In Dunkeldeutschland

 



Die deutsche Wiedervereinigung ist nun mehr als 3 Dekaden her. Seit dem hat sich sehr viel getan. Vor allem in den so genannten Ostländern, den Beitrittsgebieten, in Mitteldeutschland ( ? ).

Zirka 2, 4 Billionen ( 2.400.000.000.000. ) Euro sollen seit 1990 in die Gebiete von Brandenburg, Sachsen, Thüringen, Sachsen - Anhalt und Mecklenburg - Vorpommern geflossen sein, um dort infrastrukturelle Projekte, Maßnahmen oder Förderungen zu bewerkstelligen.

Viel Geld also, dass in das einstige Staatsgebiet der Deutsche Demokratische Republik geflossen, aber wieder durch Steuereinnahmen etc. zurück geflossen sein könnte. 

Hiermit ist in der Tat viel Sinnvolles, aber auch sehr viel Unsinniges finanziert worden. Die von Kohl, dem selbst ernannten Kanzler der Einheit oft zitierten und versprochenen " Blühenden Landschaften " zeigen sich dem Besucher denn auch nur bedingt.

Rundherum betrachtet hat die Deutsche Einheit jedoch durchaus sehr viel Positives mit sich gebracht. Wer sich allerdings einen " Garten Eden " erhoffte, de muss jetzt, also mehr al 3 Dekaden nach dem Zusammenschluss der BRD und der DDR zu D, enttäuscht abwenden. 

Ein Land in dem im wahrsten Sinne des Wortes " Milch und Honig fließt " wird es auch in den folgenden 10 Jahren nicht geben. Dazu waren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den ehemaligen deutschen Staaten zu unterschiedlich.

Und jenen wirtschaftlichen Unterschied konnte ich denn erstmals im Spätsommer 1990 mit eigenen Augen sehen, als ich einen kurzen und spontanen Abstecher in die jetzige Hansestadt Salzwedel vornahm. Damals waren noch Fragmente der Grenzanlagen zu erkennen, die 29 Jahre lang das Bild jener Region zwischen Wustrow, Luckau und Bergen an der Dumme prägten.

Hierzu habe ich bereits einige Posts eingestellt. Unter anderen auch diesen:

https://lobster53.blogspot.com/2011/08/wo-liegt-eigentlich-salzwedel.html

Irgendwann im Spätsommer 1994 fuhr ich dann ein weiteres Mal in das ehemalige Gebiet der DDR. Dieses Mal weiter in nordöstliche Richtung. Das Ziel hieß damals Schwinkendorf. Ein Dorf, das im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte im Bundesland Mecklenburg Vorpommern liegt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Schwinkendorf

Dazu existiert ebenfalls ein Beitrag in meinem Blog:

https://lobster53.blogspot.com/2016/12/wo-liegt-denn-schwinkendorf.html

An jene Fahrt durch das von den Wessis als Dunkeldeutschland verunglimpfte Teilgebiet der einstigen DDR erinnerte ich mich bruchstückhaft. Ich fuhr gegen 10.00 Uhr von Bremen - Stuhr über die Autobahn ( A 1 ) bis zum Autobahnkreuz Hamburg - Ost und hier auf die A  24 in Richtung Schwerin. Am Autobahndreieck Wittstock / Dosse ging es weiter auf die A 19 in Richtung Rostock.

Eigentlich lag ich noch gut in der Zeit. Doch ohne Navigationsgerät, hielt ich mehrere Mal auf Parkplätzen an, um auf mein Kartenmaterial zu sehen. Ich notierte mir danach auf einen Zettel den jeweiligen Streckenverlauf. So verging die wertvolle Zeit. Es war bereits 16.00 Uhr, als ich die über die  Abfahrt Malchow die A 19 verließ, um auf der B 192 zu gelangen. Die Herbstsonne verabschiedete sich langsam am Horizont, wo sie im Zeitlupentempo und glutrot leuchtend irgendwann verschwand. Es dämmerte bereits, als ich die Bundesstraße 192 aus Richtung Waren kommend verließ, um dann auf die B 108 zu gelangen. Ich hatte mich allerdings verkalkuliert. Deshalb verkalkuliert, weil ich für die noch verbleibenden 22,3 Kilometer nicht - so wie heute berechnet - 20 Minuten benötigte, sondern weit mehr als eine halbe Stunde.

So brachte mich der Mazda 626 2, 2 Kombi in dunkelrot von Waren nach Moltzkow. Die Strecke verläuft hier von Krähenberg über Marxhagen bis Sommerstorf durch Teile eines Forstes und zeigt sich als Anhöhe ( Krähenberg / Passee ). Damals, als viele derartiger Straßen noch nicht vollständig ausgebaut waren, bedeutete dieses alle Male - vorsichtig fahren!

So zuckelte ich denn auf der Allee artigen Teilstrecke bis Moltzkow mit 50 Km/h entlang und benötigte bis zu jenem Ort satte 20 Minuten. Die Sonne war am Horizont verschwunden. Die Dämmerung setzte ein. Die unbeleuchtete Strecke sah bald wie ein grüner Tunnel aus. Ich erreichte den Ort Moltzkow. Moltzkow in Mecklenburg - Vorpommern. Zuvor hatte ich von dem Ort nie etwas gehört.

Es gibt aber längst einen " wikipedia " - Eintrag:

 https://de.wikipedia.org/wiki/Moltzow   

 Nur 348 Einwohner leben ( eher lebten ) dort. Vielleicht waren es vor knapp 3 Jahrzehnten einige mehr?  Der Ort war grau. Grau und zudem dunkel. Aber nicht dunkelgrau. Es waren Fassaden in jenem typischen DDR - Grau. In diesem elendigen Beton grau. In dem Grau des abgeschafften real existierenden Sozialismus. Auf den Gehsteigen war niemand zu sehen. Auch sonst begegnete mir kein Mensch, kein Fahrrad, kein PKW.  Es wurde immer dunkler als ich in Moltzkow rechts auf die K 8 abbog. 

Ob das gesamtdeutsche, gelbe Verkehrsschild schon zu jener Zeit mich auf die mit der K 8 verbundenen Orte " Schwinkendorf - Rambow - Ulrichshusen " hinwies, kann ich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. In Erinnerung jedoch geblieben sind meine aufkommenden Bedenken, ob ich je in Schwinkendorf heile und pannenfrei ankommen werde. Auf den Feldern links und rechts der Bäume legte sich die Dunkelheit wie ein Teppich. Die Ernten waren längst eingefahren, die Böden gepflügt. Das nächste Frühjahr konnte also kommen. 

Es waren nur noch schlappe 7 Kilometer bis Schwinkendorf. Ich bog in Rambow scharf rechts in die Kurve ein. Die K 8 war immerhin frisch asphaltiert und sah im Gegensatz zu den wenigen Häusern so aus, wie ich es von den überwiegenden Teilen Westdeutschlands kannte. Wäre nicht die fehlenden Straßenbeleuchtung, ich hätte glauben können, ich befände mich in Heeßen, Bad Eilsen oder Luhden; in Ahnsen, Buchholz oder Steinbergen. In den Kaffs meiner Kindheit, also.

So aber fuhr ich mehrere 100 Kilometer entfernt durch die Pampa Mecklenburgs. Die landschaftlich reizvolle Gegend, rund um Waren an der Müritz, bereitete mir keine ernsthaften Probleme, wenn es darum ging, mir selbst klar zu machen, dass Land eben nicht Stadt ist und Schwinkendorf nicht Bremen sein konnte.

So fuhr ich denn die letzten 7 Kilometer auf der neu asphaltierten, wenn auch zwischen den Allee artig angepflanzten Bäumen, Kreisstraße K 8 durch Lupendorf in den Ort meiner Begierde ein. Schwinkendorf.    

https://de.wikipedia.org/wiki/Schwinkendorf

Die Herbstsonne war längst am Horizont entschwunden. Die Dunkelheit legte sich wie ein Mantel über die Landschaft als ich den Reiterhof, der damals von den Eheleuten G. bewirtschaftet und geführt wurde, befuhr. Ich blieb nicht - wie von dem Automobilmagazin der Latrinen - Zeitung vormals beschrieben mit einem technischen Defekt irgendwo im Nirgendwo liegen. Die angeblichen, erheblichen Mängel an dem damals größten Fahrzeug des japanischen Herstellers Mazda waren für mich gar keine. Die gekauften Dummköpfe aus der " Auto Bild " erzählten Schauermärchen. So stellte ich das Fahrzeug auf dem Hof ab und begab mich dorthin, wo alle Gäste waren: In der Reiter - Klause.

Es war draußen dunkel, in Dunkeldeutschland. Dort aber nicht!  

  


KANOI & KRPL  -  Sunlight Travels Very Fast  -  Das blutige Samenkorn  - 2016:

 




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?