" Corona " goes Bayern - Drei Geschichten aus einem Katastrophenland



Gestern durften wir in Bayern die ersten sieben Tage nach dem Verhängen der Ausgangsbeschränkungen feiern. Ohne Sekt, Festessen und Einsegnung durch die Katholen. Der Freitag, der letzte im März 2020, dem Jahr, in dem die Welt nur ein Thema zu kennen scheint, " Corona ", begann mit einem Sonnenaufgang im Osten.
Der Himmel war wolkenlos, der kalte Wind war abgeflaut und es sollte später sogar warm werden. Ein schöner Frühlingstag.

Landes - Hauptkämpfer " Markus der Furchtlose " Söder hatte 10 Tage vorher bereits - insoweit rechtlich zutreffend - nach Artikel 4 Absatz 1 des bayrischen Katastrophenschutzgesetzes dern " Katastrophenfall " festdellen lassen und öffentlich ausgerufen.

Formal juristisch hat er korrekt gehandelt. Und dennoch zählt der Freistaat neben Nordrhein - Westfallen ( Schwerpunkt: Landkreis Heinsberg ) und Baden - Württemberg zu den von der Pandemie am stärksten betroffenen Bundesländern.

Da ließ sich Master Markus nicht lumpen und preschte beim Verhängen der Ausgangsbeschränkungen wieder vor. Richtig so? Ja, aber....

Das öffentliche Leben liegt weitestgehend danieder. Wie in anderen Bundesländern, in ganz Deutschland, ganz Europa und der halben Welt geht der normal denkende und handelnde Mensch nicht mehr aus seinen Vier Wänden. Es sei denn, er muss Einkaufen.

Und just das haben wir gestern Vormittag getan.

Auf dem Weg zum Supermarkt, der zirka 1, 5 Kilometer entfernt liegt, sahen wir allenfalls eine Hand voll Menschen. Wo sonst werktäglich der morgendliche Berufsverkehr herrscht, war alles still. Keine Schulkinder, keine Busse, Fahrradfahrer, PKW, Fußgänger. Die Gemeinde wirkte wie ausgestorben.

Im Supermarkt sahen wir ebenfalls ein gutes Dutzend Kunden, die ihre Einkaufsesel mit entsprechenden, manchmal sogar waghalsigen Ausweichmanövern an uns vorbei schoben. Der Sicherheitsabstand wurde alle Male eingehalten. Nicht nur die empfohlenen 1,5 Meter, nein, sogar 2 Meter und mehr betrug die Distanz von Kunde zu Kunde.

Vor dem Kassenbereich hatte die Filialleiterin mit gelb - schwarzen Klebeband in jenem wundersamen 1,5 Meter - Distanzen, eine Haltelinie auf den Boden kleben lassen. Dazu war ein Aushang zu erkennen, auf dem sich der Lebensmittelkonzern für diese erforderliche Maßnahme bei den Kunden entschuldigte. Alles gut, wir kommen ohnehin wieder.
Zumal die Hoffnung besteht, dass es wieder Klopapier zu kaufen gibt.

Wir verließen das Geschäft und verstauten unsere Artikel in mit genommene Taschen und eine Kiste.
Irgendwie hatte ich schon beim Herumlaufen in der Filiale immer so ein leichtes, ein beklemmendes Gefühl, ob solche Einkäufe nicht doch das Ansteckungsrisiko enorm erhöhen. Schließlich zählen wir längst zu der so genannten Hochrisikogruppe der älteren Menschen.

Es war inzwischen Mittag geworden. Beim Abräumen der Brunch - Utensilien sah ich zufällig aus dem Küchenfenster. Nee, näh, das kann nicht wahr sein. Der Nachbar, der Nachzügler aus der einst visavis lebenden fünfköpfigen Familie, der nicht mehr ganz so junge, aber im Vergleich zu uns, junge Mann, er belud seinen VW - Transporter mit diversen Gegenständen. Sein wertvolles Trekkingrad hatte er schon auf dem Haltegestell am Heck des Fahrzeuges angeschnallt. Langsam verstaute er weitere Utensilien, die er für einen wohl geplanten Wochenendbesuch in den Bergen benötigt. Dabei übernachtet er in seinem Transporter, den er entsprechend umgerüstet hat.

Ich echauffierte mich darüber ein wenig. Soviel gezeigte Uneinsichtigkeit in den Zeiten der Ausgangsbeschränkungen und der durchaus durchgeführten Kontrollen dazu, lässt sich kaum wieder finden. Sicherlich gibt es die Möglichkeit, sich jederzeit auch außerhalb der Wohnung im Freien aufhalten zu können. Aber, ein Wochendausflug in den Bergen? Ich schaute mir die Rechtslage im Netz etwas genauer an. Ja, Besuche in den Bergen sind grundsätzlich erlaubt, jedoch unerwünscht und für Auswärtige, also Besuchern aus anderen Orten , Städten und Landkreisen untersagt.

So kam es, wie es in solchen Fällen immer kommen kann. Der junge Mann aus der Nachbarschaft missachtete das strikte Verbot und fuhr samt Lebensgefährtin los. Nach zirka 5 Stunden stand sein VW Transporter wieder vor der Haustür des elterlichen Anwesens. Warum wohl? Wir spekulierten über die Konsequenzen für den misslungenen Versuch, sich über geltende Regeln hinweg zu setzen. Gerade im Freistaat sollte auch bei hier Geborenen inzwischen angekommen sein, dass nicht nur die Uhren anders ticken, sondern die Ordnungsmacht auch. Vielleicht hat der junge Nachbarsohn tatsächlich gehofft, er könne der teilweise Video überwachten Hauptstrecken in Richtung Alpen entgehen und hat einige Nebenstrecken genutzt. Doch auch hier wird kontrolliert.

So blieb am Ende des mit mehreren Hundert Euro bewehrten Vergehens, die Erkenntnis, dass er zwar das Verbot nicht so genau nehmen darf, doch dieses gilt eben nicht für die allmächtige Exekutive. Eine teure Fahrt ins Blaue war es denn schon.

Kaum hatten wir beim Abendessen das Thema ausdiskutiert, folgte ein weiteres. Dieses Mal in gestalt eines Nachbarn aus dem Wohnblock schräg gegenüber. Jener Herr bewegte sich langsamen Schrittes mittig der Wohnstraße. Stolz wie ein Gockel mit geschwellter Brust zeigte er allen Nachbarn, die es gerne sehen wollten, was der Anlass seines Auftritts war: Der Gute hatte eine in Plastefolie eingeschweißte Verkaufseinheit Klopapier ergattert. Nee, näh! Ich konnte es nicht fassen. Mir schwoll der Kamm. Dieser Glückspilz besaß an jenem Freitagabend etwas, wovon wir bereits seit mehr als 3 Wochen träumen. Toliettenpapier!

Wer hätte das gedacht, dass es dieses überhaupt noch vor Ort geben wird. Bei " NORMA " nicht, " bei " PENNY " erst recht nicht und bei " REWE " ebenfalls Fehlanzeige. Aus lauter Verzweifelung haben bereits eine Großpackung von 64 Rollen für einen Fantasiepreis von 56,70 € im Netz bestellt. Lieferzeit nach Ostern.
Egal, Hauptsache wir können die demnächst zu Ende gehenden 2 Rollen ersetzen.

Tja, so hat die " Corona " - Krise auch ihre guten und schlechten Seiten. Immerhin gibt es noch Toilettenpapier und wir müssen nicht auf Küchenrolle, Feuchttücher oder gar die Seiten der " FR " zurückgreifen.

Heute Morgen machte ich mich nach dem ersten Kaffee so gegen 9.00 Uhr auf den Weg zur " NORMA " - Filiale. Ich wollte ein wenig früher als sonst dort nach den leckeren Oliven - Brötchen Ausschau halten, ehe auch diese wieder ausverkauft sind. Die Sache mit dem Klopapier hatte mir eine beinahe schlaflose Nacht bereitet. Wo hatte der Gockel das Klopapier her? Irgendwie kam mir die Farbe und der Artikelaufdruck bekannt vor. Als ich noch just zwei, nämlich die letzten " Oliven - Seelen " ergattert hatte vor ich den Einkaufswagen erleichter um die nächste Regalecke und schaute in jene Richtung, aus der mir seit Wochen immer leere Regaleabschnitte entgegen kamen. Nein, nein, nein! Das gibt´s doch nicht, das kann doch nicht wahr sein. Aus einigen Metern Entfernung schauten mich Dutzende Klopapier - Plastepackungen an. Ich schoss wie ein geölter Blitz den Gang entlang, griff zielsicher in den liegenden Packen des heiß begehrten Guts und warf die Rollen in den Metallwagen hinein.

Nachdem ich dann auch noch ein Dreier - Set Malerpinsel ergattert hatte, denn die letzten ihrer Art hatten wir in Dresden gelassen, war der Tag gerettet.

Wie war es noch gleich mit dem Hammer und Amboss im Goethes Gedicht?



Auf des Glückes großer Waage
steht die Zunge selten ein:
Du mußt steigen oder sinken,
du mußt herrschen und gewinnen
oder dienen und verlieren,
leiden oder triumphieren,
Amboß oder Hammer sein.


So wird es wohl sein! Ostern kann kommen und " Corona " gehen.


ERIC BURDON & JIMMY WITHERSPOON  - The Law Must Change  -  Guilty  -  1971:




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