Tierliebe



Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Tieren sind nicht gerade das,was einem Motorisierten unbedingt widerfahren sollte. Zumeist zieht der Vierbeiner dabei den Kürzeren und verendet. Nicht selten aber, überlebt das Tier eine Begegnung mit ein Fahrzeug.

Da auf der Raserstrecke " Wiesbadener Straße " bereits drei unserer Katzen ihr Leben lassen mussten, achte ich selbst ständig auf einen Vierbeiner, der sich irgendwo, irgendwie am Straßenrand zeigt und drossele intuitiv die Geschwindigkeit. Zumeist liege ich damit richtig. Doch nicht immer ist mir es gelungen, einen Zusammenprall mit einem Tier zu vermeiden.

So auch nicht an einem Herbsttag 1974. Ich hatte mich mit Bekannten aus Stadthagen zu einem Besuch der Dorfkneipe " Kanbach " in Münchehagen verabredet. An jenem Freitagabend fuhr ich also die übliche Strecke von Bad Eilsen über Ahnsen, Vehlen, Gelldorf und Nienstädt nach Stadthagen. Dort holte ich meine Bekannten ab, um mit ihnen durch den Schaumburger Wald nach Münchehagen zu gelangen.

Es war an jenem Abend dunstig. Nach dem wir zwischen Lauenhagen und Pollhagen den Mittellandkanal überquert hatten, wurde es sogar neblig. Ich fuhr deshalb langsam. Kurz vor dem Ortseingang Pollhagen passierten wir eine Reihe Häuser. Plötzlich lief ein Hund aus einem Grundstückstor heraus und versuchte die andere Straßenseite zu erreichen. Er war jedoch nicht schnell genug und geriet an den Kotflügel und die Stoßstange meines roten R4.
Es knallte. Ich bremste den PKW ab und hielt an.

Von dem gegenüberliegenden Grundstück hörten wir Schreie, ein Mädchen heulte los und ein Mann, es war wohl der Vater, kam auf uns zu. Wir stiegen aus. Der Hund war nicht mehr zu sehen. Der Mann wollte mir gleich irgendwelche Vorwürfe machen; warum ich den Hund nicht gesehen hätte, warum ich nicht abgebremst hätte?

Als er erkannte, dass weitere Personen in dem Auto saßen, wurde er ruhig. Nein, der Hund kam aus dem Nichts, behauptete ich. Ich hatte ihn zwar aus dem Grundstücktor kommen sehen, aber bei mir saßen weitere drei Menschen im Auto. Eine Vollbremsung? In diesem Fall - nein,
Wir suchten den rechten Straßengraben ab. Der Hund lag einige Meter entfernt in dem Gras. Er lebte noch. Er wimmerte leise, als mein Bekannter ihn ansprach. Mein Bekannter wollte ihn aus dem Graben hoch heben. Der Hund biss vor Angst in den rechten Unterarm des Freundes. Der hatte zum Glück eine dicke Jacke an. Der Mann holte eine Decke aus dem Haus. Er legte diese vorsichtig über den Hund.

" Sie müssen den Schaden an meinem Auto ersetzen! ", erklärte ich dem Hundehalter und seiner Frau. Die weinende Tochter war inzwischen in das Haus gegangen. " Wieso? ", wollte der Mann wissen. " Ihr Hund ist auf die Straße gelaufen. Sie hätten das Tor schließen müssen! ", fügte ich hinzu. Der Hundehalter schaute mich fragend an. " Haben Sie eine Haftpflichtversicherung? ", wollte ich von ihm wissen. " Ja, die haben wir. ", antwortete er mir. " Die ersetzt den Schaden. ", erklärte ich ihm. " Ja, dann hole ich mal die Unterlagen. ", sagte der Halter und ging in sein Haus.

Ich wühlte aus der Ablage des R4 einen Schadenbogen der " Volksfürsorge " - Versicherung heraus und füllte diesen auf dem Autodach aus. Dabei erfuhr ich den Namen des Hundehalters und den der Haftpflichtversicherung. Er war auch bei der " Volksfürsorge " versichert.
Ich stieg mit den Bekannten wieder in das Auto ein und fuhr in Richtung Schaumburger Wald. Es wurde immer nebeliger.
Ich fuhr deshalb kaum mehr als 50 Km/h. Hier kam es immer wieder zu Wildunfällen. Darauf hatte ich nun wirklich keine Lust.

" Warum hast du eigentlich nicht gebremst? ", wollte mein Bekannter von mir wissen.
" Wieso? Mit drei weiteren Insassen im Wagen mache ich doch keine Vollbremsung wegen der Tölle! " entgegnete ich ihn.
" Die hat mich gebissen. ", sagte er gleich danach.
" Warum hast du den denn angefasst? ", war meine nächste Frage.
" Ich wollte ihm helfen. ", gab er mir zur Antwort.
" Scheiß Köter! ", beendete ich unser Zwiegespräch.

Kurz danach erreichten wir Münchehagen. Wir stiegen aus dem Auto. Ich betrachte mir den Schaden an der Fahrerseite und murmelte erneut " Scheiß Köter! ".

Mein Bekannter soff mit den beiden anderen Freunden eine Vielzahl von " Einbecker Urbock - Bier ". Ich trank Wasser und Cola. Schließlich musste ich ja zurückfahren.
Gegen 2.00 Uhr morgens traten wir die Rückfahrt an. Es war immer noch nebelig. Ich fuhr auch auf der Rückfahrt langsam.

Mir reichte der Abend. Die drei Insassen waren eingeschlafen. Der Bier - Rausch und die Müdigkeit hatte sie geschafft. Ich lud sie vor ihren Wohnungen ab.
Am nächsten Morgen rief ich die Renault - Werkstatt in Bückeburg an und ließ mir einen Termin geben.

Die Reparatur sollte zirka 400 DM kosten. Ich holte mir einen Kostenvoranschlag und sandte diesen später an die Versicherung. Die regulierte einige Wochen später den Schaden, nachdem ich die Reparaturrechnung vorlegen konnte.

Kurz danach rief ich meinen Bekannten in Stadthagen an. Er war inzwischen bei der Familie des Hundehalters vorbei gefahren und hatte sich nach dem Tier erkundigt. Es wurde noch am selben Abend in die Tierklinik der MHH gefahren und dort operiert. Die Halter mussten dafür mehr als 600 DM bezahlen. Kaum hatte ich dieses am Telefon gehört, kommentierte ich dieses mit:
Teurer Köter! "
" Nein! ", sagte mein Bekannter " Das ist Tierliebe! "

Nun, ja, das kann auch so gesehen werden.

Gut´s Nächtle mit:



" Three Days Dark " - " One Stitch At A Time ":








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