Mord verjährt nie, aber...


 

Über die Verjährung von schweren Straftaten gibt es im deutschen Strafgesetzbuch ( StGB ) ein Gesetz, nämlich das des Paragrafen ( § ) 78. Und dieser sieht in seinem Absatz 2 vor, dass Mord ( § 211 StGB ) nicht verjährt.

Hierüber wurde seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland ( BRD ) häufig und auch heftig gestritten; zuletzt 1979. Hiernach novellierte der Bundestag in Bonn durch entsprechende Änderungen des StGB die Vorschrift des § 78 ( https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/293285/das-ende-der-verjaehrungsdebatte-warum-mord-nicht-verjaehrt/ ).

Da Taten, die unter § 211 StGB zu subsumieren sind eben nicht einer Verjährung unterliegen, können sie auch nach Jahrzehnten verfolgt werden. Allerdings gib es hierbei eine weitere, von dem Gesetzgeber gewollte Ausnahme. In einem Fall, in dem ein des Mordes Angeklagter in einem Strafverfahren rechtkräftig freigesprochen wurde, ist eine spätere Wiederaufnahme des Falls selbst dann nicht mehr möglich, wenn neue, belastende Beweise vorliegen sollten.

Aus Artikel 103 Absatz 3 des Grundgesetzes ( GG ) darf niemand für ein und dieselbe Tat mehrmals bestraft werden ( https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_103.html ).

Diesem Postulat folgend, erließ der Gesetzgeber die Vorschrift des § 362 der Strafprozessordnung, die da besagt, dass eine nicht der Verfolgungsverjährung unterliegende Straftat, wegen derer eine rechtskräftige Verurteilung ( zu ungunsten des Angeklagten )  erfolgte, unter bestimmten - sehr restriktiven Voraussetzungen - zulässig ist.

https://dejure.org/gesetze/StPO/362.html )

Bedingt durch eine exzessive mediale Berichterstattung zu und über so genannte Cold Cases, von denen es hierzulande eine Reihe gibt, die beinahe ausschließlich nicht gelöste Mordtaten erfassen, hat die einstige Große Koaltion mit Wirkung zum 30. Dezember 2021 den § 362 der StPO um den Absatzes 5 erweitert. Hiernach können " Mordfälle " auch nach einer rechtskräftigen Entscheidung,dann wieder aufgenommen werden, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, die - grob formuliert - einen vorherige Freispruch nachträglich aufheben werden.

Dass diese Vorschrift an den Grundfestens der dem heisigen, dem demokratischen Rechtsstaat, immanenten Fair Trail rüttelt, dürfte nicht nur Strafrechtsdogmatikern und Verfassungsrechtler klar sein. Eines Tages, wird demnach auch ein vor langer Zeit rechtskräftig freigesprochener Mörder seiner gerechten Strafe zugeführt. Selbst dann noch, wenn ihn zuvor 2 Instanzen und jeweils 3 bzw. 5 erfahrene Berufsrichter nicht wegen Mordes verurteilen und die Staatsanwaltschaft ihn dessen nicht überführen konnten.

Der einstige Angeklagte hatte zum damaligen Zeitpunkt einen Anspruch auf eine faires Verfahren. Dieses ist ihm gewährt worden. Wenn nunmehr im Nachhinein ( ex tunc ) der Gesetzgeber Vorschriften dahingehend ändert, dass er sich gegen neu eingebrachte Beweismittel erwehren muss, kann dieses weder im Sinne eines Fair Trail zu sehen sein, noch entspricht es der Einhaltung des Verfahrensgrundsatzes " Ne bis in idem " ( auch bis de eadem re ne sit actio )

https://de.wikipedia.org/wiki/Ne_bis_in_idem#:~:text=Ne%20bis%20in%20idem%20‚nicht,Chr.)     

 Nun war klar, dass die Angehörigen des in dem vom Bundesverfassungsgericht ( BVerfG ) zu entscheidenden Fall und wohl auch eine Vielzahl anderer juristischer Laien die Karlsruher Entscheidung völlig anders sehen.  

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/bvg23-094.html

Von der rein menschlichen, der moralischen Seite aus betrachtet mag dieses Urteil als " Skandal " bewertet werden, ein Mörder muss bestraft werden. Von der rechtsdogamtischen Seite aus, ist jene Entscheidung aber absolut nachvollziehbar. Eine Vorschrift, die gegen Verfassungsrechte verstösst, ist eben verfassungswidrig und damit nicht mit den allgemeinen Rechtsstaatsprinzipien in Einklang zu bringen, die sich vornehmlich aus den Grundrechten ergeben. Die Rechtssicherheit zählt dazu.

Da mag der einstige sächsischee Justizminister Geert Mackenroth in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des " Weißen Ring " im Freistaat Sachsen  herum zetern, wie er will, um die unisono nur eine marginale Anzahl jener Cold Cases, in dieser Form einer nachträglichen justiablen Wertung zuzuführen, hätte es vonehmlich einer Grundgesetzänderung bedurft. Die ist eben nicht erfolgt.Somit muss jener Absatz 5 des § 362 StPO als eindeutig nicht grundgesetzkonform anzusehen sein.


WHITE MANNA  -  Welcome To Freedom Freeway  -  Come Down Safari  -  2014:




   



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