Diego, Diego! Ha! Ha! Ha!
Vorgestern, Freitag, den 27. November 2020, wurde im fernen Buenos Aires, der Hauptstadt Argentiniens, der einst bester Berufsfußballer der Welt, Diego Armando Maradona beerdigt. Er wurde 60 Jahre alt. Die Fußballwelt nahm Anteil. Die Fachpresse schwadronierte über jenen Mann, der tatsächlich vor langer Zeit Fußballgeschichte geschrieben hat.
Weil seit den 70er und 80er Jahren sehr viel Wasser aus dem Rio de la Plata in den Atlantischen Ozean geflossen ist, sind auch die Erinnerungen an den ehemaligen " Superstar " Maradona verblasst. Nach dem Ende seiner 1976 begonnenen Karriere in seinem Geburtsland Argentinien, hatte ihn das wahre Leben außerhalb des Fußballzirkus bereits gezeichnet.
In Neapel, wo er in der Zeit von 1984 bis 1991 bei dem Verein SSC unter Vertrag stand, sorgte der nur 1,65 Meter große Argentinier auch für Negativ - Schlagzeilen. Er bekam seine Kokain - und Alkoholsucht nicht in den Griff. Die sportlichen Erfolge mit seinem Arbeitgeber verblassten deshalb zusehends. Skandale und schließlich eine von der FIFA zu einer 15-monatigen Sperre verurteilt.
Bereits zu Beginn der 1990er Jahre war der vormalige Weltfußballer nur noch ein Schatten seiner selbst.
Mit dem fußballerischen Talent, das ihm einst gegeben war, konnte der Verstorbene nur eine Zeit lang umgehen. Daraus eine Basis für ein Leben danach zu erschaffen, war dem Argentinier fremd. Im Gegenteil: Als er seine Fußballschuhe in Italien an den Nagel hängte und 1991 fluchtartig das Land verließ, ermittelten die Finanzbehörden wegen Steuerhinterziehung gegen den " Weltstar ". Es erging ein rechtskräftiges Urteil mit dem der italienische Fiskus einen Vollstreckungstitel in Höhe von 50 Millionen DM = 36 Millionen Euro erhielt.
Als Diego zirka 10 Jahre später auf dem Flughafen in Neapel landete, empfing ihn eine Truppe von 20 Steuerfahndern, die ihm eben jene Schuldsumme präsentierten. Diego Maradona reagiert nach außen hin kühl und formulierte sinngemäß, dass er im Moment nicht soviel Geld bei sich habe. Dabei krempelte er beide Hosentaschen nach außen.
https://www.spiegel.de/sport/fussball/diego-maradona-50-millionen-steuerschulden-a-111948.html
Auch danach lief das Tägliche bei dem kleinen, inzwischen extrem übergewichtigen Argentinier nie in geordneten Bahnen. Seine Kokainsucht versuchte er durch mehrfachen Entzug zu bekämpfen. Sein über Jahre unsteter Lebenswandel verschafften ihm auch gesundheitliche Probleme. Er erlitt zwei Herzinfarkte, dazu gesellten sich einige Klinikaufenthalte aufgrund seines exzessiven Drogenkonsums. Anfang November 2020 wurde bei Maradona ein Blutgerinnsel im Gehirn entfernt.
Der Argentinier verstarb am 25. November 2020 in Tigra, einer Stadt am östlichen Rand von Buenos Aires an einem diagnostizierten Herzinfarkt.
Als ich seinen Namen zum ersten Mal hörte, spielte die DFB - Mannschaft am 5. Juni 1977 gegen Argentinien in Buenos Aires vor 60.000 Zuschauern zu nachtschlafender Zeit. Das ZDF übertrug die Begegnung; der Reporter von einst hieß Rolf Kramer. Ein eher biederer Sportreporter, der allerdings Kompetenz aufwies. Er sah sich zusammen mit einigen Millionen Zuschauern das Freundschaftsspiel an und wusste denn auch von Diego Armando Maradona zu berichten. Das Wunderkind ( 17 Jahre alt! ), dass im eigenen Land bereits als künftiger " Weltstar " gehandelt wird ( O - Ton Kramer: " Es werden wahre Wunderdinge von ihm erzählt. Flanke mit der Hacke und dergleichen. " ). Nun, seine Kollegen im argentinischen Dress verloren dieses Länderspiel eher durch irdische Gegenspieler aus Westdeutschland, die mehr solide Handwerker als irgendwelche Wunderwaffen darstellten. Am Ende hieß es 3:1 für die DFB - Mann und " Teutsch - Rolfi " war´s zufrieden.
Etwas mehr als ein Jahr danach gewann der Gastgeber der WM 1978 bekanntlich unter seinem Trainer Louis Cesar Menotti die WM - ohne die " Wunderwaffe " Diego. Den schonte der Trainer - Fuchs Menotti, weil er ihn charakterlich für noch nicht gefestigt ansah, um dem immensen öffentlichen Druck der auf seiner Auswahl lag, stand halten zu können. Vier Jahre danach wurde der " Superstar " im Spiel gegen Brasilien beim Stande von 0:3 des Feldes verwiesen; Argentinien schied in der zweiten Finalrunde aus, denn gegen den späteren Weltmeister Italien gab es ein 1:2.
Weitere vier Jahre danach wurde Argentinien mit Diego Maradona in Mexiko erneut Weltmeister. Die Argentinier gewann das Finale mit 3:2 gegen die BRD.
Am 6. Dezember 1989 kam der große Diego Armando Maradona zu einem Gastspiel seines SSC Neapel in das Bremer Weser Stadion. Das Hinspiel am 22.November 1989 hatte der SV Werder überraschend mit 3:2 gewonnen. Die Ausgangsposition für das Erreichen der nächsten Runde des ehemaligen UEFA Pokals waren somit günstig. Es sollte für die Neapolitaner zu einem Debakel werden. Werder zerlegte die mit Spitzenspielern gespickte Mannschaft aus dem Stieffelland in seine Einzelteile und gewann am Ende mit 5:1! Das Weserstadion explodierte. Die Ostfriesen - Fraktion aus der Westkurve skandierte hämisch " Diego, Diego! Ha! Ha! Ha! ".
Der einstige Bremer Abwehrspieler Ulrich " Uli " Borowka neutralisierte den Weltfußballer. Zusammen mit dem Mannschaftskapitän Mirko Votava ließ er kaum einen Ballbesitz des kleinen Argentinier zu. Der sich am Ende der Begegnung im Mittelkreis des Fußballfeldes weinend auf den Rasen setzte.
Neben dieser und auch weitere sportlicher Niederlagen, bei denen auch der großartige Maradona anerkennen musste, dass der Fußballsport überwiegend eine Mannschaftssportart ist und selbst 11 biedere bis " nur " solide Handwerker im Grunde in der Lage sein dürften, einen von der Papierform her, wesentlich höher eingeschätzten Gegner zu bezwingen, blieb ihm aber auch die bittere Erkenntnis, dass außerhalb des Platzes jeder Einzelne selbst für sein Leben verantwortlich ist.
Fast 41 Jahre danach, am Freitag, den 27. 11. 2020 wurde der Fußballer Diego Armando Maradona im fernen Buenos Aires unter großer Anteilnahme zu Grabe getragen; mein SV Werder indes verlor im Wolfsburg das Auswärtsspiel mit 3:5 und damit zunächst auch Punkte im Abstiegskampf.
Wie sich die Zeiten ändern!
SHIP OF FOOLS - From Time - Out Where Somewhere - 1994:
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