Zu verkaufen, in bester Lage?





Gestern Nachmittag war nochmals Gartenarbeit in Oberschleißheim angesagt. Die Enkel verweilten noch in Österreich, das Wetter war sonnig, aber nicht zu heiß, die Rasenfläche benötigte noch einen Feinschnitt. Also: Ran an den Speck!

Beim Rasenmähen musste ich ständig auf das seit vielen Jahren verlassene Nachbargrundstück blicken. Welch´Verschwendung! Die Erben konnten sich zunächst nicht auf einen Verkauf einigen. Beide Geschwister gerieten deshalb in den Streit. So gammelte das Ende der 1970er Jahre erbaute Bungalow langsam vor sich hin. 

Auf dem großzügig bemessenen Grundstück von knapp über 1.000 m² wuchert es überall. Die hohen Bäume überdecken längst das gesamte Flachdachgebäude. Der Vorgarten sieht wie ein Kraut - und Rübenacker aus. Dabei soll das Hausgrundstück inzwischen verkauft worden sein. An eine in der Nähe wohnenden Familie. Angeblich! Dann aber schlug Tante " Corona " auf und warf vielleicht auch hier das gesamte Konzept über den Haufen. Wenn das eigene Haus nicht verkauft werden kann, ist der in die Finanzierung eingeflochtene Eigenkapitalanteil nicht vorhanden. Damit werden die monatlichen Raten selbst in der immer noch währenden Niedrigzinsphase unerschwinglich.

Das Grundstück allein kostet siebenstellig, nämlich zirka 1, 2 Mio. Euro, der Hausabriss so um die 50.000 Euro, der Neubau schließlich so um die 800.000 Euro ( je nach Ausstattung ).

Da werden dann schnell Raten in Höhe von 6.000 Euro monatlich fällig. das dürfte selbst für sehr gut Verdienende kaum zu wuppen sein. 

So gammelt der Bungalow, wie einige andere in der Siedlung am Flugplatz von Oberschleißheim, weiterhin still vor sich hin. 

Das Ärgerliche daran ist nur, dass sich kein Mensch um das verwunschen liegende Grundstück kümmert. Da wuchern schon mal Unkraut und Gestrüpp, ja, sogar wild wachsende Bäume über den Gartenzaun. Gut, dass im Haushalt eine Astschere vorhanden ist. So knipste ich das mannshohe Gewächs einfach ab und warf die Pflanzenteile über den Zaun. Bei näherer Betrachtung des wüst aussehenden Grundstücks erinnerte ich mich an einen " SPIEGEL " - Artikel, der die " Corona " bedingten Auswirkungen auf dem Mietsektor und dem Hausgrundstücksmarkt in den USA handelte. Nach aktuellen Prognosen werden etwa 40 % aller Mieter und Hauseigentümer ihr Dach über den Kopf verlieren, sofern die rezessive Phase der US - Wirtschaft anhält. Viele sind mittlerweile arbeitslos, deshalb auf staatliche Unterstützung angewiesen, wovon sie die monatliche Miete oder die Raten für das erworbene Haus nicht mehr tragen können. Es drohen deshalb der Rauswurf aus den Vier Wänden oder die Zwangsversteigerung des bewohnten Objekts.

Die Auswirkungen der anhaltenden Wirtschaftskrise sind bereits erkennbar. Die so genannten Wohnparks oder die halb - legal parkenden Wohnmobile und Wohnanhänger zieren in vielen US - Städten die Straßen und Plätze. Eine traurige Entwicklung in einem angeblich so reichen Land, wie es die USA noch immer sind.

Ich beendete die Gartenarbeit und setzte mich bei einer Tasse Kaffee in das sehr großzügig angelegte Wohnzimmer. Es begann zu regnen. Das Nachbargrundstück sah jetzt, als die dunklen Wolken das wuchernde Grün noch satter aussehen ließen, wirklich verleerend aus. Gammel in bester Lage zu verkaufen?

Vielleicht, vielleicht auch nicht? Eigentum verpflichtet! Vielleicht, vielleicht auch wieder nicht? Einige Kilometer südlicher, da, wo die bayrische Landeshauptstadt beginnt, suchen Zehntausende eine Wohnung. Bezahlbar sind diese schon lange nicht mehr. Der Wohnungsmarkt ist, genau wie der Immobiliensektor, seit langer Zeit schon völlig aus dem Fugen geraten. Es werden für die letzten Bruchbuden Wuchermeiten verlangt, bei herunter gekommenen Hausgrundstücken können Horror-preise erzielt werden und die geächtete Gentrifizierung schlägt überall zu.

Der Wahnsinn bekommt längst Methode. Wie steht es folgerichtig im Grundgesetzartikel 14? Aja:


Art. 14

(1) 1Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. 2Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) 1Eigentum verpflichtet. 2Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) 1Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. 2Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. 3Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. 4Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.


Boah, ey, wer hat sich das damals ausgedacht?   




STROBE   -  Dreamtime  -  Maya  1992:


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