Albtraum Juli 2024

 

Wieder so eine schwüle Nacht im Juli. Gestern hatte es - warum auch nicht ? - mal wieder geregnet. Auch sonst war es erneut stickig. Keine guten Vorzeichen für einen erholsamen Schlaf. Zudem surrten - wie sonst auch - einige Mücken durch das Zimmer. Seitdem die Balkontür nur noch einen Spalt breit geöffnet ist, bleibt deren Anzahl konstant. Diese Plagegeister lassen sich nicht von dem mehr als 17 Euro teuren Anti - Sprach mit dem viel sagenden Namen " Anti - Brumm " abschrecken, weil dieses spätestens ab dem ersten Schweißausbruch seine volle Wirkung verliert.

Einen solchen hatte ich während eines nächtlichen Traumes. 

In diesem befand ich mich auf einem Bahnhof einer fremden Stadt. Ich wollte einen Anschlusszug erreichen, der auf einem weiter abgelegenen Gleis fahren sollte. Die Zeit war sehr knapp. Ich rannte los,  konnte gerade noch in diesen Zug einsteigen und war froh, es geschafft zu haben, als mich die Zugbegleiterin darauf aufmerksam machte, dass jener nicht in die von mir gebuchte Richtung fuhr. Sie bat mich deshalb an der nächsten Station auszusteigen.

Der Zug hielt nach einiger Zeit an. Ich stieg aus. Der Bahnhof zeigte sich mir als völlig verlassen. Kein Mensch war weit und breit zusehen. Es war dort zudem sehr dunkel. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich eine rothaarige Frau neben mir auf. Sie sprach mich an und fragte, wohin ich fahren wolle. Dann verschwand sie so schnell wie sie gekommen war. Als ich auf den ausgehängten Fahrplan schaute, bekam ich einen Schock. Von diesem Bahnhof fuhr an jenem Abend kein einziger Zug mehr. Endstation, also?

Ich nahm mein Handy und telefonierte mit meiner besseren Hälfte. Die sollte mich von dem fremden Bahnhof abholen. 

Schweißgebadet wurde ich gegen 4.40 Uhr heute Morgen wach. Einer unserer Kater lag an meinen aus dem Bett ragenden Füßen. Er rührte sich selbst dann noch nicht, als ich vorsichtig aufstand und ins Bad ging. Dort wusch ich mir erst einmal das verschwitzte Gesicht mit kalten Wasser. Was war das nur wieder für ein Traum?

Dabei hat es derartige Erlebnisse in der Vergangenheit schon mehrfach gegeben. Während meiner Zeit als zugelassener Rechtsanwalt bin ich einige Male in einen falschen Zug eingestiegen. Ich verpasste dadurch die anberaumten Verhandlungstermine. Woran es jeweils gelegen hatte, kann ich mir nur mit Überarbeitung erklären. 

Von den vielen Abenteuern mit der RB 30, die auf der Strecke von Dresden nach Chemnitz verkehrt, habe ich eine Reihe an Posts eingestellt. Dabei stellte sich immer wieder heraus, dass die Deutsche Bahn vier Hauptprobleme zu bewältigen hat, nämlich die vier Jahreszeiten. So manches Schneechaos, mancher Orkan oder extreme Hitze setzen ihr ständig zu. Von den vielen Suiziden jedes Jahr will ich erst gar nicht schreiben.

Doch die Bahn ist nicht immer ein Albtraum, so wie ich es in unzähligen Fällen selbst miterleben konnte. 

Sie deckt durch ihre fehlende Zuverlässigkeit so manches Mal, einige Abgründe in dem menschlichen Dasein auf. Da wurde ein ehemaliger Kollege nach einem Arbeitstermin in Görlitz in den Abendstunden von dem - zwar angekündigten - Streik der Lokomotivführer überrascht. Als der Zug von dort in Richtung Dresden plötzlich mitten auf der Strecke anhielt, der DB - Mitarbeiter aus der Lok ausstieg und mit dem Privatwagen, den er zuvor auf einem Feldweg abgestellt hatte, von dannen fuhr. Der gehörte Ex - Kollege rief seinen Sohn zuhause an und bat ihn, aus der Pampa abzuholen. Der weigerte sich jedoch, so dass der Mann ein Taxi rufen musste.    

Auch kann die Bahn dabei helfen, lebenswichtige Entscheidungen ad hoc und noch im Bahnhof treffen zu können. Nämlich dann, wenn es darum geht, eine erwünschte Beziehung zu dem anderen Geschlecht noch zu beenden, bevor diese richtig begonnen hat. 

Da las ich vor vielen Jahren aus dem Forum eines dieser kostenlosen Verkupplungsportale, dass eine nicht mehr ganz taufrische Nutzerin sich mit einem ebenfalls bereits in die Jahre gekommenen Nutzer auf dem Hauptbahnhof in Hannover treffen wollte. Davor hatten beide regen Nachrichtenaustausch auf dieser Liebes - Plattform geübt. Okay, virtuell ist so manche(r) Suchende ein wenig aufgehübscht. es wird ein wenig gemogelt, getrickst und die Wahrheit zurecht gebogen. Doch " Liebe. de " oder meinetwegen auch " Single.de " sollte nicht als Garant einer sich anbahnenden, wunderbaren Freundschaft und mehr zu sehen sein. So finden sich auch dort nicht wenige Spinner oder Abgedrehte.

Da der Nutzer nicht lange auf das große Ereignis einer neuen Beziehung warten wollte, schlug er ein Treff eben auf jenen Hauptbahnhof vor, informierte die Auserwählte über seine Ankunftszeit und fuhr aus einer weiter entfernten Stadt los. Der ICE hielt auch tatsächlich pünktlich an, der Mann steig aus, kam auf die am Bahnsteig Wartende zu und sagte dann nur: " Nee, Mädel, das ist es nicht! ". Drehte sich auf den Hacken um, ging einige Schritte zu dem auf dem gegenüberliegenden Gleis zu, stieg in den ICE ein und fuhr wieder gen Heimat zurück. Die so abgewatschte Dame war derart perplex, dass sie erst einen Tag später von jedem Erlebnis berichten wollte. Die Reaktion war von blanken Entsetzen bis zu Hohn und Spott.

So kann die Deutsche Bahn AG denn auch tatsächlich durchaus bahnbrechende Entscheidungen abnehmen. Ob sie dabei immer als ein Albtraum in Erinnerung bleibt, möchte ich jetzt nicht weiter kommentieren.

     

SHOCKING BLUE  -  Never Married A Railroad Man  -  At Home  -  1969: