Der aufgebohrte Weihnachtsbaum


Weihnachten soll nicht nur das Fest der Familie, der großen und kleinen Geschenke und der Sauf - sowie Fressorgien sein, nein, Weihnachten dient auch dazu, in den Erinnerungen zu schwelgen. Wenn es rund um den aufgestellten Tannenbaum etwas ruhiger wird, wenn die Küche schon wieder aufgeräumt, der Kühlschrank jetzt mit den Resten des Festmahls gefüllt wurde, lässt sich bei einem, auch einigen Gläschen eines edlen Tropfens mit leicht gelockerter Zunge, über das Vergangene schwadronieren. Nicht selten werden dabei die lustigen, die schrulligen, die ganz eigenen Erlebnisse wieder aufgetischt.

So erinnerten wir uns an jene Weihnachtsfeste, die im Kreise der Eltern oft nach einem fort währenden, jedoch sehr steifen Ritual abgespult wurden. Dazu zählten natürlich jene arbeitsteiligen Aufgaben, die zu einem guten, weil erwünschten, Gelingen des Festes beitragen mussten. Insbesondere der Kauf des obligatorischen Weihnachtsbaums nimmt dabei eine tragende Rolle ein.

Dieses edle Stück, dass in der heutigen Zeit als normierte Massenware in jedem Baumarkt, an vielen Verkaufsständen und sogar über das Internet angeboten wird, hatte vor vielen Jahrzehnten noch eine völlig andere Wertigkeit. Nicht nur, dass Christbäume, wie sie auch genannt werden, erst einige Tage  oder kurz vor Heilig Abend gekauft wurden, sondern auch die Möglichkeiten, einen Solchen als Symbol des Weihnachtsfestes stehend, erwerben zu können, waren äußerst begrenzt.

So musste sich der Herr des Hauses, in diesem Fall der verstorbene Schwiegervater, eigentlich rechtzeitig auf den Weg begeben, um eine noch halbwegs akkurat aussehenden Christbaum ergattern zu können. In der Mangelwirtschaft der DDR war dieses nicht ganz so einfach. Neben den eingeschränkten Verkaufsständen, galt dabei vor allem der Grundsatz " Wer zu spät kommt,den.... ".

So war es an einem Heilig Abend in einem der 1960er Jahre. Der Verkaufsstand hatte sich bereits weitestgehend gelichtet, als der Herr des Hauses dort erschien. Es standen eigentlich nur noch jene Bäume herum, die nun wahrlich keinen ansehnlichen Gesamteindruck machten. Es handelte sich dabei ausschließlich um billigere Fichten, die eben kümmerlich aussahen. Der letzte Rest der zusammen getragenen Bestandsreste demnach. 

Aber, es half nichts. Ein Christbaum musste her. So schleppte Schwiegervater ein solch kümmerlich aussehendes Exemplar heim. Es war viel billiger als eine Tanne und sah tatsächlich auch so aus. Als er mit viel Mühe den erworbenen Kümmerling in den Christbaumständer gepfropft hatte, dieser durch Schwiegermutter erspäht worden war, gab es eine mittlere Ehekrise. Mutti zeterte wie ein Rohrspatz und verlangte, dass der Häßling umgehend aus dem alsbald weihnachtlich geschmückten Wohnzimmer entfernt werden muss.  

Während die Frau des Hauses ihrem Unmut über die gekaufte Billig - Strunzel weiterhin freien Lauf ließ, ersann der Herr des Hauses nach einem Weg zur Abhilfe. Er wollte noch retten, was eigentlich nicht mehr zu retten war - nämlich den Baum und ein harmonisches Weihnachtsfest. Dabei kam ihm die glorreiche Idee, den kargen Christbaum durch entsprechende Manipulationen aufzupimpen. In jener Weise also, in denen heutzutage einige Millionen welkende oder mit ästhetischen Unzulänglichkeiten von der Natur benachteiligte Frauen bei der Schönheitsindustrie immer wieder versuchen.

Gut, der Hausherr besorgte sich über ein paar Ecken eine Armbeuge voller Tannenzweige und kürzte diese so zurecht, dass sie in etwa auf die Länge sowie Größe der nur spärlich vorhandenen Baumzweige der Weihnachtsstrunzel kamen. Dann holte er einen Handholzbohrer aus dem Keller und drehte diesen in den Stamm des Kärglings. Die entsprechend gekürzten Tannenzweige spitzte er mittels Taschenmesser an den Enden so zu, dass sie mit ein wenig Händedruck in den Stamm passten. So hübschste er die elende Strunzel in zufrieden stellender Weise auf, Nun durfte der qua Schönheitsoperation manipulierte Christbaum auch mit dem Schmuck, wie Lametta, Engelshaar, Kugeln und Kerzen bestückt werden.

Die jetzt nach Weihnachtsbaum aussehende Fichte wurde zur vollsten Zufriedenheit der Ehefrau präsentiert. Weihnachten war gerettet, weil der Haussegen zum heiligen Fest nicht mehr schief hing.

Gewusst wie!


BRENDA LEE  -  Rockin´Around The Christmas Tree:





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