Der hebende Glassauger - Kran
Auf dem gegenüber liegenden Baustellegebiet, das als Eching - Ost in die Annalen der demnächst 1.250 Jahrfeier begehenden Gemeinde eingehen wird, herrscht zurzeit hektisches Treiben. Überall wird gebaggert, gehämmert und Material gehoben. Mit mehr als haushohen Kränen hieven einige Arbeiter schwere Paletten in luftige Höhen, um sie dann wieder auf die Fundamente, die Decken oder Gerüste nieder gehen zu lassen.
Das sieht für einen Außenstehenden sehr imposant aus, vor allem dann, wenn dieser - so wie ich - noch Zeiten in Erinnerung hat, in denen der Bauarbeiter, der Maurer, der Zimmermann, der Dachdecker usw. ohne großartige Technik malochen musste, weil es diese eben noch nicht gab.
Inzwischen zählen Hilfsmittel zum Bewegen von Lasten, wie Kräne, Hubwagen und ähnliches Gerät längst zur Grundausstattung bei dem Bau eines Hauses. Kräne, die beispielsweise 80 Tonnen und mehr hieven können, sind keine Seltenheit. Auch solche nicht, deren Aufbau 80 Meter und darüber hinaus gehen können. Der moderne Hausbau präsentiert nämlich kaum noch die einst geforderte Manneskraft, sondern eher High Tech - Konstruktionen, deren Wert den eines zu errichtenden Einfamilienhauses locker um das Doppelte übersteigt.
Das war am gestrigen Dienstag bei dem Einbau der mindestens 2 mal 3 Meter großen Glasfenster mit Alu - Rahmen wohl nicht der Fall. Die eher kleine Glaserei oder Glasbaufirma aus Dingoldfing - Landau ( amtl. Kennz.: DGF ) hatte einen Klein LKW angefahren, auf den ein so genannten Glassauger montiert war.
Während ich die beiden aus Niederbayern kommenden Arbeiter interessiert dabei beobachtete, wie sie mittels einer verkabelten Fernbedienung den mit mehreren Gelenken bestückten Kran bewegten, um eine der vielen größeren Alufenster zum Einbau in das noch längst nicht fertig gestellte Haus zu transportieren, erinnerte ich mich an jenen Wintergartenanbau, der einst von meinen Eltern in Auftrag gegeben wurde.
Für das mehr als 80.000 DM teure Projekt musste eine Fachfirma aus dem 50 Kilometer entfernten Bielefeld angeheuert werden. Einen Anbieter im Landkreis Schaumburg gab es damals, also vor mehr als 40 Jahren nicht und jene aus der Landeshauptstadt Hannover waren zu teuer. Der Anbietermarkt zeigte sich zu Beginn der 1980er Jahre als sehr überschaubar. Somit musste der Wintergartenanbau denn auch langfristig vorbereitet werden. Nach längerem Vorgeplänkel rund um einen einzureichenden Bauantrag, dessen Erfordernis zwar mein als gelernter Maurer kundiger Vater erkannte, wohl aber nicht die Bielefelder Fachfirma, durfte dann die Aktion Wintergartenanbau im Sommer 1982 los gehen.
Es war nicht nur ein schwieriger Projektbeginn, denn ich musste einige Briefe an die Baubehörde und die Bielefelder Firma verfassen, sondern zudem waren umfangreiche Eigenleistungen zu erbringen. Das alte Terrassengeländer nebst Verkleidung war abzumontieren, zu entsorgen und hierauf ein Fundament zu gießen. Da stand ich nun am Betonmischer und zählte fleißig drei Schaufeln Sand, eine Schaufel Zement, dazu zirka 1 Liter Wasser und eine halbe Schaufel Kalk.
Danach wurde die Mischung auf die zuvor mit Schalungsbrettern begrenzte Fläche aufgetragen. Später musste das Fundament noch trocknen. Trotz des vorhandenen Betonmischers war es auch ein Knochenjob.
Erst Monate später tauchten dann die Monteure mit den Metall - Glas - Elementen auf. Wenn ich meine freiwillige Arbeit schon als sehr anstrengend empfand, dann war jene der Monteure aus Bielefeld noch härter. Sie mussten die Zentner schweren Glasscheiben und Metallfassungen hierfür per Hand zum hinteren Teil des Hauses wuchten. Lediglich ein Hubwagen unterstützte die Mitarbeiter dabei.
Und so kam es, wie es dann kommen musste: Die schwere Glas - Metall - Schiebetür war dann doch zu viel. Sie rutschte von dem Hubwagen herunter, kippte zur Seite und schlug auf den Betonfußboden auf, wo sie in Tausend Teile zersplitterte. Das war es dann mit der erhofften Einweihung des Wintergartens. Eine Ersatztür ließ einige Tage auf sich warten. Und als diese geleifert wurden, standen statt zwei dann doch vier Mitarbeiter parat, um das Monstrum zum Wintergarten zu hieven.
Damals war es eben noch knüppelharte Knochenarbeit, die bei derartigen Projekten erforderlich wurde. Solche Errungenschaften, wie der Glassauger - Kran nebst Aufbau gab es eben längst noch nicht.
Ich verließ den Beobachtungsplatz im Garten und ging zurück in das Haus. Hätte ich den beiden Mitarbeitern der Glasbaufirma von dieser Geschichte aus den 1980er Jahren erzählt, sie würden mich dabei mit großen, ungläubigen Augen ansehen. So was gibt es doch gar nicht? Doch, das gab es sehr wohl, weil es solche Techniken eben nicht gab!
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