Der plötzliche Abgang des Holger S.

Sachsen - Anhalt mauert


Wäre " Corona "  nicht das all gegenwärtige Thema und müsste der Durchschnittsmichel sich nicht mit dem tagtäglich veröffentlichten Zahlensalat, der damit verbunden ist, befassen, wäre vielleicht ein anderes Zahlenspiel interessanter geworden.

Es geht um die geplante Erhöhung der Rundfunk - und Fernsehbeiträge von 0,86 Euro ab dem 1. Januar 2021. Bekanntlich muss jeder registrierte und nicht befreite oder teil - befreite Haushalt in diesem, unserem Lande, für die öffentlich - rechtlichen Rundfunk - und Fernsehanstalten 17,50 Euro berappen. Das entspricht pro Tag einem Betrag von zirka 0,57 Euro, also so um die 57 Eurocent. Eine Mini - Summe, die das eigens dafür gegründete Inkassounternehmen, der Beitragsservice der ARD, des ZDF und des Deutschlandradios da verlangt. Die geplante Erhöhung dieser Gebühren um gerade einmal 0,86 Euro je Monat betrüge rein rechnerisch somit 4,91 %. Das wäre somit ein Differenzbetrag von 10, 32 Euro im Jahr und eine nominelle Erhöhung von 0, 028 Euro pro Tag.

Da müsste sich jeder " Normalo " eigentlich an den Kopf fassen, denn er dürfte beileibe nicht verstehen, warum wegen dieser läppischen Beträge, die zweifelsohne den jeweiligen Haushalt belasten, in Sachsen - Anhalts CDU ein derartiger Zwergenaufstand geprobt wird.

Nun hat sich auch noch der vermeintliche Kronprinz des Ministerpräsidenten Haseloff, der CDU - Vorsitzende Holger Stahlknecht, in einem zu locker - flockigen Gespräch mit einem Journalisten zu Gedankenspielen hinreißen lassen, die zwar theoretisch möglich sein könnten, jedoch in den jetzigen Zeiten unpraktikabel sein dürften. Holger Stahlknecht sinnierte über eine mögliche CDU - Minderheitsregierung. Eine Variante, die nur dann funktionieren kann, wenn die Schwarzen sich von Fall zu Fall die erforderlichen Mehrheiten beschaffen.

Aufgrund der aktuellen Streitsache, die da Rundfunkgebührenerhöhung heißt, müsste die CDU mit den Braunen im Landtag paktieren, um die eigene, die ablehnende Haltung zu dem Vorhaben mehrheitsfähig zu machen. Ein Spagat also, der aber auch die Absurdität der selbst auferlegten politischen Zwänge durch die eingegangene " Kenia " - Koalition und die zementierte Verweigerungshaltung der CDU - Fraktion deutlich aufzeigt.

Dieser Konflikt eskaliert jetzt. Haseloff entließ den Innenminister Stahlknecht, um zu vermeiden, dass er selbst zum Opferaltar geschleppt wird. Die damit verbundene Förderung des einstigen Staatsanwalts Stahlknecht durch seinen vorgesetzten Ministerpräsidenten hat dennoch kein politischen Erdbeben in der CDU von Sachsen - Anhalt ausgelöst. Wohl aber wird besonders deutlich, dass die CDU in Gänze mit sich selbst ringt. Es geht dabei natürlich auch um einen Richtungsstreit. Teile der Schwarzen zeigen sich offenbar bereit, mit der AfD zu kooperieren zu wollen, um ihre eigenen Machtansprüche auf Bundes - und Landesebene nicht in Frage stellen zu müssen. Die braune Gefahr scheint ihnen mehr Angst zu machen, als sie öffentlich zugeben wollen.

Weil die Bundespartei indes wegen der immer noch nicht gelösten Frage nach dem künftigen Vorsitzenden mit sich selbst hadert, dräut nun neue Unruhe in Form des aufmüpfigen sachsen - anhaltischen Landesverbandes, der aus dem Abnick - Automatismus bei dem Verfahren zur Festlegung der Rundfunkgebühren ausscheren möchte.  

Der jetzt geschasste Ex - Innenminister begründet dieses auch damit, dass in den ÖRs ein verzerrtes und / oder sogar falsches Bild von Ostdeutschland vermittelt werde. Das mag vielleicht so sein, doch dieses ist dann kein Argument gegen die vorgesehene Gebührenerhöhung. Was eher greifen sollte, sind die Strukturen innerhalb der ÖRs, die exorbitant hohen Gehälter, die Ineffizienz, die Vetterwirtschaft und last but not least,  die nicht selten gezeigte Arroganz gegenüber Bürgern aus den dortigen Regionen.

Eine Veränderung dieser kritisierten Gegebenheiten und an der Berichterstattung über ostdeutsche Bundesländer wird nicht über die gezeigte Verweigerungshaltung erfolgen, sondern nur über die Reformierung der Strukturen in den hiermit befassten Gremien sowie die in ihnen vorhandenen Personalien. Der geschwungene Knüppel der  Verweigerungshaltung in der Gebührenfrage ist somit ineffektiv. Er bleibt aber auch deshalb wirkungslos, weil mögliche und erforderliche Umstrukturierungen nicht auf Initiative von nur eines Bundeslandes erfolgen können. Da ist die Gesamtheit aller Bundesländer gefragt. Doch von den übrigen 15 Landesvertretungen kommt nichts. 

Als vor vielen Jahren die schwarzen Landesfürsten in Schleswig - Holstein und Niedersachsen mit Namen Stoltenberg und Albrecht den NDR als Gemeinschaftssender, an dem auch Hamburg mit dessen Hauptsitz beteiligt ist, zerschlagen wollten, weil dieser ihnen zu " linkslastig " war, wurde eine nahezu revolutionäre Umgestaltung des Senders und eine Dezentralisierung mit dem Schwerpunkt Regionalisierung auf den Weg gebracht. Zudem erlaubten die beiden CDU - Ministerpräsidenten die Zulassung von Privatsendern. Das Letztere führte zwar zu einer erheblichen Verschlechterung des Niveaus, konnte den öffentlichen - rechtlichen Rundfunk - und auch Fernsehanstalten insgesamt wenig Existenzängste bringen. Auch dann nicht, wenn die Einschaltquoten zeitweise sanken, weil die Rezipienten die neuen Angebote nutzten. Der NDR wurde nicht zerschlagen, wohl aber reformiert.

Mehr 3 1/ 2 Jahrzehnte seit der Gründung des ersten, landesweiten Privatsenders ( ffn ) dudeln Hunderte terrestrisch arbeitende  Privatsender herum und über das Internet sind Tausende von ihnen empfangbar. Auch auf dem TV - Sektor hat sich eine ähnliche Entwicklung ergeben. Angesichts der vorliegenden technischen Möglichkeiten, muss tatsächlich die Frage gestellt werden, ob das öffentlich - rechtliche Rundfunk - und Fernsehsystem Deutschlands in der jetzigen Form weiter geführt werden kann.

Darüber müssen Gespräche geführt werden. Ein Alleingang Sachsen - Anhalts erbringt hier keine Antwort. Zumal das zu einer " Regierungskrise " aufgebauschte " Nein " der Schwarzen bei der vorgesehenen Gebührenerhöhung eher einer hilflosen Trotzaktion ähnelt, denn einem substantiellen Lösungsvorschlag zu dem größer werdenden Legitimationsproblem der ÖRs.   

Womit die Entlassung des Innenministers des Bundeslandes Sachsen - Anhalt wohl eher andere Gründe als jenes - vielleicht unbedachte - Interview zu einer möglichen Minderheitsregierung der CDU hat. Der Ex - Innenminister Stahlknecht, ein gebürtiger Hannoveraner, agierte zuvor in einigen Fällen eher ungeschickt und file in letzter Zeit durch missliebige Äußerungen in den Medien auf.  Nun hat sein Parteifreund die Reißleine gezogen und den " Westimport " vor die Tür gesetzt.

An der selbst verursachten Misere im Magdeburger Landtag wird dieses kaum etwas ändern. 

  


VON HERTZEN BROTHERS  -  In The End  -  Love Remains The Same  -  2008:


       


   

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