Fuchs auf der Jagd
Sonntagmorgen gegen 9.30 Uhr ist eine wunderbare Frühstückszeit. Wer nicht gerade Frühaufsteher - so wie ich es bin - ist, der kann dann nicht nur eine leichte bis zünftige Mahlzeit zu sich nehmen, sondern sogar - vornehmlich in den Sommermonaten - bei einigermaßen milden Temperaturen, diese draußen an der frischen Luft genießen. Frühstück zählt aber auch werktags als Einstieg in den Tagesablauf.
Aus meiner eher überschaubaren und sehr bescheidenen Kindheit weiß ich, dass uns immer eine Gardinenpredigt gehalten wurde, sollten wir es gewagt haben, nicht am Tisch sitzend, zumindest eine Scheibe Brot mit selbst gemachter Marmelade herunter gewürgt zu haben. Ich war aber eher Hardcore - Haferflocken - Fan und kochte mir die " Köln Flocken " in der hellblauen 500 Gramm - Tüte mit Milch und " Kaba " ( ein Kakao artiges Pulver - Getränk ) auf. In einem emaillierten Stieltopf bereitete ich den Brei zu. Unter ständigen Rühren ließ ich den Haferbrei so zirka 5 Minuten leicht blubbern. Dann kam er in eine Keramikschale und wurde von mir mit Hochgenuss hinein gelöffelt.
Heutzutage wäre eine mittel schwere Diskussion über die Essbarkeit dieser " Pampe mit Kakao " entbrannt, hätte ich an meiner Gewohnheit festgehalten. Diese legte ich aber bereits ab dem Beginn meiner Studienzeit ab. Haferflocken enthalten nämlich nicht nur andere,wichtige Ballaststoffe, sondern auch zu nahezu 70 % Kohlenhydrate, die eventuell dick machen; so, wie der kakaohaltige " Kaba " viel Zucker enthält, der zweifelsohne Pausbacken, ein Doppelkinn und Schwabellbauch sowie Hüftspeck verursacht, sofern er in Unmengen verzehrt wird.
Nun, gut, Frühstück, so ein halbes Jahrhundert später, sieht jetzt anders aus. Neben Kaffee oder Milchkaffee, Margarine und Butter ( beides von " Kerry Gold " aus Irland importiert ), selbst gemachten Marmeladensorten, kommt Käse und auch Salamie ( die gute Ungarische ) auf den Tisch. Dazu steht ein Frühstücksei aus der angeblich ökologischen Freilandhaltung parat.
Ein schmackhaftes Frühstück hat aber auch einen kommunikativen Charakter. So unterhalten wir uns, unter Anwesenheit von eins bis zu vier Stubentigern, die zum Teil an der Mahlzeit teilhaben, über das Leben im allgemeinen, die Familie und die Nachbarschaft sowie das beschissene TV - Programm vom Vorabend. Zudem über Politik, unsere zukünftigen Pläne und das Wetter.
Das war an jenem Sonntagmorgen eher kalt. Das Innenthermometer zeigte für draußen leichte Minustemperaturen an. Es ist eben noch Winter und wird auch einige Wochen so bleiben. Obwohl an einigen Stellen des Gartens bereits die Schneeglöckchen ihre zarten Blätter aus dem Boden kommen lassen. Der kahle Garten indes lässt aber eine völlig freie Sicht zu sämtlichen Ecken und Bepflanzungen zu. Deshalb konnte uns ein Fuchs nicht entgehen, der just, so kurz vor dem Beginn unseres Frühstücks, von dem Nachbargrundstück aus kommend über den Rasen und an den Sträuchern vorbei huschte.
Ein Fuchs! Eigentlich keine Sensation. Kein Großereignis. Kein Novum in dieser kargen Jahreszeit. Diese Art Besuche hatten wir bereits häufiger. Wir vermuten, dass einige Straße entfernt, oben auf dem Hügel in der Nähe des Freibades, eine Fuchsfamilie lebt. Hier stammen vielleicht auch jene Jungfüchse, die nächtens bei uns den Kompostierer nach Verwertbarem durch wühlen und dabei regelmäßig den nur lose aufgelegten Deckel herunter werfen. Fluchend schaufele ich danach den Abfall vom Boden in den Behälter zurück, versuche den Deckel mit einer alten Gehwegplatte zu beschweren und muss Tage später dennoch feststellen, dass Reineke schlau genug war, auch dieses Hindernis irgendwie zu beseitigen, um an Fressbares zu gelangen.
Dieses Mal aber war Herr Reineke in der Nachbarschaft auf der Suche, nein, er war sogar auf der Jagd, denn er hatte eine Maus in seiner Schnauze. Vielleicht konnte Reineke Fuchs diese im nahe gelegenen Kleingartengebiet erbeuten. Dort sind nämlich seit vielen Wochen keine Menschen mehr, die ihn stören würden. Füchse haben eher die Eigenschaft, dass sie um Menschen einen großen Bogen machen, Sie gelten als von Natur aus sehr scheu. Wenn der Hunger sie aber treibt, das Nahrungsangebot im Winter sehr bescheiden ausfällt, dann gehen sie auch in von Menschen bewohnten Gebieten auf die Jagd.
Unser Herr Reineke hatte wohl Kohldampf. Zudem hält er keine Winterruhe oder einen Winterschlaf. Jetzt beginnt auch die Paarungszeit. Nach dieser und einer Tragzeit von 50 Tagen wirft die Fähe zwischen vier bis sechs Junge. Dann muss auch Nahrung heran geschafft werden. Da ist ein Garten mit einem offenen Kompost nahezu paradiesisch, weil sich Nager in der Nähe befinden, die zur Lieblingsspeise Reinekes zählen.
Unser Reineke, ich nenne ihn jetzt Johan, hatte jedenfalls Lebendbeute gemacht. Er durchquerte unseren Garten in dem für ihn so typischen Lauf. Dabei immer, sehr argwöhnisch, nach rechts und links blickend. Johan sprang mit Leichtigkeit auf den Gartenabfallhaufen, setzte seinen Weg bei dem Nachbarn gegenüber fort und verschwand aus unserem Blickfeld.
Johan ist aber nicht der einzige Mitbewohner, der uns hier dann und wann aufsucht. Auch Ilse, die Igel - Mutter beglückt uns ab August regelmäßig in der Abenddämmerung um sich über die Pflaumen herzumachen, die vom Baum herunter fallen. Ein Marder trieb vor einigen Jahren ebenfalls hier sein Unwesen.
Wenn der Mensch den Tieren immer mehr Lebensraum entzieht, kommen diese dann zu ihm. So, wie die unzähligen Wildschweine, die in Berlin ständig auftauchen, in den Randbezirken diverse Vorgärten durchpflügen und sogar in belebten Straßen herum irren. Dort wird bereits von einer Plage fabuliert. Füchse gibt es aber auch dort. Und dieses seit eh und je. Nur haben die Stadtbewohner längst vergessen, dass ihre Vorfahren ebenso mit ihnen zusammen leben mussten. Ob es denen passte oder nicht.
Johan indes hatte sein Sonntagsfrühstück gefunden. Es bestand zwar nicht aus gekochten Haferflocken mit " Kaba " und dann und wann einer Messerspitze " guter Butter ", keinem Frühstücksei von glücklichen Hühnern, keinem Käse, keiner Salami, sondern aus einer gefangenen Maus. Frischfleisch, eben!
Johan war auf der Jagd. Ob er wohl wieder kommt?
Aus meiner eher überschaubaren und sehr bescheidenen Kindheit weiß ich, dass uns immer eine Gardinenpredigt gehalten wurde, sollten wir es gewagt haben, nicht am Tisch sitzend, zumindest eine Scheibe Brot mit selbst gemachter Marmelade herunter gewürgt zu haben. Ich war aber eher Hardcore - Haferflocken - Fan und kochte mir die " Köln Flocken " in der hellblauen 500 Gramm - Tüte mit Milch und " Kaba " ( ein Kakao artiges Pulver - Getränk ) auf. In einem emaillierten Stieltopf bereitete ich den Brei zu. Unter ständigen Rühren ließ ich den Haferbrei so zirka 5 Minuten leicht blubbern. Dann kam er in eine Keramikschale und wurde von mir mit Hochgenuss hinein gelöffelt.
Heutzutage wäre eine mittel schwere Diskussion über die Essbarkeit dieser " Pampe mit Kakao " entbrannt, hätte ich an meiner Gewohnheit festgehalten. Diese legte ich aber bereits ab dem Beginn meiner Studienzeit ab. Haferflocken enthalten nämlich nicht nur andere,wichtige Ballaststoffe, sondern auch zu nahezu 70 % Kohlenhydrate, die eventuell dick machen; so, wie der kakaohaltige " Kaba " viel Zucker enthält, der zweifelsohne Pausbacken, ein Doppelkinn und Schwabellbauch sowie Hüftspeck verursacht, sofern er in Unmengen verzehrt wird.
Nun, gut, Frühstück, so ein halbes Jahrhundert später, sieht jetzt anders aus. Neben Kaffee oder Milchkaffee, Margarine und Butter ( beides von " Kerry Gold " aus Irland importiert ), selbst gemachten Marmeladensorten, kommt Käse und auch Salamie ( die gute Ungarische ) auf den Tisch. Dazu steht ein Frühstücksei aus der angeblich ökologischen Freilandhaltung parat.
Ein schmackhaftes Frühstück hat aber auch einen kommunikativen Charakter. So unterhalten wir uns, unter Anwesenheit von eins bis zu vier Stubentigern, die zum Teil an der Mahlzeit teilhaben, über das Leben im allgemeinen, die Familie und die Nachbarschaft sowie das beschissene TV - Programm vom Vorabend. Zudem über Politik, unsere zukünftigen Pläne und das Wetter.
Das war an jenem Sonntagmorgen eher kalt. Das Innenthermometer zeigte für draußen leichte Minustemperaturen an. Es ist eben noch Winter und wird auch einige Wochen so bleiben. Obwohl an einigen Stellen des Gartens bereits die Schneeglöckchen ihre zarten Blätter aus dem Boden kommen lassen. Der kahle Garten indes lässt aber eine völlig freie Sicht zu sämtlichen Ecken und Bepflanzungen zu. Deshalb konnte uns ein Fuchs nicht entgehen, der just, so kurz vor dem Beginn unseres Frühstücks, von dem Nachbargrundstück aus kommend über den Rasen und an den Sträuchern vorbei huschte.
Ein Fuchs! Eigentlich keine Sensation. Kein Großereignis. Kein Novum in dieser kargen Jahreszeit. Diese Art Besuche hatten wir bereits häufiger. Wir vermuten, dass einige Straße entfernt, oben auf dem Hügel in der Nähe des Freibades, eine Fuchsfamilie lebt. Hier stammen vielleicht auch jene Jungfüchse, die nächtens bei uns den Kompostierer nach Verwertbarem durch wühlen und dabei regelmäßig den nur lose aufgelegten Deckel herunter werfen. Fluchend schaufele ich danach den Abfall vom Boden in den Behälter zurück, versuche den Deckel mit einer alten Gehwegplatte zu beschweren und muss Tage später dennoch feststellen, dass Reineke schlau genug war, auch dieses Hindernis irgendwie zu beseitigen, um an Fressbares zu gelangen.
Dieses Mal aber war Herr Reineke in der Nachbarschaft auf der Suche, nein, er war sogar auf der Jagd, denn er hatte eine Maus in seiner Schnauze. Vielleicht konnte Reineke Fuchs diese im nahe gelegenen Kleingartengebiet erbeuten. Dort sind nämlich seit vielen Wochen keine Menschen mehr, die ihn stören würden. Füchse haben eher die Eigenschaft, dass sie um Menschen einen großen Bogen machen, Sie gelten als von Natur aus sehr scheu. Wenn der Hunger sie aber treibt, das Nahrungsangebot im Winter sehr bescheiden ausfällt, dann gehen sie auch in von Menschen bewohnten Gebieten auf die Jagd.
Unser Herr Reineke hatte wohl Kohldampf. Zudem hält er keine Winterruhe oder einen Winterschlaf. Jetzt beginnt auch die Paarungszeit. Nach dieser und einer Tragzeit von 50 Tagen wirft die Fähe zwischen vier bis sechs Junge. Dann muss auch Nahrung heran geschafft werden. Da ist ein Garten mit einem offenen Kompost nahezu paradiesisch, weil sich Nager in der Nähe befinden, die zur Lieblingsspeise Reinekes zählen.
Unser Reineke, ich nenne ihn jetzt Johan, hatte jedenfalls Lebendbeute gemacht. Er durchquerte unseren Garten in dem für ihn so typischen Lauf. Dabei immer, sehr argwöhnisch, nach rechts und links blickend. Johan sprang mit Leichtigkeit auf den Gartenabfallhaufen, setzte seinen Weg bei dem Nachbarn gegenüber fort und verschwand aus unserem Blickfeld.
Johan ist aber nicht der einzige Mitbewohner, der uns hier dann und wann aufsucht. Auch Ilse, die Igel - Mutter beglückt uns ab August regelmäßig in der Abenddämmerung um sich über die Pflaumen herzumachen, die vom Baum herunter fallen. Ein Marder trieb vor einigen Jahren ebenfalls hier sein Unwesen.
Wenn der Mensch den Tieren immer mehr Lebensraum entzieht, kommen diese dann zu ihm. So, wie die unzähligen Wildschweine, die in Berlin ständig auftauchen, in den Randbezirken diverse Vorgärten durchpflügen und sogar in belebten Straßen herum irren. Dort wird bereits von einer Plage fabuliert. Füchse gibt es aber auch dort. Und dieses seit eh und je. Nur haben die Stadtbewohner längst vergessen, dass ihre Vorfahren ebenso mit ihnen zusammen leben mussten. Ob es denen passte oder nicht.
Johan indes hatte sein Sonntagsfrühstück gefunden. Es bestand zwar nicht aus gekochten Haferflocken mit " Kaba " und dann und wann einer Messerspitze " guter Butter ", keinem Frühstücksei von glücklichen Hühnern, keinem Käse, keiner Salami, sondern aus einer gefangenen Maus. Frischfleisch, eben!
Johan war auf der Jagd. Ob er wohl wieder kommt?
" Manfred Mann " - " Fox On The Run " - 1969 ( ! ) :
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