Herbert, der Graureiher

 



Als wir gestern Vormittag den Lauf in Richtung " Ostseeklinik " beenden wollten und kurz vor der ersten Holzbrücke über dem Prerow Strom waren, begegneten wir zufällig unserer Vermieterin. Sie betreibt ebenfalls Freizeitsport. Nordic Walking nennt sich dieser. Okay, wer diesen Sport ernsthaft betreibt, kann auch etwas für seine schlanke Linie tun.

Während wir ein wenig Small Talk hielten, zeigte die Vermieter plötzlich in Richtung des Osthimmels. " da fliegt Herbert, der Graureiher! ", erklärte sie uns dazu. " Detlev hat ihn häufig beobachtet. ", fügte sie ergänzend hinzu.

Detlev war ihr verstorbener Mann. Er war, so wie sie auch, sehr naturverbunden. Das sollte für hier Wohnende vielleicht eine Grundeinstellung sein. Die Natur und das Meer, dass dann und wann seine Urgewalt zeigt, gehören zum ständigen Lebensumfeld eines an der Küste lebenden Menschen. 

Wenn die Saison ausgeklungen ist, nämlich ab Mitte Oktober und nur noch sehr wenige Gäste sich auf die Halbinsel, vornehmlich in Prerow befinden, dann finden die zuvor gestressten Insulaner wieder mehr Zeit für sich und ihr Umfeld. Selbst wenn der Herbst seine speziellen Duftmarken gesetzt, gibt es in dieser Jahreszeit viel zu bestaunen.

Dazu zählt auch ein Graureiher, der hier überwintert, sofern die Temperaturen nicht in den ständigen Dauerfrostbereich absinken und dabei die Gewässer zufrieren. Das Zugverhalten dieser durchaus imposanten Vögel, deren Gewicht zwischen nur 810 bis zu 2000 Gramm variieren kann und deren Flügelspannweite ab 1750 Millimeter beginnt und maximal 1950 Millimeter messen kann, wobei die Körperlange ( auch Höhe ) von 900 bis 980 Millimeter betragen kann, ist sehr unterschiedlich.    

Eine Vielzahl der innerhalb Eurasien brütenden Vögel ziehen vornehmlich aus den skandinavischen Gebieten in Richtung der wärmeren Gefilde. Dabei kommt es vor, dass einzelne Tiere bis zu 5.850 Kilometern zurücklegen. Das Zugverhalten ist dabei nicht einheitlich.    

https://de.wikipedia.org/wiki/Graureiher

Der Prerower Fischreiher, den der verstorbene Mann unserer Vermieterin den Namen " Herbert " gab, flog nun lautlos über den Prerow Strom in Richtung Südosten. Bestimmt hatte er längst seine Mahlzeit eigenommen, denn " Herbert " ist nämlich Frühaufsteher. Wer einen Fischreiher sehen oder beobachten möchte, sollte dieses auch sein. Da " Herbert " - wie alle Fischreiher -   sehr scheu ist, zeigt er sich oft dann nicht mehr, wenn der Mensch den Tag beginnt und dabei herum lärmt. 

Weil " Herbert " keinen Krach mag, flog er wegen unserer störenden Unterhaltung auf und davon. Der Graureiher " Herbert " erinnerte unsere Vermieterin wieder an ihren verstorbenen Mann, der hier geboren und aufgewachsen war, ehe es ihn nach Rostock zog, wo er auf einer Werft arbeitete, ehe die so genannte Wende kam und der Betrieb von der Treuhand abgewickelt wurde. " Herbert " lebte zu dieser Zeit noch nicht. Die Mehrzahl der Vögel überlebt nicht einmal das erste Jahr; andere wiederum können bis zu 25 Jahre alt werden ( es sind auch noch ältere Tiere gefunden worden ). Aber, selbst wenn " Herbert " 1990 ff gelebt hätte, wäre er an dem Geschehen rundherum nicht interessiert gewesen. Selbst dann nicht, als nach dem Ende der DDR die Ostseeküste nicht mehr von mehr als 2, 5 Millionen Urlaubern aufgesucht wurde und es über viele Jahre auch hier in Prerow eher ruhig blieb. 

Wir verabschiedeten uns von unserer Vermieterin, wohl wissend, dass sie mit dem Hinweis auf den davon fliegenden Fischreiher eben ihre speziellen Erinnerungen an ihren verstorbenen Mann verbunden hatte. Auch diese fliegen irgendwann davon, so, wie es unser Leben auf dieser Erde wohl vorsieht.




AKA  -  Reflection  -  Reflection  -  1971:




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?