst war diese, unsere, längst aus den Fugen geratene Welt, noch zwei - eventuell dreigeteilt. Es gab den Ostblock ( nachw estlicher Lesart, war der böse ), den Westen ( im eigenen, dortigen Selbstverständnis, verkörperte er das Gute ) und es gab die angeblich " blockfreien " Staaten, die ein Zwitterding darstellten. Der Westen, ein von den mächtigen USA geführt, unterhielt in Westeuropa, vornehmlich der BRD, eine Unzahl von militärischen Einrichtungen. Dazu zählten natürlich auch Kasernen.

Hier herrschten oft Menschen verachtende Umgangsformen und rabiate Gepflogenheiten, sondern zudem ein sehr rauher Ton. Befehl, Gehorsam und Drill, waren dort die Hauptsäulen des Zusammenlebens. Wurde ein Rekrut von einem Ausbilder zusammen gestaucht, hatte dieser in einem klaren und lauthals zu verkündenden Ton, den Anpfiff mit " Sir! Yes, Sir! " zu quittieren. Zu jenen üblichen Verhaltensweisen zählte auch, dass der einfache Soldat oder der Rekrut seine permanente Kampf - und Verteidigungsbereitschaft in der vorgegeben " guten " Sache gegen die all gegenwärtige Gefahr des " bösen ". des vermeintlichen  " Kommunismus ", dadurch zu bekunden und zur Schau zu stellen hatte, dass dieser seine Befehle, seine ihm übertragenen Aufgaben, in einem gemäßigten Laufschritt erdigen musste.   

Dieses nannte der uniformierte Yankee dann " Double Time ". Es sollte dazu führen, dass die Fitness des eingekauften Menschenmaterials für die " gute " Sache aufrecht erhalten blieb und die zur Verfügung stehende Zeitspanne vom Wecken, Aufstehen und dem Antreten vor der eigenen Fahne, bis zur befohlenen Nachtruhe, effektiver ausgenutzt werden kann. Der " Double Time " - Modus wurde - wie auch das übrige Leben des einfachen Soldaten, des GI ständig überwacht. Bemerkte ein höherrangiger Vorgesetzter, dass ein Landknecht die " Double Time " - Methode in nicht angemessener Weise, wohl dann sichtbar zu langsam, umsetzte, schallte es dann und wann hinter den Gardinen eines geöffneten Barackenfensters, hinter einer Gebäudeecke oder aus dem Bereich des Offizierskasinos: " Privat! Give me twenty! ".

Dann musste der GI sofort zur Salzsäule erstarren, seine transportierten Gegenstände geordnet auf den Boden legen und unverzüglich 20 kräftige Liegestütze vollbringen. Ob er zuvor oder danach " Sir! Yes, Sir! Sir ! " von sich zu geben hatte, ist in dem damaligen Artikel nicht dokumentiert.

Ich schiebe den gut gefüllten Metall - Freund zur Kasse, wuchte das Katzenstreu, die Fressalien, darunter eine Packung Wassereis, auf das Band. Beim Bezahlen erkläre ich der Kassierin, dass heute der letzte Tag der Enkelbetreuung angebrochen sei. Sie lachte und antwortete: " Dann kehrt wieder ein wenig Ruhe ein! "
" Jjjjjjjjjjaaaaaaaaahhhhhhhh! "
Sie lacht erneut.

Das Ende des Rekrutenlebens, die Zeit des einfachen Soldaten, des GI, sie ist vorbei!

" Sir! Yes, Sir! Sir! "
" Private! Give me more time! "

So is´et!



" Blast Furnance " - " Time Of The Year " - 1971:





   

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Widerspruch zwecklos!