Schlüssel verlegt
Zweiter Tag auf dem Darß. Heute Nachmittag zogen einige Wolkenbänder über die Halbinsel. Zeitweise lugte die Sonne hervor und ließ die Temperaturen auf 17 ° C ansteigen. Regen war nicht angesagt. Deshalb versuchten wir es mit einem kurzen Strandaufenthalt. Dazu zogen wir den Windschutz, die beiden klappbaren Campingstühle und einen Gummihammer aus dem Bus. Den Weg zum Strand hatten wir bereits am Abend des Anreisetages inspiziert. Deshalb überraschte uns der leicht maschige Untergrund nicht, wohl aber der beinahe menschenleere Strandabschnitt zwischen den Aufgängen 45 und 46. Nachmittags ab 14.00 Uhr, es war am Sonntag ein Anreisetag, das Wetter war leicht sonnig, aber trotzdem nichts los?
Okay, es waren immerhin noch 12 Tage bis zum Beginn der Hauptsaison. Dennoch: Der wie über Kilometer fast leer gefegte Strand war schon etwas außergewöhnlich. Auf dem Rückweg sinnierten wir über die möglichen Gründe. Ja, es ist alles wesentlich teurer geworden. Ja, die beiden letzten Jahre haben wegen der explodierenden Energiekosten bei vielen Durchschnittsverdienern und anderen Bürgern mit überschaubaren Einkommen ein großes Loch in das Budget gerissen. Und ja, die " Corona " - Zeit hat viele davon abgehalten, eine Flugreise zu buchen, weshalb ein Trend eher in Richtung den Urlaub an und in den heimischen Gefilden zu verlegen ging.
Aber, erklären diese Faktoren den gewonnen Eindruck, dass nicht einmal halb so viele Touristen wie in den vorherigen Jahren zu sehen sind?
Und während wir auf dem Rückweg noch darüber diskutierend, dann nach vielleicht 10 Minuten Fußweg wieder am Fahrzeug standen, stellte ich meiner besseren Hälfte die mehr oder weniger wichtige Frage: " Hast Du den Wohnungsschlüssel? "
" Nö, den hast Du! ", kam die prompte Antwort.
" Nee, ich habe den nicht eingesteckt. Du musst den haben! ", antwortete ich ihr.
" Nein, den habe ich Dir doch gegeben. Den hast Du! ", gab sie mir zurück.
" Den habe ich nicht von Dir bekommen. Du hast den eingesteckt! " Es hörte sich so an, als spielten wir " Schraps hat den Hut verloren ". Es war aber auch meine letzte Antwort, ehe die große Suche nach dem Objekt der Begierde begann.
Wir durchsuchten gemeinsam sämtliche mitgenommenen Utensilien, also die Strandtasche, deren Seitentaschen, die Schutzhüllen der beiden Campingstühle, dazu wurde der Gepäckraum des Autos Stück für Stück angetastet. Wir überprüften alle Hosentaschen, sahen nochmals auf dem Boden des VW Buses nach. Vom Wohnungsschlüssel war nichts zu sehen.
So langsam kam leichte Panik auf. Wir entschlossen uns, den Weg zum Strand erneut anzutreten. Mit Argusaugen beobachteten wir den Boden auf der Strecke, suchten den zuvor eingenommenen Platz an den Dünen ab und gingen den Weg mit einer gewissen Enttäuschung zurück. Kein Schlüssel, kein Zutritt zur Ferienwohnung, so einfach ist das Leben.
Als ich die Heckklappe des Buses zum wiederholten Male öffnete, nahm ich mir vor, jeden Quadratzentimeter des Gepäckraumes zu untersuchen. Doch auch nach mehr als einer Viertelstunde der Suche blieb diese weiterhin erfolglos.
Wo ist dieser verdammte Schlüssel abgeblieben? Wo?
Ich nahm mir die Strandtasche nochmals vor. Kramte den Inhalt heraus, sah erneut in die Seitentaschen. In einer dieser hatte meine bessere Hälfte den Sonnenschutzspray hineingedrückt. Ich zog diesen heraus und fasste in die Seitentasche hinein. Da war noch etwas. Da lag seitlich am Taschenboden ein Gegenstand. Ich fingerte unterhalb der Plasteflasche mit dem Sonnenschutzspray herum und zog den verloren geglaubten Wohnungsschlüssel hervor.
Endlich! Erleichtert schlossen wir die Tür auf. Das vorgestellte Horrorszenario trat nicht ein!
Nach knapp einer Stunde Zeitverlust durfte ich nun die Kaffeemaschine anstellen, um eine Tasse des wohl verdienten Gebräus zu trinken. War das eine Aufregung! Dabei kam aber so manche Episode wieder aus unserer Erinnerung, in denen verloren geglaubte Gegenstände sich dann doch wiederfanden.
Es war ein Portemonnaie, das sich im Kühlschrank wiederfand, eine Brieftasche, die dummerweise auf dem Autodach lag und von dort auf den Boden fiel, wo eine Spaziergängerin sie fand und mich anrief, dass ich sie abholen könne, es war ein Schlüsselbund, das hinter eine Kommode gefallen war und sich dort nach langer Suche wiederfand.
Alles das zeigt, dass wir eben " nur " Menschen sind, die eben auch vergessen können.
EARTH FLIGHT - The Day That Was The Day - Blue Hour Confessions - 2011:
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