Tromso - Palme



Gestern entdeckten wir bei einer kleinen Pause während unseres Laufes rund um den Hollener See eine aus dem steinigen Boden hervor sprießende Kolonie von Gewächsen, die wir zunächst als Bärenklau ausmachten. Doch, es waren keine Sprösslinge jener, giftigen Pflanze, die längst zum Ärgernis so manches Kleingärtners geworden ist.

Es ist die Schafgarbe, die hier aus dem sandigen -  oder kiesigen Boden hervor lugt.

https://unkraeuter.info/achillea-millefolium-schafgarbe/

Die Schafgarbe zählt  zu den Heilkräutern.

https://de.wikipedia.org/wiki/Schafgarben

Während ich die Pflanzenkolonie betrachtete, erinnerte ich mich an eine Norwegen - Fahrt im Spätsommer 1977. Auf den Route in Richtung Nordkap fuhren wir damals an Tromso vorbei. Einer nordnorwegischen Stadt mit mehr als 70.00 Einwohnern. Hier wachsen und gedeihen Pflanzen einer mit dem Riesen - Bärenklau verwandten Art, die als Golpar ( https://de.wikipedia.org/wiki/Golpar  ) geführt wird, besonders üppig. Der Grund hierfür sind die dortigen, spezifischen Bodenverhältnisse.

In Nordnorwegen bezeichnen die Bewohner jene Art des Bärenklau als " Tromso - Palme ", denn einzelne Pflanzen können bis zu 280 cm hoch wachsen. 

Die aus Persien, dem heutigen Iran, stammende Pflanze wird dort zur Heilung sowie als Gewürz genutzt und gilt damit als nützlich. Auch wenn diese Art in den Ländern der EU kaum bis überhaupt nicht vorkommt,  gilt der Golpar als " unerwünschte Spezies. Eigentlich müsste der Golpar als Nutzpflanze klassifiziert werden, weil die Pflanze jedoch heimische Arten verdrängt, ist er hier nicht gern gesehen.

Auch der artverwandte Riesen - Bärenklau ( https://de.wikipedia.org/wiki/Riesen-Bärenklau ) wird in den europäischen Ländern nicht gern gesehen und größtenteils massiv bekämpft. Die Pflanzen des Riesen - Bärenklaus. Die Pflanze entwickelt nämlich  phototoxische Eigenschaften und kann bei einer ungeschützten Berührung zu erheblichen Hautverätzungen führen. Doch: Die Wuchshöhe des Riesen - Bärenklaus ist bei mehr als 3 Metern imposant.

Der auch als Herkulesstaude ( Heracleum ) bekannte Doldenblütler, dessen Ursprungsgebiet im Kaukasus bestimmt wurde, wird - wie andere invasive Pflanzen - aufgrund einer gesetzlichen Festlegung in Norwegen intensiv bekämpft und soll ausgerottet werden. Hierfür wendet das skandinavische Land bis zu 450 Millionen Euro jährlich auf.

Als ich hierzu einen ins Netz gestellten Artikel in der " taz " las, erinnerte ich mich an ein Erlebnis aus meiner Studienzeit in den 1980er Jahren. 

In den Häusern und Gebäuden Westdeutschlands zog langsam, aber dafür sicher und mit hohen Kosten verbunden, das Kabelfernsehen der Deutschen Bundepost ein. Die terrestrischen Empfangsanlagen wurden sukzessiv abgebaut und auf den Müll geworfen. Jene Monstren, die nicht überall in der BRD einen störungsfreien Empfang garantierten, gehörten zum überwiegenden Teil bald der Vergangenheit an. 

So auch jenes mehr als 2 Meter lange UHF / VHF - Monstrum, das auf dem Dachboden meiner Eltern nach seiner Stilllegung sein Dasein fristete. Doch es wurde bald wieder belebt, denn ein Studienkollege und Mitbewohner des " Mensa - Wohnheims " an der Universität Bremen, der sich brennend für Empfangstechniken interessierte und deshalb eine Mini - Antenne auf seinem Beton - Balkon installiert hatte, bat mich, die ausrangierte Antenne beim nächsten Besuch bei meinen Eltern, mitzubringen.

Gesagt, getan.

Ich würgte das dann zerlegte Leichtmetall - Utensil in meinen blauen R4 und fuhr an einem Sonntagnachmittag von Heeßen zurück nach Bremen. Hier übergab ich die Antenne dem Mitbewohner Lothar G., der einst im 6. Stock des Wohnheimes vegetierte. Lothar freute sich wie ein kleiner Junge und begann bereits am folgenden Tag mit der Montage der Riesenantenne.

Mit Erfolg, denn bereits einige Tage später konnte er damit Sender aus Dänemark, den Niederlanden und Skandinavien empfangen. Natürlich auch die - ehe ungeliebten - beiden DDR - Programme. Seit dem besuchte ich Lothar regelmäßig, um mich darüber zu amüsieren, wenn er mit Akribie eine Millimeter genau Justierung des Antenne - Monsters vornahm und so fremdländische Sende in seinen tragbaren Schwarz - Weiß - Fernsehgerät sehen durfte.

Eine schönen Sommertages, es herrschte wohl wieder eine so genannte Inversionswetterlage, konnte wir doch tatsächlich Sendungen des norwegischen Fernsehens NRK I empfangen. Und sahen dort einen Bericht über die Bekämpfung jener unerwünschten Bärenklau - Population in der Nähe von Tromso. Mitarbeiter in beinahe futuristischen wirkenden Schutzanzügen schnitten Unmengen von Stauden, die Hundertmeter lang am Straßenrand wuchsen mit Handsicheln ab, warfen diese auf den Asphalt, wo eine eigens dafür abgestellte Walze herüber fuhr, und den Pflanzen damit den Garaus machte.

Eine seltsame, aber durchaus effektive Vernichtungsmethode, denn die Walze presste aus den Stängeln die Feuchtigkeit ( den Saft ), so dass sie vertrockneten. Wir verstanden einst nur " Bahnhof " und amüsierten uns über die " Schwachsinn ", der da auf dem Bildschirm aus mehr als 2.000 Kilometern Entfernung kommend zu sehen war.

Mehr als 40 Jahre später erscheint mir die damalige Bekämpfungsmethode des unerwünschten Eindringlings als durchaus sinnvoll. Es wurde nämlich keine teure Chemie eingesetzt, die einst noch giftiger war als die zu vernichtenden Pflanzen selbst ( soweit es sich um den Riesen - Bärenklau handelte ). Irgendwann danach las ich dann einen Artikel über die gravierenden Probleme wegen der nicht mehr kontrollierbaren Ausbreitung des Golpar und des Riesen - Bärenklau in der nordnorwegischen Region um die Stadt Tromso. Die Stauden verdrängten dort große Teile der heimischen Populationen. Der Wildwuchs der Tromso - Palme war eben nicht erwünscht.          

   

SPIRAL ARCHITECT  -  Insect  -  A Sceptic´s Universe  -  1999:




  

 





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