" Was glauben Sie, was wir hier so alles erleben? "

REWE - Filiale, Schlesierstraße , Eching


Der Sommer 2024 neigt sich dem Ende zu. Auch in dem Freistaat Bayern sind die Großen Ferien am kommenden Montag vorbei. Dieses wird auch an den sich langsam füllenden Straßen, den rarer werdenden Parkplätzen und zu den so genannte Stoßzeiten volleren Geschäften deutlich.

Wohlwissend, dass der Freitag vor dem Ferienende in schöner Regelmäßigkeit dazu genutzt wird, um den vor dem Urlaubsantritt leer geräumte Kühlschrank sowie die Küchen - oder Kellerregale aufzufüllen, starteten wir gegen 8.30 Uhr den Wocheneinkauf.

Überraschender Weise verlief der Besuch bei " REWE " nahezu entspannt. Keine umständlich vor den knacke vollen Regalen stehenden, den Weg versperrenden Graumelierten. Keine, im Zeitlupentempo ihren Kleinsteinkauf auf das Transportband legenden Eisgrauen, die zumeist im teuren, aber biederen, beinahe einheitlichen Outfit umständlich agierend, der hinter einer Plexiglasscheibe wartenden Kassierern die Artikel auf das Band legen, artig warten, bis diese alle Waren eingescannt hat, um dann den angezeigten Betrag auf den Eurocent genau aus ihre antik wirkenden Geldbörsen zu klauben, ehe sie erst danach die Artikel langsam in den Metallwagen legen.

Nein, dieser Freitagsvormittagseinkauf verlief wahrhaftig ruhig. Keine alten Damen ab 80plus, die das Personal hinter der Wurst - Käse - sowie Fleischtheke mit georderten Kleinstmengen malträtieren, um ihnen dadurch ein Gespräch aufzuzwingen. Keine miesepeterig dreinschauende Endsiebzigerinnen oder sich von oben herab gebende Mittachtziger, die vom öden Alltag des Alleinseins geprägt, dann ihren Lebensfrust auf das Personal oder andere Kunden kübeln möchten. Und auch keine, sich längst im Rentenalter befindlichen Damen und Herren, die mit ihren Metalleinkaufswagen die Gänge versperren, weil sie sich bei der Suche nach den Artikeln einfach ungeschickt verhalten.

Dieses alles und noch mehr, es blieb uns an jenem Freitagmorgen, den 06. 09. 2024 erspart.

Zügig spulten wir das Programm von Artikel aussuchen, aus den Regalen herausnehmen und in den Einkaufswagen an. Selbst an der Fleisch - Wurst - Käsetheke herrschte an jenen Morgen gähnende Leere. Wo sonst gut situierte Rentnerinnen in Reih und ohne Glied standen, war das Verkaufspersonal in der Überzahl.

Nach gut einer Viertelstunde war der Wagen gefüllt. Meine bessere Hälfte schob ihn in Richtung Kassenzone. Dort sah es genauso aus. Die Kassiererin, eine türkisch - stämmige Mitte - bis Endvierzigerin saß völlig entspannt auf ihrem Stuhl und sah uns bereits mit erwartungsvollen Augen an. Wir kennen die Dame vom Sehen. Sie gehört zum so genannten Stammpersonal. Irgendwie erschien sie mir in den fünf Jahren, in denen wir dort einkaufen, kaum gealtert sein. Sie hatte ihre Henna gefärbten, mittellangen Haare adrett zur Seite gekämmt. An ihrem rechten Handgelenk prangte ein goldener Armreif, der nicht zu wuchtig, auffällig oder protzig ausgearbeitet, dennoch durchaus wertvoll aussah.

Sie trug eine dunkle Kombination aus Rock, Bluse sowie Weste, die sie attraktiv kleidete. Kein Kopftuch, so wie einige ihrer Kolleginnen es bevorzugten. Da ich aus den Studentenzeiten die türkischen Lebensformen durchaus schätzen gelernt hatte, war mir klar, dass sie sich auf jene traditionellen Bekleidungsarten keinen Wert legte, sondern die westeuropäische Mode präferierte. 

Während ich die Waren auf das Band legte, bat meine bessere Hälfte die " REWE " - Mitarbeiterin, ihr nach dem Einscannen 200 Euro in bar auszuhändigen.

" Ja, da müssten Sie dann aber einen Moment warten. Ich habe gerade nicht so viel Geld in der Kasse. ", antwortete die ihr.

Nachdem sie die Artikel eingescannt hatte, warteten wir auf die Geldübergabe. Inzwischen hatte sich ein Mann an das Band gestellt. Sein Einkauf war sehr überschaubar, denn er bestand aus Bier - einer einzigen Flasche! #

Die Kassiererin rollte die Bierflasche über den Scanner und sagte dem eher ungepflegt aussehenden Mann den auf dem Display angezeigten Betrag an.

Er fingerte nach Münzen, die in seiner flach gehaltenen Hand lagen. Er legte einige Münzen auf die Metallfläche neben dem Kassenaufbau. Die " REWE " - Mitarbeiterin zählte die Geldstücke und wiederholte den Betrag für die Bierflasche.  " Ich bekomme noch Geld von Ihnen! ", sagte sie zu dem Mann. Der murmelte irgendetwas Unverständliches. " Nein, das reicht nicht! Ich bekomme noch Geld! ", wiederholte sie ihr Anliegen.

Der Mann, augenscheinlich nicht auf der bayrischen Sonnenseite zuhause, griff in seine Hosentasche und kramte weitere Münzen hervor. Er legte sie auf die metallische Ablage. Die " REWE " - Dame zählte erneut nach. Dieses Mal stimmte der Betrag. Der Kunde schlurfte an uns vorbei in Richtung Ausgang. Er hatte die Bierflasche mit seiner rechten Hand am Hals umklammert. 

Kaum war der Problem - Kunde aus dem Sichtfeld der " REWE " - Mitarbeiterin entschwunden, sprudelte es aus ihr heraus. Sie schilderte kurz, dass solche Kunden kein Einzelfall sind. Was glauben Sie, was wir hier so alles erleben? "

Im Netz kann ein Interessierte hierzu einige Absurditäten nachlesen. Da wird von Kunden geschrieben, die sich an den Theken - nicht selten teure -  Waren einpacken lassen, um diese dann irgendwo wieder in einem entfernt liegenden Regal hinein zu legen. Da geht es um Menschen, die eingepackte Tüten mit Artikeln, deren Ablaufdatum erst kurz bevor steht oder leicht überschritten ist, für einen sehr günstigen Pauschalbetrag erwerben, um sich nach dem Auspacken darüber zu echauffieren, dass in der " Wundertüte " eben nur Waren mit einem schon überschrittenen Verfalldatum befinden und diese eben keine Frischartikel seien. Es kommt auf häufig vor, dass Kunden Verpackungen aufreißen, den Inhalt verzehren und die leere Packung auf das Band stellen oder sie zurück in ein Regal legen.

Andere wiederum verhalten sich unmöglich gegenüber dem Personal und lassen jedwede Grundzüge einer " guten Kinderstube " vermissen. Es werden Verkäuferinnen beschimpft, angeschrien oder sich in unflätiger Weise bis herablassend verhalten. Dabei spielt das Alter des Kunden keinerlei Rolle.

Beispiele hierfür konnte während eines Einkaufs selbst beschreiben.

So kam an einem Morgen während des ersten Corona - Jahres 2020 ein, durch Restalkohol enthemmter Kunde in die hiesige " NORMA " - Filiale und pöbelte dort lauthals gegen den türkisch - stämmigen Betreiber unter anderen mit den Worten " Kanaken " herum. Der konterte die verbalen Ausfälle mit " Kunden mit eurer Einstellung sollten gleich mit in Quarantäne gesteckt werden. Auf nimmer Wiedersehen! " Der Pöbler verließ daraufhin grußlos das Geschäft.    

Eine vor mir stehende, im hochwertigen Outfit bekleidete, im geschätzten Alter von Ende Dreißig bis Anfang Vierzig befindliche, blonde Kundin warf einer türkisch - stämmigen, mit einem Kopftuch bekleideten Kassiererin eine 10 Eurocent - Münze, von einer verächtlichen Mimik begleitet, vor die Hände, nachdem sie höflich befragt wurde, ob sie zu dem ihr vorlegten 100 Euro - Schein, nicht, der Einfachheit halber, die Münze dabei habe. 

Dass kroatische Bauarbeiter vor dem Kauf von Brezn oder Laugenstangen den zu üppigen Salzbesatz regelmäßig vor dem Backwarenstand mit der Hand abkratzten, dadurch schnell ein rutschiger Belag verursacht wurde, der danach von den Mitarbeiterinnen abgefegt werden musste, dass während der Corona - Jahre uneinsichtige Kunden sich weigerten eine vorgeschriebene Gesichtsmaske zu tragen und deshalb mit dem Personal laut herumstritten oder, dass eine nach Schweiß, Urin sowie Essen muffelnde, alkoholkranke Kundin sich partout weigerte einen weiteren Bezugsschein für ihren Einkauf herzugeben und mit der Kassiererin heftig stritt, sei nur am Rande erwähnt.

Dazu fällt mir erneut der Satz der attraktiven, türkisch - stämmigen " REWE " - Mitarbeiterin ein:

" Was glauben Sie, was wir hier so alles erleben? "

Der Supermarktbesuch wird zum Reflektor des Realzustandes unserer Gesellschaft. Es gibt nichts, was es nicht gibt!


PINK FLOYD  -  Alan´s Psychedelic Breakfast  -  Atom Heart Mother  -  1970:

    

       


     


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