Vom Sanddorn auf Hiddensee


Unser Ostsee - Urlaub rückt langsam näher. Nur noch knappe 3 Wochen, dann hören wir für einige Tage regelmäßig das Meer rauschen, werden ein wenig FKK - Strandleben suchen und auch die obligatorischen Radtouren auf dem Darß antreten. Urlaub versteht sich für uns nicht als Fressen, Saufen, Bransen. Urlaub soll Erholung, möglichst viel Ruhe und Natur mit sich bringen. Urlaub ist keine kurze Party, wie das eigene Leben auch keine solche sein darf.

Wir wollen endlich einen Tagesbesuch zur Insel Hiddensee einplanen. Endlich, weil meine bessere Hälfte als so genanntes Kind der DDR mir schon einige Geschichten zu und über die Insel Hiddensee erzählen konnte. Dass diese zu DDR - Zeiten einen Namen für Besonderheiten hatte, wie jene, dass Ost - Berliner Intellektuelle sich dort beinahe jährlich - nicht nur im Sommer -  aufhielten oder jene, von einstigen DDR - Hauptstädter mit dortigem Zweitwohnsitz, den sie im Sommer dann Gewinn bringend von Privat an Privat weiter vermieteten und  auch vom hoch wachsenden Sanddorn, der hier besonders gut gedeihen soll. Interessant! Ich höre dann immer gerne zu. Nicht nur, weil ich als Kind, Schüler und später Student Westdeutschlands, so gut wie gar nichts über die Inselwelt der Schwestern und Brüder jenseits der Mauer wusste.

Ostsee reduzierte sich als besser gestellter " Wessi " auf jene Bereiche, die kurz hinter Hamburg, nämlich in Schleswig - Holstein beginnen und irgendwo an der dänisch - deutschen Grenze endeten. Das war´s dann auch schon zum Thema Ostsee im damaligen " Heimatkundeunterricht " der frühen 1960er Jahre. So wusste ich erst zum Ende der Studienzeit, dass es daneben auch eine ostdeutsche Ostsee gibt. Die vom westlichen Teil bei Boltenhagen ( das damals zum Sperrgebiet zählte ) über die Küsten - Badeorte ( Orte ) Rerik, Kühlungsborn, Heiligendamm, Nienhagen, Warnemünde, Markgrafenheide, Graal - Müritz, Dierhagen ( Halbinsel Fischland - Darß - Zingst mit Wustrow, Ahrenshoop, Prerow, Zingst ), dann : Ribnitz - Damgarten, Barth, ( Region Vorpommersche Boddenlandschaft ), Klausdorf, Barhöft, Bock, zur Insel Hiddensee.

Hiddenssee - geographisch als gedachter Wurmfortsatz des Festlands - zeichnet sich durch einige Attribute aus, die in der Zeit von Massentourismus, lärmenden Remmidemmi an den Stränden, Nippes - Verkauf, Nepp in den Restaurants und Nonsens - Veranstaltungen mit Krawall - Musik, wohltuende Ruhe garantieren. Darunter fällt auch, dass die Insel Auto frei geblieben ist. 

https://www.google.com/maps/place/Hiddensee/@54.5316644,13.0392512,12z/data=!3m1!4b1!4m5!3m4!1s0x47aca75cb1149935:0x93efdd52e4ddb602!8m2!3d54.550537!4d13.1057352


Am 26.07. 2020 hörte ich auf dem Nachrichtenkanal " NDR info " eine von der Autorin Alexa Hennings gefertigte Reportage über jene Insel, die sich irgendwie zwischen den drei bekannteren Schwestern ( Darß, Rügen, Usedom ) dann doch irgendwie behaupten kann. Was in Zeiten von " Corona " und den dramatischem Absturz der Touristikbranche im allgemeine nicht problemlos vonstatten geht.

Ab März schlug der " Corona " - Lock - Down auch dort mit Wucht ein. " Alles dicht! ", so lautete die Order aus dem fernen Schwerin, der Landeshauptstadt Mecklenburg - Vorpommerns, zu der die Insel Hiddensee mit ihren 981 registrierten Einwohnern gehört. Die Gäste mussten weg bleiben, die Geschäfte schließen, der Haupteinnahmezweig Fremdenverkehr erbrachte für 2 Monate keine solchen mehr. " Dornröschen  - Schlaf " nennt die NDR - Autorin diesen Zustand danach.

Für die Insulaner ein Gau, eine Katastrophe, deren negative Folgen sich sicherlich noch in den nächsten Jahren bemerkbar machen. In ihrem Bericht schildert Frau Hennings dann, wie sich die " Welt - Seuche Corona " auch auf dem kleinen Eiland fest verankerte, wie sie das Leben der mit und vom Tourismus lebenden Insulanern bestimmte und wie auch die dann aufkeimenden Zukunftsängste Jener, die ihren Beruf, ihre Existenz, von " Corona " bedroht sehen, sich breit machten.

" Es ist, wie ein Schnellzug auf freier Strecke anzuhalten ", so beschreibt die NDR - Mitarbeiterin es sinngemäß in ihrer Reportage. Das vornehmlich vom Tourismus bestimmte Inselleben war plötzlich verschwunden. Es kam kein Gast mehr, der sich in jenen Inselrundgängen, die von der Schriftstellerin Marion Magas angeboten werden, über Hiddensee informieren möchte. Frau Magas, die acht Bücher über Hiddensee geschrieben hat, startete eine kleine Literatur - Offensive unter dem Slogan: " Eßt mehr Bücher ".

https://hiddenseekultur.de

Eine durchaus sympathische Ar, in der " Corona " - Zeit, mit ihren Krisennachrichten über Tote, Infizierte, zerstörte Existenzen, Pleiten, Ängste und Staatshilfen, auf jene nur dem Menschen gegebene Möglichkeit des Bücherlesens hinzuweisen. Wenn der Tourist, der Urlauber, der Gast die Insel Hiddensee schon nicht besuchen darf, dann kann er sich zumindest durch ein Buch über sie informieren.

  http://hiddenseekultur.de/buecher/


Seit Beginn der Großen Ferien, ab Mitte Juni, sind wieder Urlauber auf Hiddensee. Das touristische Angebot wird wieder angefahren, wenn auch in stark reduzierter Form und mit den allgemein üblichen " Corona " - Auflagen, wie Mund - und Nasenschutzpflicht, Abstandsregeln und weiteren Ein - sowie Beschränkungen. 


Während die Covid - 19 - Pandemie ( ich schreibe hierzu eher von einer Seuche ) die gesamte Welt nach wie vor fest im Griff hat, klingt der Sommer in Mitteleuropa langsam aus. Ein Sommer, der vollkommen anders war. Auch für die kleine Insel Hiddensee, jener Perle der Natur, von der ich als gemeiner " Wessi " erst vor Jahren erfuhr, dass es sie gibt. Nicht nur über den DDR - Gassenhauer der vormals schrillen Nina Hagen mit ihrem Lied " Du hast den Farbfilm vergessen ", sondern über solche Reportagen, wie jene von Alexa Hennings. Zwar kommt in ihr der hoch stehende Sanddorn nicht vor, aber darüber kann ich mich ja selbst mal überzeugen.



CZAR  -  A Day In September  -  1970:

  


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