" rail & fresh WC " - Abzocke am Bahnhof?
Wer kennt dieses Gefühl nicht? Während einer Reise drückt plötzlich die Blase ( manchmal nicht nur die ). Die Fahrt im PKW endet bald auf einem Rasthof oder nur auf einem Rastplatz. Günstigerenfalls findet der suchende Reisende eine einigermaßen saubere Toilettenanlage. Schlimmstenfalls macht er auf dem Absatz kehrt und fährt angewidert von dannen, in der Hoffnung, die folgende - oft viele Kilometer auseinander liegende - WC - Anlage sieht sauberer aus.
Bei den vielen Bahnhöfen, dieses, unseres, Landes, sieht es noch schlechter aus. In den kleineren Bahnstationen gibt es häufiger keine Sanitäreinrichtungen mehr. Bei größeren Bahnhöfen, in Städten zumeist, waren die Toiletten oft noch katastrophaler als jene auf Autobahnraststätten.
Das soll sich nun völlig ändern. Die Deutsche Bahn AG hat die Sanitärräume inzwischen an einen privaten Betreiber verpachtet, der sich - ähnlich wie auf Raststätten, wo dieser unter " sanifair " firmiert - " rail & fresh " heißt.
Das Geschäftsmodell ist nahezu identisch.
Wer als " Kunde " die Toiletten und mehr benutzen möchte, hat an einem Automaten eine Gebühr von 1 Euro zu entrichten. Wirft er diesen Betrag in den Schlitz des blechernen Kassieres, wird eine Durchgangssperre entriegelt, durch die der Zahlende dann in den Walhalla der Entleerungskünstler vorgelassen wird. Zuvor allerdings erhält er einen Papier - Gutschein, einen Art Bon, den er im Wert von 50 Eurocent in bestimmten Geschäften innerhalb des Bahnhofs bei einem Kauf einlösen darf.
So bewehrt, kann der Reisende, der " rail & fresh " - Kunde seinen ersten Versuch starten, das " Stille Örtchen " aufzusuchen.
Hat er Glück, darf er sofort sein " Geschäft " erledigen. Bei Frauen ist es in den Hauptreisezeiten nicht immer der Fall. Vielfach bilden sich vor den Zugängen lange Menschenschlangen. Nach kurzer Zeit - bitte, Hände waschen nie vergessen! - verlässt er den Stillen Ort des dringenden Bedürfnisses.
Zurück bleibt allerdings eine Erinnerung in Gestalt des Coupons, des Bons, des Belegs in einem Geldwert von exakt 0,50 Euro. Diesen kann der Kunde des Toilettenpächters bei auserwählten Geschäften einlösen. Doch diese " Wohltat " hat einige Tücken. Da wäre zunächst die Gültigkeit des Bons von höchstens 3 Jahren, die allerdings in einigen Betrieben des Bahnhofsbereichs auf 6 Monate verkürzt wird. Seltsamer Weise gibt es hierfür weder eine Individualabsprache in Form der abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedigungen des Gutscheinausstellers " rail & fresh ", noch eine solche bei den beteiligten Firmen der Aktion, deren Mitarbeiter sich fallweise weigerten, ältere Bons einzulösen.
Dann wären da die Einschränkungen, wonach nur jeweils ein Gutschein für eine Person auf den Kauf einer Ware angerechnet wird. Der Bon kann weiterhin nur dann angerechnet werden, wenn der Gesamtbetrag der ausgewählten Waren mehr als 2,49 Euro übersteigt. Zudem dürfte auffällig sein, dass beispielsweise eine kleine Flasche Mineralwasser in einigen Partnergeschäften just 2,45 Euro kosten soll, so dass ein weiterer Artikel erworben werden muss, um den " Pinkel - Bon " einzulösen.
Die gesamte Verfahrensweise hat indes einen noch größeren Vorteil für den Sanitäranlagen - Betreiber. Viele Kunden bewahren den Gutschein zwar auf, lösen dieses allerdings aus vielerlei Gründen ( Bequemlichkeit ) nicht ein.
Damit würde der Zutritt zum " Pinkeln " in den Bahnhofsanlagen satte 1,-- Euro kosten. Ganz schön teuer, oder?
https://www.zdf.de/nachrichten/drehscheibe/drehscheibe-vom-12-februar-2020-100.html
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