Asphalt - Krieger?



Als ab den 1970er Jahren in Westdeutschland die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge ständig stieg, kam eine damit einhergehender Zwang in Mode, sich von dem Halter oder Fahrer eines baugleichen Fahrzeugtyps abgrenzen zu wollen. Das Familienheiligtum oder die Ersatzehefrau wurde besonders ausstaffiert. Ob nun der berühmt berüchtigte Wackel - Dackel " oder die selbst gestrickte Klopaperrollenhaube, die den Zigarettenrauch abmildernden Duft - Tannenbäume, sie alle waren auch Ausdruck einer bestimmten Lebenseinstellung.

Ein besonderes Zeichen dieser stellten allerdings die bunten Abziehbilder dar. Es gab diese für und gegen alle nur erdenklichen Probleme dieses, irdischen Lebens, aber auch von Städten, Ländern oder Wahrzeichen. So mancher Spießer gab mit jedem am Heck aufgepappten Aufkleber an, dass er zumindest in eigenen Land, vielleicht sogar in Europa, herum gereist war. 

 Die Modeerscheinung verschwand bereits in den 1990ern fast völlig. Aufkleber am eigenen Fahrzeug ließen nur noch wenige Automobilisten zu.

Deshalb wirken diese heutzutage eher ein wenig exotisch; wie aus vergangenen Zeiten übrig geblieben.

Da trat ich doch am gestrigen Dienstagmorgen meinen üblichen Gang zum Brötchen holen in der hiesigen " Norma " - Filiale an. Es herrschte nur wenig Betrieb auf den Straßen, so dass mir kurz hinter dem Straßenkreuzugsbereich  Untere Hauptstraße  /  Bahnhofsstraße  in Richtung Echinger Bahnhof sofort ein LKW auffiel. Dieser parkte auf der Bahnhofsstraße vor den Geschäftesgebäuden. Auf der gegenüber liegenden Seite standen mehrere Männer, die offensichtlich etwas mit dem " Grassl - Haus ", einem Wohn - und Geschäftsblock, wie es ihn hunderttausendfach in Deutschland gibt, zu tun hatten. Hier wird seit längerer Zeit umgebaut. Ob dieses nun im Zusammenhang mit der Planung der Verwaltung steht, die das Ziel hat, den Innenstadtkern attraktiver zu gestalten?

Wie dem auch sei, in den Zeiten von Tante " Corona " spielt dieses allenfalls eine untergeordnete Rolle. In der Bahnhofsstraße wurde die Mund - und Nasenbedeckung ( vulgo: " Maske " ) verordnet. Die meisten Passanten, die Mehrzahl der Fußgänger, beinahe alle Menschen, die mir hier begegneten, sie halten sich an jene " Corona " - Schutzauflage ( so nennt sich dieses im Amtsdeutsch ).

Die am Rand des gegenüber liegenden Gehsteigs stehenden Männer taten es nicht. So widersinnig sind ebenjene " Gängelungen " tatsächlich. Für die Einen soll die " Maske " verpflichtend sein, für die Andren in einer vergleichbaren Situation wiederum nicht? Da kann ein ohnehin mehr als skeptisch eingestellter, getreuer deutscher Staatsbürger schon mal erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Handels jener auch sonst ungeliebten Politiker im fernen Berlin und nahen München haben.

Die Handvoll Männer steht also auf dem Gehsteig der Echinger Bahnhofsstraße in der Nähe des " Grassl - Hauses " und palavert. Es ging wohl um die Fracht, die der parkende LKW in seinem Inneren verborgen hielt. Das Fahrzeug kam aus dem Nachbarland Österreich. Genauer gesagt, aus Gloggnitz. Einem Örtchen in Niederösterreich, das dem Bezirk Neunkirchen zugeordnet ist.


 https://de.wikipedia.org/wiki/Gloggnitz


Der durchaus imposante " Brummi " mit seinen 6 Achsen stand mit eingeschalteter Warnblinkanlage nun im 450 Kilometer entfernten Eching in Oberbayern und wollte hier wohl offensichtlich seine transportierte Fracht los werden. Ein beinahe alltäglicher Routinevorgang in einer - trotz " Corona " immer noch funktionierenden Welt. 

Dann sah ich beim Vorbeigehen ein Schild an linken Fensterseite der Fahrerkabine stehen. Hierauf konnte ich in schwarzer Frakturschrift lesen:

" Asphalt Krieger ". 

Dazu war ein an beiden Enden des Schildes eine deutsches Ritterkreuz angebracht worden.

Ein ähnliches Schild fand ich bei der Firma " Etsy " auf deren Internetseiten ein Shop mit dem Namen " preisdruck24 " jene " handgemachten " Schilder anbietet. Der Internetshop hat seinen angegebenen Sitz in Rheda - Wiedenbrück im Kreis Gütersloh.

Nun kann sich jeder Fahrzeughalter sein rollendes Wohnzimmer neben dem Obengesagten, auch mit anderen Tinnef verzieren. Er kann es auch als großes Spielzeug für seine Testosteron gesteuerten Macho - Gelüste umfunktionieren. Er darf es auch als Waffe im täglichen Kampf der Pferdestärken verstehen und ähnlich dem gleichnamigen Computerspiel ausprobieren, wenngleich ihm hier durch die ordnungsrechtlichen Regeln enge Grenzen gesetzt sind.

Wenn allerdings die Symbolik einen eindeutigen Schluss zu einer faschistoid geprägten Gesinnung zulässt, könnte der Männerspass alsbald bedenkliche Züge annehmen. 

Die Österreicher und ihr nie so richtig abgelegtes braunes Gedankengut. Sie sind zu jeder Schandtat bereit, wenn es um ihren Nationalstolz geht und weil das böse Braune just aus Braunau am Inn kam, kann es bis heute so mancher biedere, wackere Krieger wider der Überfremdung nicht lassen, den wahren deutschen Ungeist aus den frühen 1930er Jahren bis heut hoch zu halten. Statt " Deutsch " wird dann eben völkisch - neutral, der Krieger auf dem Asphalt, der 38 - Tonnen - Lenker, der " Asphalt Krieger ".

Beim Rückweg stand er immer noch dort, der " Asphalt Krieger " aus dem Örtchen Gloggnitz in Niederösterreich und wartete auf seinen Einsatz. Vorwärts Kameraden, es geht zurück!

Während ich meine Einkaufstasche mit den Brötchen und etwas mehr nach Hause trug, fiel mir glatt das u.a. von Joan Baez in den 1960ern interpretierte Protestlied von dem US - Rassisten in Gestalt des LKW - Fahrers ein:


Joan Baez & Jeffrey Shurtleff  -  Drug Store Truck Drivin´Man  -  Live At Woodstock  1969:


  

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