Die Mähdrescher - Brigade aus Wittenförden

Die untergegangene DDR hatte ja so ihre Besonderheiten. Es gab ein - glücklicherweise - einheitliches Schulsystem. Es gab kaum Verkehrsunfalltote, keine Heroin - Drogentote und einen sehr kostspieligen Überwachungsapparat, von dem der englische Schriftsteller George Orwell in seinem damals noch müde belächelten Zukunftsroman " 1984 " nur hätte träumen können. Die Arbeitslosigkeit tendierte gen Null, denn es bestand eine gesetzliche Arbeitspflicht und Zuwiderhandlungen wurden strafrechtlich als " asoziales Verhalten " eingestuft und sanktioniert ( § 249 Strafgesetzbuch / DDR ).

Weil der Staat und dessen Planwirtschaft permanent Arbeitskräfte benötigte, um die vielfältigen Aufgaben erfüllen zu können, kontrollierten eingesetzte Funktionsträger innerhalb des Überwachungssystems die bestehende Arbeitspflicht nahezu lückenlos ( https://www.mdr.de/geschichte/ddr/politik-gesellschaft/asozialenparagraph-arbeitslos-opposition-arbeitslager-zwangsadoption-100.html ).

Ein weiteres Mittel den Arbeitskräftemangel aufzufangen war die konsequente Integration von Frauen in sämtliche Ausbildungs - und Berufszweige. Das galt insbesondere auch für die Landwirtschaft und die dort gegründeten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft ( LPG ).

So kam es nicht von ungefähr, dass Frauen an sämtlichen dort eingesetzten Maschinen ausgebildet wurden. So auch an den irgendwann ab den 1950er Jahren aus der UdSSR bezogenen , rieisgen Mähdrescher. 



Die auch hier zusammengefügten Arbeitsgruppen nannten sich -  aus dem Militärjargon abgekupfert - dann " Brigade/n ". Von einer jener " LPG - Brigaden ", die im einstigen Bezirk Schwerin gegründet wurde, handelt ein NDR - Beitrag, der am vergangenen Wochenende ( 20. / 21.05. 2023 ) zu sehen war:



Hierin schildern einstige Mähdrescherführerinnen Erlebnisse aus dem Arbeitsalltag im real existieren Sozialismus. Was für BRD - Frauen vormals noch nahezu undenkbar gewesen wäre, stellte sich bei ihren Schwestern in der DDR als existenzielle Notwendigkeit dar. Ohne Frauen als Arbeiterinnen in der Landwirtschaft wären die geplanten Ernteziele nicht einmal ansatzweise erreicht worden. Die Gründe für diese Frauenarbeit waren vielfältig ( es gab nach Ende des II. WK zu wenig Männer, viele Männer verließen die DDR in Richtung Westen, weil die Arbeits - und Verdienstmöglichkeiten größtenteils besser waren, nach Errichtung der gigantischen innerdeutschen Grenze 1961 ff, mussten Männer abkommandiert werden, um diese zu überwachen ).

Frauenarbeit in so genannten, angestammten und besser bezahlten Männerberufen waren deshalb keine Seltenheit. Das galt nahezu uneingeschränkt eben auch in der DDR - Landwirtschaft. Dass sich dadurch zwar der Arbeitskräftemangel partiell beheben ließ, jedoch die Effizienz diesen Wirtschaftszweigs nicht gleichermaßen gesteigert werden konnte, wurde allerdings in den  staatlichen Propaganda - Shows des DDR - Fernsehens, den Berichten des Rundfunks  sowie der gleichgeschalteten Presse ausgeblendet. Die aus der Sowjetunion bezogen Erntemaschinen waren nicht selten überdimensioniert und somit eher  nicht effizient; zudem auch zu schwer und blieben im Morast stecken oder verdichteten beim Einsatz den Boden derart, dass dieser mit Pflügen aus der UdSSR, die ihn wiederum tiefer ausbringen konnten, aufgelockert werden musste, was wiederum dazu führte, dass bei minderwertiger Bodenbeschaffenheit zu viele Steine aufgeworfen wurden, die schlussendlich wieder abgesammelt werden mussten.

Nein, die DDR - Landwirtschaftsbetriebe konnten ab den 1960ern bis zum bitteren Ende nie mit jener aus dem Land des Klassenfeindes, der BRD also, mithalten. Auch von daher war es erforderlich, die Frauen als Arbeitskraft einzusetzen. Und just dieses wurde auch bei den Mähmaschinenfahrer / innen praktiziert. Das verkaufte dann die DDR - Staatsführung als grundlegende Errungenschaft des Sozialismus. Wobei diese der Garant für die Umsetzung der Frauenechte sein sollte. Vornehmlich auf dem Gebiet der beruflichen Gleichstellung und der Lohngerechtigkeit. Okay, es waren sicherlich nicht nur hohle Phrasen, die die Staats - und Parteigranden dort ständig droschen, aber die Realitäten im real existierenden Sozialismus der DDR ließen es eben nicht zu, dass Frauen - so wie in der BRD bis weit in die 70iger Jahre hinein - in der Ökonomie keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle spielen mussten.

Mähdrescher, Stapler oder andere Maschinen fahrende Frauen waren somit die Regel, nicht die Ausnahme. Und es gab sie damit zuhauf, so, wie es die Brigade aus Wittenförde / Schwerin noch bis nach dem  viel zitierten Wendejahr 1989 gab. Die hoffnungslos rückständige DDR - Planwirtschaft benötigte diese Frauen dringend, damit nicht nur die Mähdrescher sowie die Landwirtschaft, sondern die gesamte DDR - Nationalökonomie überhaupt weiter lief.




VERMA  -  Drift  -  The Bungle  -  2012:






           

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?