Eisregen
Nach dem bäuerlichen Traktorengemetzel, das zu Chaos auf den Autobahnen, den Landstraßen und in den Innenstädten führte, dem obligatorischen Lokführer - Streik der beinahe einen Stillstand des öffentlichen Nahverkehrs mit sich brachte, ereilte das Leid geplagte Land im Herzen Europas eine weitere Variante der Unbills, nämlich das Winterwetter.
Irgendwo aus der Tiefe des atlantischen Raumes braute sich eine Mischwetterfront zusammen, die zunächst statt Schnee und frostigen Temperaturen, den nicht erwünschten Regen mit sich führte. Regen trifft auf Frostboden? Das erbringt dann die unangenehme Nebenwirkung mit dem Namen Glatteis.
Und auf diese vereisten Flächen fiel dann über heute Nacht Schnee. Eine abartige, eine Albtraum mäßige Konstellation, die jeden motorisierten Bürger den Flunken am Bremspedal erstarren lässt. Doch Bremsen hilft nicht, wenn der Untergrund, auf dem das Gefährt dahin schleichen soll, die Gestalt einer Eisrevuefläche angenommen hat. Da hilft dann nicht einmal mehr Beten.
So lauschte ich dann ab 5.30 Uhr mit einem gerüttelt Maß an Schadenfreude und Verzückung, wie der Nachrichtensprecher der Radiosendung " ARD Infonacht " aus dem fernen Hamburg in stoischer Ruhe die Chaosmeldungen von Autobahnen in Hessen, Rheinland - Pfalz und Sachsen über den Äther schnarrte.
Eis - und Schneeglätte auf den Autobahnen A 4, A 5 und A 7 us. usf. lauteten die viertelstündlichen Meldungen. Dazu gesellte sich eine Nachricht, die den perfekten Albtraum eines jeden Mobilisten darstellt: In einem Stau bei Frankfurt am Main standen Tausende Fahrzeuge seit Mitternacht und froren um die Wette. Der Grund hierfür war auch in dem eingetretenen Eisregen zu sehen, der allerdings bereits einen Tag davor von sämtlichen Wetterdiensten vorausgesagt worden war. Deshalb folgte die Empfehlung mit dem Allerwertesten zu hause zu bleiben. Doch: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der bundesdeutsche Autofahrer dürfte dieses alle Male sein. Wie die Lemminge folgten sie ihrem Schicksal und ließen sich vom angedrohten Eisregen auf den Bundesautobahnen in " Geiselhaft " nehmen.
Warum in der warmen Stube bleiben, wenn es da draußen so richtigen Nervenkitzel gibt?
Okay, solche Wetterbedingungen hat es schon immer gegeben. Ich erinnere mich an den Schneewinter 1972 / 1973, als ich mutterseelenallein auf der A 2 in Richtung Hannover fuhr und die Schneedecke bereits einen halben Meter betrug. Ich musste um 7.00 Uhr zum Antreten bei der Stammkompanie II / III in Munster Lager sein. Daraus wurde nichts. Oder auch das Extremwetter zum Jahreswechsel 1978 / 1979 als ich von Bad Eilsen zurück nach Wilhelmshaven wollte und sich quasi über Nacht eine Meter hohe Schneedecke vor dem Haus gebildet hatte. Aus der Fahrt zu Silvester 1978 wurde nichts. Auch der einsetzende Eisregen zu Beginn des Weihnachtsfestes 1999 war nicht gerade geeignet, um von Delmenhorst nach Bad Eilsen zu den Eltern zu fahren. Zwei Tage später folgte dann das Orkantief " Lothar " und verwüstete Teile Frankreichs, der Schweiz, Lichtensteins, Österreichs sowie in Süddeutschland.
Das Problem solcher Extremwetterlagen sind nicht die zerstörerischen Windgeschwindigkeiten, sintflutartige Regenfälle oder klirrende Kälte mit Haushohen Schneeverwehungen, sondern deren Auswirkungen auf die überbevölkerte Erde. Weil es immer mehr Menschen trifft, sind die Risiken und Gefahren eben ungleich höher als zu jenen Zeiten von vor 100, 80 oder 60 Jahren.
Seit heute Mittag hat sich die Wetterlage entspannt; die auf den Autobahnen irgendwo in Hessen ebenfalls. Der Verkehrs rollt wieder bis zum Endsieg über die Natur.
WEATHER REPORT - Birdland - Heavy Weather - 1977:
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