Mit Mitte 80 mitten im Leben?



Der Juli 2020 verabschiedete sich, so wie es sich für einen Sommermonat gebührt: Mit Temperaturen um über 30° C und dieses nahezu landesweit. Doch die durchschnittlichen Messdaten für den abgelaufenen Monat unterschieden sich nicht dramatisch von jenen, die im 7. Monat der letzten Jahre gemessen wurden. 

Durchschnittlich warmes Sommerwetter herrschte auch am 1. August 1945. An jenem Tag, an dem die Tageszeitung " Frankfurter Rundschau ( FR ) " zum ersten Mal erschien. Seit diesem Datum hat sich die Erde  mehr als 27.700 Mal gedreht. Es ist in jenem dreiviertel Jahrhundert so viel geschehen, dass Chronisten darüber ganze Regalwände mit Aufzeichnungen füllen können.

Dieses ist in der Jetztzeit, die sich durch die neuen IT - Technologien auszeichnet nicht mehr erforderlich. Es reicht ein Bruchteil der Fläche aus, um Speichermedien von allerdings gigantischem Ausmaß unterzubringen.

Auch sonst hat sich die Menschheit enorm gewandelt. Nicht nur, dass ein paar Milliarden Erdenbewohner dazu gekommen sind, nein, auch das Miteinander, die Regeln der Völker untereinander und jede Menge Unwägbarkeiten dazu, sind völlig verändert worden. Das gilt aber nicht nur in globaler Sicht, sondern vornehmlich innerhalb der vielen Länder dieser Erde.

Im seit 30 Jahre de jure wieder vereinten Deutschland hat sich auch in dieser relativ kurzen Zeitspanne vieles gewandelt. Die als Wende bezeichnete Umbruchzeit ist dennoch längst nicht beendet. Über diese und viele andere Ereignisse, hat die " FR " als Tageszeitung berichtet. Das Presseorgan gilt als seriös und bietet dem Leser sehr gut bis gut recherchierte Nachrichten und Beiträge an, die sich in der Mehrzahl der vielen übrigen Tageszeitungen so nicht wieder finden. Der Hang zu einer kritischen Berichterstattung mit einem tendenziell links - liberalen Anstrich ist offenkundig; aber nie aufdringlich, dogmatisch oder sonstwie einseitig eingefärbt.

Aber auch diese Zeitung unterliegt den Zwängen der Kostenökonomie. Was bedeutet, dass die Einnahmen stimmen müssen. Diese lassen sich nicht nur durch den Verkauf des Blattes decken. Gelder müssen hier durch Werbung und Anzeigen jedweder Art generiert werden.

Unter die Rubrk " Anzeigen " fallen auch Todesanzeigen. Sie lesen sich in den " FR " - Ausgaben wie kleine Biografien und sehen oft wie winzige Kunstwerke aus. Und was dort nicht so alles an feinsinniger Selbstdarstellung der Hinterblieben und übertriebener, ja fast der Lobhudelei nahe kommender Danksagung für den Verblichenen steht? Ich bin immer wieder positiv überrascht, welche Steigerungsmöglichkeiten dabei noch möglich sind. Da wird mit Titeln, Auszeichnungen und den gesellschaftlichen Stellungen des Verstorbenen sowie der Trauernden herum gebranst; über die Einmaligkeit des Toten gesülzt. In den Zeiten der medialen und eitlen Selbstbeweihräucherung muss dieses wohl so sein?

Zu den besonderen Knallern in den Wochenendausgaben der " FR " zählen aber die Anzeigen in der Rubrik " Bekanntschaften ". Hier wird noch intensiver über sich selbst vom Leder gezogen. Zu den vielfach genutzten Begriffen zählen: " jung geblieben ", " gut oder wohl situiert ", " sportlich ", " frisch geblieben ", " schlank " und ähnliche auf jugendlich abzielende Attribute.

Nun liest mir meine bessere Hälfte dann und wann einige dieser Kurz - Romane vor. Zumeist wende ich mich alsdann Kopf schüttelnd mit einem entsprechenden Kommentar ab. So auch, als ein Mittachtziger mehrere Male hintereinander hier für sich selbst warb. Er sei tatsächlich keine 80, sonder selbst gefühlte Mitte Sechzig, stand darin zu lesen. Auch sonst sei er frisch im Geiste, fröhlich vom Gemüt und - selbstverständlich - wirtschaftlich gut aufgestellt; will heißen: Geld ist genug da, denn das beruhigt ungemein.
Dann kam sein sehnlichster Wunsch in seinem Text vor. Er hätte gerne eine wesentlich jüngere, zudem attraktive Dame kennen gelernt, die mit ihm das weitere Leben genießen möge. 

Boah, ey, da haut´s einem Eisgrauen doch glatt den Boden unter den Füßen weg! 

Klar, wir Kerle haben nun mal die von der Natur gegebene Fähigkeit auch im hohen Alter noch Nachwuchs zeugen zu können. Einige bekannte Männer des letzten Jahrhunderts haben dieses bereits unter Beweis gestellt. Pablo Picasso wurde noch mit Anfang 80 Vater; andere Männer werden es immer noch mit Beginn der 70 und Gurkennasen, wie Michael Wendler ehelicht eine 28 Jahre Jüngere. Maffay hat auch so einen Tick im Oberstübchen. Aber, gut, da trifft der Ausspruch des " Ollen " Fritz zu, dass jeder nach seiner Fasson selig werden solle.

Für die " FR " sind solche Witz - Anzeigen ein durchaus lukratives Geschäft. Schließlich ist der Inserent der selbst täuschenden Auffassung, er könne auf dem riesigen Markt der Blasiertheiten noch eine Suchende abbekommen. Und mal ehrlich, wer mit Mitte 80 vermutet, dass er mitten im Leben stünde, kann das nur mit Blick auf seine vielleicht noch vorhandenen geistigen Fähigkeiten meinen. 

Der Sänger und Musiker Udo Jürgens nannte noch schnell ein Album " Mitten im Leben " , ehe er mit 80 tot umfiel.



AD ABSURDUM  -  Flowers  -  Many Stories One Take And Hail  -   2005:

   

     

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