Schlecker machte die Mücke

 

Wenige Tage vor unserem jährlichen oder beinahe jährlichen Ostseeurlaub, fällt der kritische Blick unter anderen auch auf den Bestand von diversen Schutzmittelchen. Dazu gehört, neben der obligatorischen Sonnencreme, das Sonnenöl, aber auch der erforderliche Mückenspray. Selbst zum Ende des Sommers sind diese präventiven Chemieprodukte an der Ostsee absolut erforderlich. 

Das war auch vor 9 Jahren der Fall, als wir unseren ersten Darß - Urlaub in Dierhagen verbrachten. Exakter ausgedrückt, ist es die Ostseeregion Fischland.   

https://de.wikipedia.org/wiki/Dierhagen

Der Sommer 2011 war zumindest in weiten Teilen Deutschlands, insbesondere im Norden und an der Ostseeküste, keiner. An Juli wurde es unangenehm kühl und regnerisch. An vielen Tagen kam die Sonne kaum zum Vorschein. Ein schlechter Beginn für die Urlauber an der Nord - und Ostssee. Zum Teil gab es Unwetter artige Niederschläge mit heftigem Wind.

Als wir ab dem 3. September unsere Reise von Dresden nach Dierhagen antraten, war es allerdings trocken. Der Sommer 2011 endete auch so. Zumindest an diesem Teil der Ostsee. Was er jedoch hinterließ waren völlig abgesoffene Zeltplätze und viele frustrierte Urlauber. Und er brachte eine Mückenplage biblischen Ausmaßes. Auf diese waren wir nicht vorbereitet. Wohl aber die einstige Vermieterin, die in weiser Voraussicht dessen,w as uns vor Ort erwarten wird, eine Dose Mückenspray von dem Drogeriemarkt " Schlecker ", der sich damals noch in Dierhagen befand, auf den Tisch gestellt hatte.


Für den Strandbesuch indes benötigten wir diesen Mückenschutz ebenfalls. So gingen wir zu Fuß zu der " Schlecker " - Filiale und erwarben für  knapp 5 Euro in der " Schlecker " - Filiale.

 https://www.codecheck.info/kosmetik_koerperpflege/koerper_sonnenschutz/insektenschutz/ean_4025300273004/id_1248568992/As_muecken_spray.pro

Die gelbe 100 ml - Sprayflasche mit dem blauen Aufdruck wurde damals als " Hausmarke " angeboten. Sie war fast um die Hälfte billiger als jene in der Filiale noch angebotenen Konkurrenzprodukte, wie " Autan " oder weitere Produkte. Doch von denen standen eh nur noch einige Plasteflaschen in den normierten Regalen des Drogisten. Insgesamt wirkte diese " Schlecker " - Filiale in Dierhagen seltsam ausgeräumt. Manche Artikel waren nicht mehr aufgefüllt, andere nur noch in Restbeständen vorhanden. 

Es sah bereits zu diesem Zeitpunkt im September 2011 irgendwie nach Abschied aus. Ein Abschied für immer. Bereits im Juni 2011 wurde über die Wirtschaftsnachrichtendienste verlautbar, dass der " Schlecker " - Konzern wegen der herben Verlust in den beiden vorgängigen Jahren mindestens 600 bis 800 Filialen in Deutschland schließen wird. 



Doch es kam noch wesentlich dramatischer als es die Medien verbreiteten. Knapp  vier Monate nach unserem Dierhagen - Urlaub meldete " Schlecker " Insolvenz an. Eine diskutierte Rettung in Form einer staatlichen Bürgschaft und / oder finanzieller Hilfen für den taumelnden Riesen wurde von Berlin aus kategorisch abgelehnt. Das Kanzleramt bewertete dieses Ereignis mit den Worten: " Schlecker sei nicht system - relevant. " Aus, basta, Schluss mit der Knechterei von Frauen mittleren Alters in den Tausenden Filialen. Vorbei war es mit dem arroganten, im Sinne eines Feudalherren auftretenden Anton Schlecker und dessen Frau gegenüber den Mitarbeiterinnen, wenn das Ehepaar sich zu einem der gefürchteten Testeinkäufe in einer Filiale einfand und die dortigen, oft unter bezahlten Frauen " zur Schnecke machte ", weil es in dem Geschäft nicht so lief, wie es die Herrschaften wünschten. Vorbei war es auch mit der ständigen Angst der Verkäuferinnen Opfer eines bewaffneten Überfalls werden zu können, weil die Filiale nur mit einer einzigen Person besetzt war und zudem polizeiliche Hilfe nicht sofort angefordert werden konnte,weil von dem als " Sklaventreiber " und " Pfennigfuchser " gefürchteten Schlecker, in sämtlichen Filialen ein Telefonanschluss fehlte. Er wolle nicht, dass das Personal möglicherweise " Privatgespräche " führe, gab der einstige " Drogeriekönig " an.

Nach der Insolvenz seines Königreichs flossen aber viele Tränen seiner weiblichen Untertanen. Sie waren über viele Jahre bei dem Ehringer " Drogerie - König " beschäftigt gewesen und hätten sich trotz der kritikwürdigen Arbeitsbedingungen dort immer wohl gefühlt. Dass es dort ab und an zu arbeitsrechtlichen Verstößen kam, focht jene Trauernde dann doch nicht so an.

https://de.wikipedia.org/wiki/Schlecker#Kritik_am_Schlecker-Konzern

Nach dem Insolvenzantrag wurde das " Schlecker " - Imperium abgewickelt. Konzernteile, wie beispielsweise die Filialkette in Österreich konnten verkauft werden. Der größte Teil des einstigen Imperium indes wurde für immer in den Boden der westdeutschen Wirtschaftsgeschichte gestampft.

https://de.wikipedia.org/wiki/Schlecker#Insolvenz_Anfang_2012

Nach 37 Jahren machte der eingetragene Kaufmann Anton Schlecker aus Ehringen an der schönen brauen Donau die Mücke.

Das aus seiner Dierhagener Fiale vor 9 Jahren erworbene Mückenspray indes lebte noch länger. Bis vor einigen Tagen. Da musste ich den immer nicht nicht verbrauchten Flüssigkeitsrest aus der Plasteflasche umfüllen. Der Pumpmechanismus hatte buchstäblich den Geist aufgegeben. Es kam nur noch Luft aus dem Zerstäuber. Nichts gegen mögliche, Blut saugende Mücken, also. Ich füllte den Rest der Flüssigkeit in eine Flasche der einstigen Konkurrenz. Die gelb - blaue " AS " - Flasche war nun leer und zur Entsorgung bereit in den Gelben Sack. So, wie das gesamte " Schlecker " - Imperium einst auch.


ALITHIA  -  The Sun  -  2018:


 



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