Mitten im Leben - " Sunshine of your love " - Doas is´a Woaaaahsinn!



Der Wochenbeginn, der Montag also, ist gemein hin nicht unbedingt beliebt. Weder bei der werktätigen oder sonst wie, das BSP steigernden Bevölkerung, noch bei dem noch schulpflichtigen Nachwuchs. Deshalb wird dieser Wochentag auch landläufig als " Blauer Montag " tituliert. Blau deshalb, weil diese Farbe einst mit " Blau machen ", demgemäß dem Fernbleiben, Fehlen, Faulenzen, in Verbindung gebracht wurde. " Blaue Montage " wiesen  deshalb immer hohe Anzahlen von Krankmeldungen auf.

Auch heute noch.

Der Grund hierfür dürfte auf der Hand liegen. Das verblichene, das hinter sich gelassene und sehr oft erlebnisreiche Wochenende, steckt bei so manchem Menschen noch in dem Rhythmus. Die Umstellung auf mindestens 5 Tage " Pflichterfüllung ", das ab dem Montag bevor stehende Gefordert werden sowie der damit einhergehende Leistungsdruck und Stress, Wer nicht " blau " machen möchte und sich deshalb zusammen mit Gleichgesinnten in eines der heillos überfüllten Wartezimmer einer Fachärztin / eines Facharztes für Allgemeinmedizin begeben will, ist notgedrungen in einer Zwickmühle, innerhalb derer er sich gehalten sieht, seine pathologische Antriebslosigkeit an jenen Montagen geschickt zu kaschieren oder sie mittels des zu Wehrpflichtzeiten oktroyierten Dreiklangs " Täuschen - Tarnen - Verpissen " zu therapieren. Das gelingt natürlich nicht immer, aber manchmal.

Da standen wir heute Morgen gegen 9.30 Uhr an der Kasse der " Netto " - Filiale an der Bezirksstraße in Unterschleißheim und harrten der Dinge, die da noch kommen könnten. Es war eigentlich ein so genannte Noteinkauf, den wir dort bezahlen wollten. Die Schlange, in der wir uns befanden wurde zusehends länger. Was allerdings nicht an einem hohen Kundenaufkommen lag, sondern einzig und allein an dem Kassierer.

Es war ein junger Mann, der da die Scanner - Kasse bediente. Er muss sich wohl so knapp über der juristischen Volljährigkeitsgrenzet bewegen. In einem Alter somit, dass einem die Aussicht auf ein künftiges, pralles Leben, nicht gerade anbietet. Wer hier nicht gerade kurz vor dem Abitur steht oder dieses gerade abgelegt hat, versucht sich vielleicht in einer Ausbildung zu einem Beruf, der gegebenenfalls einen Einstieg in eine interessante Tätigkeit eröffnen könnte. Doch davor hat der Herr die Lehrjahre, die nach dem tradierten Sprichwort, eben auch keine Herrenjahre sind gesetzt.

So sah man dem jungen Auszubildenden denn auch buchstäblich die Unlust an diesem, jenen " Blauen Montag " an. Er kassierte die auf das Band gelegten Artikel in einer provozierenden Langsamkeit des Kassierer - Daseins ab, dass die vor und nach uns stehenden und wartenden Kunden zu murren begannen. Ein Teil dieser war berufstätig und nicht so wie wir, nur zu Besuch anwesend. Sie mussten selbst zur Arbeit und ließen schon bald ihrem Unmut ob der offenkundigen Langsamkeit des menschlichen Seins im Jahr 2018 freien Lauf.

Ein Einheimischer, ein vielleicht Mittfünfziger, in einem landestypischen, aber legeren Outfit mit Bommelmütze erhob seine  Stimme: " Sie schlafen ja noch! ", stellte er zunächst fest. Dann drehte er sich mit einer deutlich angewiderten Pose zu uns herum und gab in einem bayrischen Dialekt die Feststellung: " Doas is oa Woaahnsinn! "ab, um sodann resignierend das ungewöhnliche Verhalten des Kassiers auf gut bayrisch mit: " Passt scho! " zu bewerten.
Der demotivierte junge Mann an der Scanner - Kasse ließ sich nicht beirren. Im Zeitlupentempo zog er die vor sich liegenden Artikel über das elektronische Erfassungsfeld. Dann nahm er sich das Bargeld an und zahlte das Rückgeld im Schlafmodus an die Kunden aus.

Als dann der bayrische Pudenmützenträger an der Reihe war, folgte ein weiterer, allerdings moderaterer Disput, dessen Wortlaut ich nicht mehr verstand. Es ging aber wohl um die provokant gezeigte Unlust des Auszubildenden.

Ich dachte beim in der Schlange stehen an meine Lehrzeit bei der Herm. Altenburg KG
Als ich ab September des Jahres 1969 meiner ständigen Unlust, an nahezu jeden Montag einer beginnenden Arbeitswoche, mit einer fein ausgefeilten Taktik des Nichtsichtbarseins zu begegnen versuchte. Ja, ich konnte die Gemütslage des jungen Mannes voll umfänglich nach empfinden. Nein, ich wäre auch nicht gerade erbaut, nach einem turbulent verlaufenen Wochenende, ab 0.8.00 Uhr die dann ständig steigende Zahl an Kunden zufrieden zu stellen zu müssen, indem ich dabei auch noch nett, freundlich und zuvorkommend bleibe. Ein gerade solches Nein wäre auch bei mir zu einer demotivierenden Grundeinstellung geformt worden, müsste ich jetzt, sofort um 47 Jahre verjüngt, an seine Stelle in dessen Lage getrieben worden.

So kam ich nach einer gefühlten Ewigkeit des Schlange Stehens an die Reihe. Ich hatte die drei Artikel im Wert von 2, 71 € zu bezahlen. Ich gab dem, sich im Einschlafmodus befindlichen " Netto " - Auszubildenden zwei Münzen im Wert von drei Euro und wartete darauf, dass ich eben 29 Eurocent zurück bekomme. Es dauerte lange, ehe der Montagkassierer das Rückgeld heraus gab. Der gesamte Ablauf des an die Reihe Kommens, des Einscannes, des Entgegennehmens der Euromünzen und des Auszahlens jener 29 Eurocent - Münzen vollzog sich geräusch - und kommunikationslos. Kein Dialog, nicht ein Wort gab das andere, nicht ein " Hallo ", eine mündliche Bekanntgabe des zu zahlenden Betrags und des obligatorischen " Auf Wiedersehens ". Nichts! Das personifizierte Schweigen im Walde!

Ganz tief in mir war dann doch so etwas, wie ein modifiziertes Grundverständnis. Ich konnte den jungen Mann irgendwie doch verstehen. Wir wären beinahe so etwas wie Seelenverwandte geworden, wäre da nicht das Jahr 2018, dass wir nach christlicher Zeitrechnung bald verabschieden müssen und hätte ich da meine eigene Le(e)hr - und Leidenszeit vor demnächst 50 Jahren, einem halben Jahrhundert, beginnen müssen.

Beim Verlassen des erneut aufgepimpten Supermarktes fiel mir erneut jene Begebenheit im Spätsommer des Jahres 1969 ein. Als ich nach einem Wochenende, auf dem Weg zum einstigen Postamt an der Bahnhofsstraße in Bückeburg, noch halb in der Gefühlswelt einer Musikveranstaltung in Hameln, den Wah Wah - Effekt des Gitarristen einer dort aufgetretenen Amateurband zu dem " Cream " - Hit " Sunshine of your love " imitierte und sich eine vor mir schleichende, ältere Bückeburgerin plötzlich umdrehte, abrupt stehen blieb und mich entgeistert anstarrte.
" Ich dachte gerade, da kommt ein großer Hund hinter mir her. ", sagte sie, ehe sie ihren Schneckengang fort setzte. Ich war bemüht, nicht schneller zu sein, um die ältere Frau überholen zu müssen. Ich wollte meine Tagträumerein nicht schon dem Eintreffen auf dem Postgelände beenden.


Carlos Santana : " Sunshine Of Your Love - Live - 2010:


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So, mitten im Leben stehend, ohne " Sunshine of your love " beendet zu haben, wäre der " Blaue Montag " nur noch schrecklich geblieben.





 

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