Free Siggi!

Katzen zählen bekanntlich zu den beliebtesten Haustieren der Bundesdeutschen. Die Zahl der in Deutschland lebenden " Samtpfoten " lässt sich aufgrund der nicht zwingenden Meldepflicht lediglich hochrechnen. Sie soll laut Schätzungen zwischen 8 bis 11 Millionen Tiere liegen ( Vgl. u.a. hier:  https://wamiz.de/katze/ratgeber/10253/so-viel-millionen-katzen-gibt-es-in-unserem-land ).

Auch wenn sich jene Haustiere optisch besehen nicht immer sehr ähneln, denn es gibt eine Vielzahl von Rassen, Kreuzungen unter ihnen, sowie diverse Fellfarbkombinationen, lassen sich über jene Vierbeiner bestimmte Verhaltensmuster und für den Halter zu beachtende Regeln aufstellen.

Ein dieser Grundsätze könnte so formuliert werden:
" Eine im Haushalt gehaltene, bereits ältere Katze mag keine großen Veränderungen in ihrem Lebensumfeld. "

Dazu gehört zweifelsohne das Erweitern des Familienkreises. Die Hauskatze kann darauf unterschiedlich reagieren. Eine Katze ist eben kein Ausstellungsgegenstand innerhalb der Wohnung, dass sich beliebigen Wechseln über wirft. Im Gegenteil: Werden akzeptierte und lieb gewonnen Rituale abgeschafft oder erheblich abgeändert, reagiert diese darauf sehr oft mit Ablehnung. Das kann sich in Form von Verlassen des Wohnungsumfeldes und Aufsuchen eines neuen Zuhauses bis hin zum gewählten Freitod äußern.

Da las ich heute Morgen in aller früh, bei einem Pott Kaffee und den Meldungen zum aktuellen Stand der " Coronovirus " - Epidemie im MDR aktuell - sowie NDR info - Radionachrichten im Hintergrund laufend, eine kuriose Geschichte, die sich in der " SPIEGEL " - Ausgabe 4 / 2020 auf Seite 47 findet.

Diese handelt von dem Kater " Siggi ", der inzwischen 7 Jahre alt geworden war, der sich aber dann ein neues Zuhause suchte. " Siggi ", die Maine - Coon - Katze wurde Opfer einer Trennung. Ansich für ein älteren Kater schon der Gau. Denn hier gilt das, wie oben beschriebene uneingeschränkt. " Siggi " musste dann noch aus der alten Wohnung in einen Nachbarort, nämlich nach Schwartenberg, Ortsteil Grünstädtel ( https://de.wikipedia.org/wiki/Grünstädtel ) umziehen. Ein weiterer Gau im Leben einer Katze. Den Super - Gau erlebte der Maine - Coone - Kater allerdings, als eines Tages ein Hundewelpe in die neue Wohnung einzog.

" Siggi " reichte es und er nahm Reißaus. " Siggi " mochte sein Zuhause nun nicht mehr und wurde zum Freigänger. " Siggi " kam nicht mehr zurück und stromerte durch die Straßen des seit 1995 eingemeindete 745 Einwohner zählenden Ortes. " Siggi " genoss offensichtlich sein anderes, ihm bisher unbekanntes Katzenleben. Er schlich tagsüber sehr oft durch die Grünstädteler Straßen, schlief nachts mal zwischen Pappen und holte sich von überall Futter; darunter auch - seinem angeboren Jagdinstinkt gehorchen - Mäuse, Vögel, aber auch einen Maulwurf.

" Siggi " war frei, so wie es seine Vorfahren vor Hunderten Jahren einmal auch waren.

Free " Siggi ", also!

Aber " Siggi " ist nicht nur ein perfekter Jäger, sondern auch ein Schmuser. Er liebt es deshalb, " betüdelt ", gestreichelt zu werden und möchte deshalb einfach dazu gehören, so, wie es einige Millionen seiner Artgenossen auch zelebrieren. " Siggi " kam deshalb sehr gerne zu einem ortsansässigen, ambulanten Pflegedienst. Die dortigen Mitarbeiterinnen hatten bereits lange bevor " Siggi " zum absoluten Freigänger wurde, einen Platz mit Futter in der eigenen Garage eingerichtet. Sie wollten " Siggi " damit eine Behelfsunterkunft, einen Unterschlupf geben. " Siggi " ear ja inzwischen auch ein Streuner.

" Siggi " wurde alsbald zum Betriebsinventar. Er durfte in das Büro, legte sich auf den Schreibtisch und habe sich dort wie ein Prinz oder ein Graf aufgeführt.
" Siggi " besuchte aber auch andere Bewohner, saß regelmäßig bei einer weiteren Hauskatze auf dem Fensterbrett, die er vielleicht dadurch ärgern wollte, dass er sich eben frei bewegen durfte. " Siggi " kam nur noch selten in sein angestammtes Zuhause zurück.

Die Halterin der Maine - Coone - Katze begann ihren Kater alsbald zu vermissen. Den Hundewelpen hatte die Familie inzwischen wieder abgegeben. Doch " Siggi " kam nicht mehr in das eigentliche Zuhause zurück. Seine Halterin fragte in der Nachbarschaft nach ihrer Katze. Sie unterhielt sich auch mit der Inhaberin des ambulanten Pflegedienstes Frau B. Sie erklärte dieser, dass der Kater vermisst würde und bat sie, diesen einzufangen und zurückzugeben. Frau B. sah sich dazu nicht veranlasst, denn sie hielt den Main - Coone - Kater weder in dem Gebäude fest oder gefangen, noch wollte sie das Tier in dessen Freiheitsdrang einschränken.

Einige Tage vor Weihnachten erhielt die Pflegedienstinhaberin B. eine SMS von der Katzenhalterin, in der sie diese erneut bat, den Kater an sein Zuhause zurückzubringen, weil die Kinder diesen so sehr vermissen würden. Dabei drohte sie aber Frau B. auch, anderenfalls zur Polizei zu gehen.

" Siggi " kam zu Weihnachten des Jahres 2018 nicht zu der eigentlichen Halterin zurück.

Seine Halterin ging in der Tat zur Polizei und erstattete Strafanzeige u.a. wegen des Verdachts der Unterschlagung gegen Frau B. Danach ging alles seinen juristischen Gang. So, wie es in Zehntausenden anderer, ähnlich gelagerter Strafverfahren auch der Fall ist. Die Polizei ermittelte gegen Frau B. und gab dann die Akte der zuständigen Staatsanwaltschaft in Chemnitz weiter. Der dortige zuständige Dezernent las diese und legte dann das ganz große Besteckt auf. Er beantragte bei dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Aue - Bad Schlema die Ausstellung eines Durchsuchungs - und Beschlagnahmebeschlusses gegen die geführte Beschuldigte Frau B.

Am 25. Februar 2019 kam es dann zum eindrucksvollen Showdown in der Sache " Kater Siggi ". Um 7.45 Uhr vollzog eine Armada von 5 Polizeistreifenwagen nebst eines gelben Dienstfahrzeuges des mit bestellten Tierfängers den durch den Ermittlungsrichter erlassenen Gerichtsbeschluss. Als die 9 bewaffneten Polizisten sowie der einbestellte Tierfänger im Schlepptau derer, der völlig verdutzten Frau B. den Durchsuchungs - und Beschlagnahmebeschluss unter die Augen hielten, fiel diese im wahrsten Sinne des Wortes aus den Wolken.

Mittlerweile hatte die Polizei die Straße Am Pöhlwasser, in der sich das Haus der Beschuldigten B. befindet, von beiden Seiten angesperrt. " Siggi ", der Maine - Coone - Kater sollte nicht entkommen. Da die Beschuldigte selbst nichts unternommen habe, um das Tier an juristisch als Besitzerin geltende Halterin zurückzugeben, sei der Kater nun bei dieser einzufangen. Die Polizisten begannen ihre Suche nach " Siggi ". Sie versuchten mit pfeifenden Geräuschen " Siggi " anzulocken.

Obwohl der Kater sich kurz auf dem Balkon bei der Beschuldigten B. gezeigt habe, dann aber mit einem Sprung auf das Nachbargrundstück entschwunden sei, sei es den Beamten nicht gelungen " Siggi " zu fangen. Der Einsatz musste alsbald abgebrochen werden, da " Siggi nicht zu sichern war ".

Mehr als 10 Monate danach saß Frau B. als Angeklagte vor dem Amtsrichter in Aue. Der verurteilte diese zu 30 Tagessätzen a´60 Euro Geldstrafe wegen Unterschlagung. Sie habe nichts unternommen, um die Main - Coone - Katze an ihre rechtmäßige Besitzerin, die eigentlich Tierhalterin, wieder zurückzugeben, obwohl sie von dieser dazu mehrfach aufgefordert worden sei, begründete der Richter des Amtsgerichts Aue - Bad Schlema das Urteil gegen Frau B.

Diese zeigte sich damit nicht einverstanden und wird dagegen Berufung vor dem Landgericht Chemnitz einlegen.

" Siggi " ist inzwischen längst wieder bei seiner eigentlichen Halterin zurück gegeben worden. Im Sommer 2019 hatten einige Kinder den Kater beim Herumstromern gesehen, ihn in einen Schuppen eingefangen und anschließend die Halterin des Tieres informiert.

" Siggi " ward danach in dem Ort nicht mehr gesehen. Ab und zu erkennen aufmerksame Nachbarn den Kater hinter dem Glas des Badfensters sitzen. " Siggis " Freigang auf Zeit war damit endgültig beendet. Doch der Maine - Coone - Kater lebt in dem überschaubaren Umfeld von Grünstädtel weiter. Er ist Teil der jüngsten Ortsgeschichte, denn über ihn werden keineswegs abwegige Dinge erzählt. So soll sich " Siggi " während des Polizeieinsatzes unter einem Busch versteckt gehalten haben. Er habe dort solange gewartet bis die " Großaktion " beendet gewesen sei, um dann unter dem Busch hervor zu kommen, sich einmal kräftig zu schütteln, ehe der Kater dann schnell von dannen gelaufen sei.

Aber juristisch besehen, ist der " Katzenfall " , wie er innerhalb von Justizkreisen kurz benannt wird, wohl noch nicht beendet. Das Landgericht Chemnitz wird sich erneut mit dem Kater " Siggi " zu befassen haben, wenn die demnächst zu erwartende Berufungsverhandlung stattfindet.

Nach meinem Rechtsempfinden ist der ganze Fall eine Provinzposse. Hier wird mit Kanonen auf Katzen geschossen. Und: Unterschlagung im strafrechtlichen Sinne dürfte ebenfalls nicht vorliegen, denn Frau B. hat den Kater der eigentlichen Besitzerin nie vorenthalten. Ergo: Freispruch!

" Siggi " ist kein Freigänger mehr. Schade!



WISHBONE ASH  -  Blowin´Free  -  Argus  -  1972:







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