Verrentung!



Heute ist der 1. November 2018. Ein normaler Donnerstag, ein Werktag, in den katholisch geprägten Bundesländern und Regionen allerdings als " Allerheiligen ", ein gesetzlicher Feiertag. Und dennoch ist heute ein ganz besonderer Tag. Einige Bundesbürger werden in den Altersruhestand entlassen. Andere davon unfreiwillig, weil sie " zwangsverrentet " werden.

Als ich vor einigen Jahren zusammen mit meiner besseren Hälfte einen neuen gebrauchten Mazda Kombi bei einem Händler in Leipzig inspizierte, war der Mitarbeiter über meine einst gebrauchte Formulierung, dass " die Verrentung droht ", mehr als erstaunt. Doch, er hätte ein weniger ungläubiges Gesicht gemacht, würde er die realen Umstände bei dem Eintritt in das Rentenalter gekannt haben.

Für die Mehrzahl der Rentner bedeuteten diese nämlich einen erheblichen finanziellen Einschnitt in das Rentner sein. Auch wenn der Rentenbezieher ein ununterbrochene Erwerbsbiografie nachweisen kann, liegen die Rentenbezüge sehr oft weit unter 1.000 € monatlich. Hiervon wird der gesetzliche Anteil für die Krankenversicherung und die Pflegekasse abgezogen. Zumeist verbleibt nicht einmal das Existenzminimum.
Davon sind sehr oft Alleinstehende betroffen.

Da las ich heute Morgen, dass eine 84jährige Frau aus dem Unterallgäu wegen des Diebstahls von Lebensmitteln mehrfach bestraft wurde und 55 Tage und 15 Stunden im Gefängnis einsaß.
Wie das?

Nun, nachdem ich ihre Geschichte ( " DER SPIEGEL " - Ausgabe 24 / 2018, S. 52 ff ) gelesen hatte, war mir klar, dass dort einige Dinge falsch gelaufen sein mussten.Aber, dennoch: Frau Ingrid M. saß im Knast. Sie wurde wegen Diebstahls von Waren im Gesamtwert von 84,65 € rechtskräftig verurteilt. Sie hatte gestohlen und dieses nicht das erste Mal. Und - wenn der Leser ihre eigenen Aussagend dazu für bare Münze nimmt - wohl auch nicht das letzte Mal.

Der Fall M. geisterte deshalb durch die Medien. Wie unmenschlich muss ein Rechtssystem sein, dass eine damals 84jährige Frau in den Knast bringt? Zudem noch in eine Doppelzelle. Ferner muss sie auch noch die Verfahrenskosten in monatlichen Raten zu 80 DM zahlen. Ein Unding?

Beim Lesen der ersten Textseite wäre mir als ausgebildeter Volljurist die Galle hoch gekommen. Ein Schweinesystem, eine Klassenjustiz, die Verbrecher, wie Hoeness, Zumwinkel, Hartz oder wie sie sonst noch alle heißen mögen, verschont und arme Würstchen aus der Masse gnadenlos verfolgt. Doch, nachdem ich die Geschichte der Frau M. zu Ende gelesen hatte, musste ich immer mehr Abstand von meiner vorschnell gefertigten Meinung nehmen.

Selbst schuld! So dürfte denn eher mein Fazit danach sein. Frau M. hat ihr trauriges Dasein am Ende ihres Lebens, ihr Rentnerleben mit knapp 705 € monatlich eigentlich selbst verschuldet.
Weder ihr erster, noch ihr zweiter Ehemann haben für sie, die ja als Hausfrau, Ehefrau, Mutter und auch mithelfende Familienangehörige in den Betrieben der beiden Ehemänner, keinerlei oder nur geringe Vorsorge getroffen. Das rächt sich. Die Quittung erhielt sie dann mit Eintritt in das Rentenalter. Das war einst bei 60 Jahren, weil sie 1933 geboren wurde.

Sicherlich lässt sich das eigene Leben nie so hin biegen, wie es ideal wäre, wie es in den eigenen Vorstellungen hätte laufen müssen. Doch, es gibt da diverse Hilfen. Wer im Rentenalter nicht viel Geld hat, dem stehen diverse Hilfsangebote zur Seite. Da wären die Kirchen mit ihren sozialen Einrichtungen, die Tafeln, die Großartiges leisten und auch die entsprechenden Gesetze, die allerdings nur angewendet werden müssten. Eine Frau, eine Rentnerin, arm wie eine Kirchenmaus, muss auch im katholisch geprägten Bayern keine 80 €  Raten auf geschuldete Gerichtskosten zahlen. Da hätte sich Frau M. bei der kostenlosen Rechtsberatung des Amtsgerichts Bamberg erkundigen können. Und mit 84 Jahren geht auch im CSU - Bayern keine Frau ins Loch. Das Zauberwort heißt " Haftfähigkeit. Hoeness, der Steuerverbrecher hat ja auch die Wohltaten des Strafvollzugs vollends ausgekostet.

Doch Frau M. ist leider unwissend. Und dazu auch noch zu stolz. Sie will keine Almosen von der Tafel. Sie möchte sich nicht mit dem " asozialen Bittstellern " in eine lange Reihe anstellen, um gratis Lebensmittel zu erhalten. Sie geht lieber klauen.

Nein, das Rentnerleben ist zumeist kein Zuckerschlecken. Es bedeutet für viele Menschen in diesem, unserem, so reichen Lande, den Abstieg von der 2. oder 3. Liga in die Kreisklasse. Ein Aufstieg von dort ist kaum möglich. Es sei denn, eine Erbschaft lacht. Oder, man/frau verkloppt seine Lebensgeschichte, garniert mit einigen Halbwahrheiten an den " SPIEGEL ".

Frau Ingrid M. wird jetzt wohl nicht mehr Lebensmittel klauen müssen. Die Gerichtskosten kann sie an die Justizkasse in Bamberg auch vollständig bezahlen. Und das kassierte Honorar für die rührselige Geschichte eicht sogar, um noch mal Urlaub zu machen, bevor der Sensemann vor der Tür steht.


" Abstract Truth " - " Jersey Thursday " - Totum " - 1971:







 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?