Nicht voll integriert? Petra Köpping und ihr Buch " Integriert doch erst mal uns ".
Das ablaufende Jahr 2023 hat ja so manche Überraschung für uns alle bereit gestellt. Hierzu zählt wohl auch das Buch des Herrn Dirk Oschmann mit dem provokanten Titel " Der Osten: eine westdeutsche Erfindung ", mit dem er zunächst medial ordentlich Staub aufwirbeln durfte.
Seit geraumer Zeit ist es aber nun ruhiger um den Herrn Professor der Universität Leipzig geworden. Die an der Problematik Ost / West interessierten Menschen haben zur Kenntnis genommen, dass Herr Oschmann durchaus eine Streitschrift verfasst hat, in der sich viele vor der so genannten Wende Sozialisierte wiederfinden.
Das hat vor ihm allerdings auch Petra Köpping mit ihrem Buch " Integriert doch erst mal uns " getan. Sie beschrieb bereits vor 5 Jahren, wie sie selbst jene dramatischen und das Leben verändernden Nachwendejahre erlebte.
Mein kleiner Freund " Chat GTP " fasst dazu zusammen:
Köpping beschreibt die verheerenden Folgen der Treuhand-Politik, die zu Massenentlassungen, Betriebsschließungen und Privatisierungen führte. Sie kritisiert den Elitenaustausch, der dazu führte, dass die meisten Schlüsselpositionen im Osten von Westdeutschen besetzt wurden. Sie thematisiert die Abwertung von Berufsabschlüssen und den Verlust von Betriebsrenten, die viele Ostdeutsche in die Altersarmut trieben. Sie beklagt den Generalverdacht politischer Rückständigkeit, der auf den Ostdeutschen lastet, weil sie in einer Diktatur gelebt haben.
Köpping macht deutlich, dass diese Probleme nicht nur die Vergangenheit betreffen, sondern auch die Gegenwart und die Zukunft. Sie sieht in den unbewältigten Demütigungen, Kränkungen und Ungerechtigkeiten eine wesentliche Ursache für die Wut, den Frust und den Rechtspopulismus im Osten. Sie warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft und einer Gefährdung der Demokratie. Sie appelliert an die Solidarität und den Respekt zwischen Ost und West. Sie schlägt konkrete Maßnahmen vor, um die Situation im Osten zu verbessern, wie zum Beispiel eine Rentenangleichung, eine Aufarbeitungskommission, eine Ostquote und eine Stärkung der Zivilgesellschaft.
Köpping schreibt aus eigener Erfahrung, aus politischer Überzeugung und aus gesellschaftlicher Verantwortung. Ihr Buch ist eine Streitschrift, die zum Nachdenken und zum Dialog anregt.
Okay, für die Mehrzahl der Deutschen mit DDR - Hintergrund war jene Zeit ab 1990 mit einem Biografiebruch verbunden. So auch für die Autorin des benannten Buches. Nichts bliebt so, wie es einmal war. Nicht wenige fühlten sich von der BRD, von Westdeutschland, okkupiert. Hier wird denn eigentlich nur ein Teil jener von Frau Köpping erlebten Ereignisse in Form einer Reminiszenz wieder gegeben, die sich nach 1989 / 1990 ff auf beiden Seiten der damals noch vorhandenen innerdeutschen Grenze beschrieben. Aber, die Wiedervereinigung war auch für viele eine Art von Zusammenbruch und Neuanfang. Ein Beginn eines anderen Berufs - und damit verbundenen Alltagsleben deshalb, weil sich viele Gepflogenheiten änderten. Altbekanntes verschwand auf Nimmerwiedersehen, Neues entstand fast zeitgleich.
Das bereitete zumeist Probleme. Angstgefühle mehrten sich. Für so manchen gab es aber auch eine Zukunft, ohne dass die Vergangenheit abgelegt werden musste.
Diese Menschen hatten sich bereits einige Jahre nach der Wiedervereinigung in das " neue " Leben, dass nicht selten mit dem alten einherging, eingegliedert. Sie waren und sind es noch: Integriert!
Für jene Mitbürger, die längst zu der Mehrheit der in der DDR Geborenen zählen, die die Abwicklung des Alten mitsamt der damit entstandenen Verwerfungen im eigenen Leben längst überwunden haben, dürften solche Bücher allenfalls nostalgischen Charakter besitzen.
34 Jahre nach den Protestmärschen in der DDR und deren dabei eingeleiteten Niedergang können solche Bücher nur einen Teil der gesellschaftlichen Entwicklung jener Teile Deutschlands wiedergeben, die sich nicht mit deren Wandel abfinden wollen und zum Teil in verklärenden Erinnerungen schwelgen. Ja, die Abwicklung der DDR - Ökonomie durch die Treuhand lief allenfalls suboptimal, weil der einzelne Betroffene nicht mitwirken durfte und nur Spielball der sehr oft widerstreitenden Wirtschaftsinteressen war.
Infolgedessen verzeichnen gerade die einstigen DDR - Bürger eine Abwertung ihres sozialen Besitzstandes und der daraus folgenden Tendenz einen Minderwertigkeitskomplex aufbauen zu müssen. Unter dem Begriff " Bürger zweiter Klasse " verstehen sich immer noch viele Bürger der ehemaligen DDR.
Das Buch von Frau Köpping wurde drei Jahre nachdem " Pegida " in Dresden über viele Monate zum Synonym von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus wurde, veröffentlicht. Die Bachmann´schen Wüteriche sind zwar längst kein Faktor in dem breiten, überwiegend rechtsradikalen politische Spektrum Sachsens, dennoch dürften die von Frau Köpping angerissenen Problem nach wie vor aktuell sein. Statt " Pegida " hat die AfD als Partei den faschistoiden Bodensatz in beinahe allen Bundesländern aufgesogen. Wobei diese in den so genannten neuen Bundesländer einen prozentual höheren Wähleranteil verzeichnen kann.
Die von der Autorin mit Buchtitel aufgeworfene Frage nach dem Grad der Integration der einstigen DDR - Bürger dürfte eigentlich obsolet geworden sein, denn als Forderung lässt sie sich nicht in politisches Handeln umsetzen und als Feststellung dürfte sie nicht den Gesamtzustand der Menschen in Gebieten des einstigen zweiten deutschen Staates wieder geben.
Integration ist nur dann möglich, wenn ein fester Wille jedes Einzelnen dahinter steht. Der kann nicht durch staatliche Institutionen beeinflusst werden. Schließlich war der " Beitritt " des vormals eigenständigen Staates DDR zu der BRD und die daraus resultierende Verschmelzung zu Deutschland ein parlamentarischer Akt. Die Integration vollzog sich de jure durch den Einigungsvertrag vom 31. August 1990 und de facto durch die daraus resultierenden sozialen und wirtschaftlichen Änderungen.
Damit hat die Integration ihr Ende gefunden. Oder auch nicht?
SPACE DEBRIS - Behind The Gates - 2017:
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