99 Heißluftballons



Dieses irdische Leben verlangt von vielen Menschen, die sich geografisch besehen mehr oder minder auf der Luxusseite der Welt befinden, dennoch oft sehr große Entbehrungen ab. Es geht dabei nicht um so profane Probleme, wie das tägliche Hungergefühl zu besiegen, sich sauberes Wasser zu besorgen oder gar die Kleidung wechseln zu können, nein, hier sind andere, weitaus gewichtigere Fragen zu beantworten. Wie jene, was ich als Erdenbewohner gegen das biologische Altern, den langsamen, aber dafür steigen Verfall meines Körpers tun kann. Neben dem Kaschieren durch Daumen dick aufgetragene Kosmetika, dem Einwerfen von Präparaten aller Art, hilft häufig nur der Weg zum Arzt. Genauer gesagt, zum Schönheitschirurgen. Der kann dabei so einige Dinge am eigenen Leib wieder richten.

Davon ausgenommen ist jedoch die Hirnerweiterung. Da sind auch dem Meister der manipulativen Körperkunst die Grenzen klar und deutlich aufgezeigt.

 In vielen Fällen dürfte dieses eh kaum Nachteile mit sich bringen. Denn, wo nichts ist, hätte selbst der Chirurg seine Kunst verloren.

Außerdem wir ja behauptet, dass im Alter oder mit zunehmenden Alter, der Verstand, die Vernunft oder andere menschliche Eigenschaften nicht mehr ständig gefragt sind, wenn es darum geht, sein eigenes Dasein zu gestalten. Alter soll dabei mit Weisheit gleich zu setzen sein. Das gilt in der neueren Zeitrechnung nicht mehr.

 Hier grassiert bei vielen älteren Jahrgängen die permanente Angst schon innerhalb des bereits abgelaufenen Lebens vieles, ja eventuell gar viel zu vieles an sinnstiftenen Lebensinhalten verpasst zu haben. Deshalb begeben sich Hunderttausende auf Kreuzfahrtschiffen, noch mehr Wohlstandsbürger fahren mit rollenden Wohnzimmern durch die Gegend, deren Technik sie nicht verstehen und deren Motorleistungen sie nicht bändigen können. Und dann gibt es eben die Älteren - insbesondere Frauen - unter uns, die mit ihrem Aussehen weit nach der Vermehrungsschlacht so überhaupt nicht einverstanden sind und ihre Visagen straffen, liften und unterspritzen lassen.

Dieses Phänomen lässt sich insbesondere bei den Kulturschaffenden im Bereich von Schauspielerei und Musik häufig erkennen. Wenn dann noch die nahezu manischen Zwänge, den eigenen Namen und das Gesicht in der Berichterstattung der Medien wieder finden zu müssen, hinzutritt, ist es um die Altersweisheit nicht gut bestellt.  

Die Sängerin Gabriele Susanne Kerner alias Nena ist mittlerweile zarte 60 Jahre alt geworden. Ihre beste Zeit und die größten Erfolge liegen in den 1980ern als sie als Produkt der " Neue Deutsche Welle ( NDW ) " einen Ohrwurm und Chartstitel mit " 99 Luftballons " landen konnte. Das ist sehr lange her. Die Jahre, in denen die Deutsch - Pop - Interpreten im bunten Outfit und mit Vokuhila bis Sauerkraut - Frisur selbst den letzten Schrott einspielen und auf den hiesigen Bühnen ins Publikum stammeln durften, sind längst vorbei.

Auch der Schrammel - Punk und das Gedudel des New Wave aus England gehören längst der Vergangenheit an. Die auf Kommerz und Show - Gehopse orientierte  Musik ist indes nicht besser geworden, wohl aber vielfältiger. Da fällt es zunehmend schwer, sich aus der Masse hervor heben zu können. Weil eine pluralistische Industrie - und Konsumgesellschaft aber ständige Neuerungen einfordert, fällt es den alten Künstlern / Musikern nicht leicht, da mitzuhalten. 

Mama Nena indes will es noch mal wissen. Pünktlich zu ihrem 60. ließ sie eine Single mit dem Titel " Licht " veröffentlichen.

Nun, ja, weder der Text, noch der Rhythmus bieten wirkliche Neuheiten. Will sagen: Nena, so wie immer nach den " 99 Luftballons ". 

https://de.wikipedia.org/wiki/Nena

Was für mehr Furore sorgte als ihre veröffentlichte Kehlkopfakrobatik mit voll computerisierter Untermalung, war ein Instagram - Eintrag. 

https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/land-in-der-krise-demi-lovato-singt-gegen-trump-an-li.111599

Mag sein, dass die reifere Dame mit 60 dank ihrer veganen Lebensweise und anderen Manipulationen so aussieht als sei sie 55 1/2, doch der Verstand scheint damit nicht einher gegangen zu sein. 

Wer dieses Geschwurbel für bare Münze nimmt, verkennt dabei wohl, dass es der inzwischen abgelegten Mama aus Hamburg denn auch nur um Barschaften geht. Eine Single / ein Album in Zeiten von " Corona " herauszuwerfen, zeugt davon, dass dem Stillstand der Kultur durch eine Art von Trotzreaktion entgegnet werden kann. Doch nicht auf  Nenas Art. 

Vielleicht wäre es besser gewesen, sie hätte sich einen ihrer besungenen 99 Luftballons geschnappt, diesen mittels eines Bildbearbeitungsprogramms in einen Heißluftballon umgewandelt und wäre - virtuell - in ein sagenumwobenes, fremdes Land abgeflogen, in dem Milch und Honig in rauhen Mengen fließen. Die Erleuchtung wäre hier schon von ganz allein gekommen, ohne den dennoch hohen Aufwand betreiben zu müssen, der dieser altbekannten Grundmelodie mit leicht neuartigem und sparsamen Text ihres Tonträgers voraus gegangen war.


ANTHEM  -  Road To Nowhere  -  Immortal  -  2006:





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