Die Geschichte der O.
Bald ist Weihnachten. Danach geht das Jahr 2018 zu Ende. So, wie in den vielen Jahren, die ich bisher erleben durfte zuvor auch. Einige davon habe ich nicht mehr in Erinnerung; viele indes sehr wohl.
Und so manche Geschehnisse, die in diesen Zeitraum fielen, haben bei mir einen durchaus bleibenden Eindruck hinterlassen.
So, wie die unzähligen " SPIEGEL " - Artikel, die ich seit 1973 gelesen habe. In vielen der abgedruckten und zuvor recherchierten Geschichten ging es um Geld. Es ist die Triebfeder jedweden menschlichen Handelns. Und auch der Ausgangspunkt für kriminelle Schurkenstücke.
In dem aktuellen " SPIEGEL ", auf dem der einstige westdeutsche Nationalheld Boris Becker abgebildet ist, der für den " SPIEGEL " - Titel herhalten muss, geht es auch um den schnöden Mammon. Becker ist " pleite ". Zu diesem Ergebnis müssen alle neutralen Betrachter seiner derzeitigen Vermögenssituation kommen. Nur er selbst sieht dieses ein wenig anders. Es bleibt ihm aber unbenommen, diesen Fakt zu negieren.
Becker konnte nicht mit Geld umgehen, sonst wäre er nicht in ein Insolvenzverfahren getrieben worden. Aber, das ist eigentlich nur Beiwerk zu jener bisherigen Biografie des gebürtigen Leimeners.
Becker hat sich während und nach seiner Aktivenzeit und wohl auch danach einigen falschen Beratern anvertraut. Ob nun Tiriac, Meyer - Wöhlden , sie alle haben es nicht vermocht, die Naivität des Tennisprofis in Bezug auf die klingende Münze, zurück zu drängen und im Sinne seines finanziellen Wohlergehens für ihn zu handeln.
Becker schuldet nun mehreren Gläubigern einen zweistelligen Millionenbetrag. Das ist für ihn nicht nur misslich, sondern es schadet auch seiner Reputation. Der inzwschen 51jährige hat diese vielleicht schon verspielt? So, wie die Millionenbeträge, die er im Laufe der Jahrzehnte auch?
Um nicht ganz so viel Geld geht es in einem anderen Artikel der " SPIEGEL " - Ausgabe ( 50 / 2018, S. 42 ff ).
Eine inzwischen pensionierte Realschullehrerin soll über 10 Jahre lang die Öffentliche Hand, also " Papa Staat " um nahezu 903.600 Euro betrogen haben. Die einstige Ethiklehrerin O. hatte seit 2012 in 112 Fällen Rezepte gefälscht und so über die Beamtenbeihilfe von dem Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung diesen Betrag zu Unrecht kassiert.
Nun wurde ein Strafverfahren gegen die ehemalige Pädagogin vor dem Landgericht Osnabrück eingeleitet. Sie muss sich vor dem Landgericht Osnabrück wegen des Verdachts der Urkundenfälschung und des gewerbsmäßigen Betruges verantworten. Es sind zwar keine großen Geschütze, die die Staatsanwaltschaft in dem Prozess aufgefahren hat. Doch die Masse macht´s.
Zudem zeugt die Masche, die O. in jedem Einzelfall angewandt hat, von einer bemerkenswerten, kriminellen Energie.
Andererseits deckte O., die pensionierte Realschullehrerin systemimmanente Schwachstellen in einem Behördenapparat auf, der unter anderem auch für jene verbeamteten Mitarbeiter in anderen staatlichen Institutionen geschaffen wurde, um denen jene Privilegien in diesem, unserem, auch so hoch gelobten Sozial - und Gesundheitskonstrukt zu erhalten. Dieses nennt sich für Beamte Beihilfe und ist ein Vollkaskoangebot, dass eben nur bei Staatsdienern zum Tragen kommt.
Das Relikt stammt aus einer Zeit, als das Berufsbeamtentum auch gesellschaftlich als einen höheren Stellenwert einnahm. Das hat sich längst geändert. Der Öffentliche Dienst ist aus der Kohl - Ära heraus, zu einem Sammelbecken für prekäre Arbeitsverhältnisse umfunktioniert worden In sämtlichen Bereichen herrschen befristete und / oder Teilzeitstellen vor. Es muss halt gespart werden. Warum also nicht in den Verwaltungsbereichen der Öffentlichen Hand?
Frau O. stammt indes aus einer anderen Zeit. Sie muss so - wie ich auch - in den 1970er Jahren studiert haben und ist dann als Referendarin und spätere Beamtin auf Probe in den Staatsdienst aufgenommen worden. Dieser Verlauf ist in den Ost - Bundesländern heutzutage als ein Glücksfall zu bezeichnen. Hier wurde bis vor kurzem im Schulbereich kaum verbeamtet.
Doch Frau 0. ist Beamtin geworden und dieses seit vielen Jahren. Doch diese soziale Hängematte reichte ihr offensichtlich nicht. Während ihr Mann, ein Mediziner mit einer eigenen Praxis wegen diverser Falschabrechnung von dem Kontrollinstanzen der Krankenkassen zur Rückzahlung von satten 250.000 Euro verpflichtet wurde, ging seine Frau einen ähnlichen Weg.
Sie wurde zuvor als Schwerbehinderte mit einer GdE von 90 % anerkannt und ließ sich in diesem Zusammenhang sündhaft teure Medikamente verschrieben. Doch die Rezepte löste sie nie ein. Stattdessen manipulierte sie diese und vervielfältigte die Rezepte, um sie anschließend bei der zuständigen Beihilfestelle des Landesamt für Bezüge und Versorgung ein. Hier zeichneten die Sachbearbeiter sämtliche Anträge auf Kostenerstattung bedenkenlos ab. Mit dem so ergaunerten Beträgen, die sich locker auf ein weiteres Gehalt aufsummten, ging dann Frau O. easy einkaufen.
In Boutiquen und sonstigem Läden, die eine andere Welt, die des grenzenlosen Konsums darstellen, fuhr O. mit einer Nobelkarosse vor, um eine Shopping - Orgie abzuhalten. Vielleicht war es Kaufsucht? Dieses Verhalten kann zu einer Krankheit ausarten. Es kann aber auch an dem Drang gelegen haben, das Sozialprestige aufzuwerten. O. lebte dann von ihrem Mann getrennt, der zeitweise aus dem eigenen Haus auszog, in dem sie danach in einem Zimmer auf einer Matratze gewohnt haben soll.
O. gab gegenüber der Vorsitzenden der Strafkammer an, sie sei dem Ehemann in gewisser Weise hörig und habe vor einem Verlust der Kontakte zu den so genannten besseren Kreisen Angst gehabt. Deshalb wollte sie sich durch die Betrugsmasche vor einem solchen Abstieg schützen.
Die Machenschaften der O. aus Osnabrück flogen eher durch einen puren Zufall auf. Eine jüngere, engagierte und kritische Sachbearbeiterin erhielt die Zuständigkeit des Buchstaben O in der Bezügestelle und überprüfte die Angelegenheit genauer. Der jahrelang unentdeckte Betrug wurde kurz danach aufgedeckt. Die Staatsanwaltschaft wurde aktiv. Sie ließ die Pensionsbezüge der O. bis auf den zu berücksichtigenden Freibetrag pfändet und beschlagnahmte die von O. gekauften Luxusartikel. Darunter waren eine Vielzahl von teuren Handtaschen namhafter Markenhersteller.
Viele Gegenstände konnten versteigert werden, um einen Teil des verursachten Schadens wieder gut zu machen. O. selbst machte offensichtlich keine Anstalten, der Allgemeinheit das widerrechtlich entzogene Geld zurückzuzahlen.
Nun muss O. mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Die Staatsanwaltschaft hat aufgrund des Gesamtschadens eine Gefängnisstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten gefordert. Die Verteidigung plädierte auf eine Bewährungsstrafe von 2 Jahren.
O. hat sogar Glück im Unglück gehabt. Ein Teil der Straftaten war nach § 263 Absatz 1 und 3 Strafgesetzbuch bereits verjährt. Zudem muss sie mit keinen disziplinarischen Konsequenzen, die in einer Verminderung oder Aberkennung ihrer Beamtenpension münden könnten, rechnen. Die 66jährige ist längst in Pension gegangen.
Allerdings muss sie aufgrund der eingebrachten Pfändung ihrer Pensionszahlungen wohl bis zum letzten Atemzug mit dem jeweils zu berücksichtigenden Selbstbehalt nach der Zivilprozessordnung auskommen. Der liegt indes wesentlich höher als so mancher Rentner monatlich erhält.
Die Geschichte der O. dürfte mit einem Urteil vielleicht ihr gerechtes Ende finden. Die Geschichte des B. aus Leimen indes geht weiter. Mit einem inszenierten " Rosenkrieg " der Beckers, die ihren Ehemüll über die Medien an die Öffentlichkeit bringen. O. und B. sind beide an einer menschlichen Fehlentwicklung, die da Realitätsverlust heißt, gescheitert. Dazu zählt mit Sicherheit auf die nicht vorhandene Fähigkeit zum Geld einen Bezug aufzubauen.
" DeWolff " - " Love In C Minor " - 2008:
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