Heimfahrt



Der letzte Tag im Juni 2024 ist angebrochen. Wenige Stunden vor unserer Abreise nach Eching, einige Stunden nach dem uninspirierten Ausscheiden des Europameisters von 2020 aus Italien, der sich sang - und klanglos mit 0:2 gegen glänzend aufgelegte Fußballer aus der Schweiz verabschiedete sowie einige Stunden nach dem 2:0 Arbeitssieg der DFB - Auswahl gegen nahezu ebenbürtige Kicker des Nachbarlandes Dänemark, wachte ich gegen 3.50 Uhr auf. 

Geweckt von dumpfen Grollen, zwitschernden Vögeln und rauschenden Wellen der Ostsee, beginnt unser Abreisetag. 

Gestern war noch einmal ein Strandtag. Ab 8.00 Uhr aber erledigten wir die ersten Vorbereitungen für unsere Heimfahrt: Tanken, Reifendruck überprüfen, den letzten Einkauf im Supermarkt abspulen. Die übliche Routine vor der mehr als 800 Kilometer langen Fahrt quer durch Deutschland.

Ich stehe ein zweites Mal an diesem letzten Junitag auf, denn inzwischen überwiegt da draußen das Grummeln eines heran nahenden Gewitters. Aus dem halbdunklen Räumen der Ferienwohnung, die ja " nur " aus einem Schlaf - und Aufenthaltsraum mit sich anschließender Küchenzeile und Esstisch sowie dahinter liegenden Bad besteht, erkenne ich deutlich unserer bereits gepackten Taschen. Vorsichtig und leise laviere ich mich durch die am Boden liegenden Gegenstände und schaue im Bad auf die Uhr. Es ist 4. 18 Uhr. Das Vogelkonzert hat abrupt ein Ende gefunden, weil der vorher gesagte Regen einsetzt.

Zeit zu gehen, dachte sich wohl eine Gruppe Jugendlicher, die leicht schwankend, sich dabei laut unterhaltend und aus einem dieser Wundergeräte im Portemonnaie- Format plärrendes Pop - Gedudel ertragen, den Heimweg vom Strand angetreten hatte. Eine lauschige Sommernacht mit Wellenrauschen am Prerower Nordstrand war es wohl nicht, die hinter ihnen liegt; eher eine kühle Nacht des 29. Juni oder ein noch ungemütlicherer Morgen des 30. Juni 2024 - unserem Abreisetag.

Ich beobachte die lärmende Gruppe beim Vorbeiziehen an dem Haus unserer Vermieterin. Eine junge Dame ist besonders gesprächig und gibt laufende lallend ihre Sicht der Dinge von sich. Hach, wäre das schön gewesen, wenn ich solche Urlaubs - und Freizeitmöglichkeiten in meiner eher freudlosen Teenagerjahre gehabt hätte, Oder eher, lieber nicht?

Der Regen wird heftiger. Zwar schüttet es nicht aus Kübeln, wie gestern ab 21.30 Uhr in Dortmund, aber es klatscht, gluckert und rauscht jetzt ununterbrochen. Einer der nicht gerade wenigen Regentage beginnt und wird bestenfalls in den späten Nachmittagsstunden enden. Nö, der Juni 2024 war kein schöner Monat. Das Hochwasser in Bayern, die Unwetter in Baden - Württemberg, im Saarland und in Teilen des Bundeslandes Rheinland - Pfalz werden diesen Regen - Sommer vielleicht eingeläutet haben. Und der Sommer 2024 ist noch lang. Meteorologisch wird er 62 Tage andauern; kalendarisch sogar 77 Tage. Es wird mutmaßlich immer wieder regnen. Es wird Unwetter geben, mit Sturm, Hagel und alledem.

Anzeichen eines Kleinhandels? Ja, wohl schon!

Bei einer Tasse Instant - Kaffee erinnere ich mich kurz an die gestrigen Gespräche am Strand. Da war ein Ehepaar aus Prerow, das uns einiges über die Streitereien rund um das " Regenbogen Camp " erzählte. Nachdem sie sich von uns verabschiedet hatten, stellten wir uns die Frage, aus welcher Region sie hierher gezogen sind? Ich meinte einen Akzent aus dem schleswig - holsteinischen Regionen herausgehört zu haben. Eventuell sind sie nach der Wende hierher gezogen, um eine der vielen, damals vakanten Stellen in der Verwaltung zu besetzten. Sie blieben wohl hier und verleben ihren so genannten Lebensabend an der Ostsee.

Dann war da das ältere Paar aus dem thüringischen Gera, das bereits zum 6. Mal nach Prerow kam, um hier zwei Wochen Urlaub zu verbbringen. Beide wurden nach und nach gesprächiger. So erfuhren wir, dass die Beiden bei der Massenkarambolage auf der A 9 bei Münchberg zu Beginn der 1990er Jahre zwei Familienmitglieder verloren hatten. Eine schlimme Sache.  

Von den weiteren Gästen, die wir einst flüchtig kennengelernt hatten, verbrachten nur noch die Großeltern mit zwei hintereinander betreuten Enkeln ihren Urlaub zur gleichen Zeit in Prerow. Alle anderen Besucher sind wohl nicht wieder gekommen. Weder das Paar aus Sachsen - Anhalt, dass wir vor zwei Jahren am FKK - Strand trafen, noch jenes aus Chemnitz, schon gar nicht die Sauf - Truppe aus Nordmecklenburg. Vielleicht wurde ihnen der Urlaub an diesem Teil der Ostsee zu teuer? 

Gegen 6.00 Uhr, kurz vor unserer Abreise, goss es aus Kübeln. Das heran nahende Gewitter entlud sich über uns und die Himmelsschleusen öffneten sich. Es regnete ununterbrochen, ehe wir die Hansestadt Rostockerreichten. Einige Kilometer nach der Autobahnauffahrt Fischland - Darß - Zingst, die von sowie zu der B 110 führt, klarte es auf. Der Dauerregen ließ nach. Nach dem Dreieck Wittstock / Dosse, das die A 19 in die Autobahn 24 übergeht, die dann ab der Auffahrt / Abfahrt Hamburg - Horn, die Hansestadt bis zum Autobahndreieck Havelland die Bundeshauptstadt Berlin verbindet, war der Himmel hell und beinahe wolkenlos. Das Regengebiet, dass sich am Abend zuvor im Raum um Dortmund bzw. Westfalen zeigte und zu wolkenbruchartigen Niederschlägen führte, war in den Nordosten hingezogen, hatte aber den Großraum Berlin nicht betroffen.

Wir fuhren ab dem Dreieck Havelland weiter auf der A 10 bis zu den Ausfahrten Groß Kreutz und Phöben wegen andauernder Brückenbauarbeiten in zwei kleinere Staus. Eher entspannt fuhren wir bis zum Autobahnkreuz Potsdam auf die BAB 9. Etwas mehr als 1/3 der Fahrtstrecke lag hinter uns. Die Strecke von 509 Kilometern bis zur Abfahrt Eching führte uns durch vier weitere Bundesländer, nämlich Brandenburg, Sachsen - Anhalt, Sachsen, Thüringen und Bayern.

Den sonntäglichen Stau auf der A 9 ab Nürnberg / Ost und ab dem Dreieck / Holledau führte zu einem weiteren Zeitverlust von mehr als 1/2 Stunde. Inzwischen war es draußen wieder angenehm warm. Bei 24 ° C kamen wir nach mehr als 10 1/2 Stunden ( einschließlich Pausen ) auf reichlich herunter gekommenen Rastplätzen mit versifften Toilettenanlagen reichlich ermüdet, aber heile zu Hause an.

Mal abgesehen davon, dass das vorherigen Einladen der vielen Taschen, Rucksäcke, des transportablen Kühlschranks sowie das Aufladen der beiden Fahrräder bei strömenden Regen in Prerow mehr als 1 Stunde in Anspruch nahm, weil ich die Räder leider vor dem Einpacken der mitgebrachten Strandsachen aufgesetzt hatte, verlief die Heimfahrt doch ohne großen Stress. Ich hatte zeitweise den Tempomat eingeschaltet. Eine wahrhaftige Erleichterung, weil das ohnehin schon leicht geschwollene Knie entlastet wurde. 

Eine Heimfahrt von Nordost, quer durch Deutschland bis in den südlichen Bereich des Freistaats kann so oder so sehr interessant sein, denn es gibt immer etwas Neues zu erzählen.

    


GOLDEN VOID  -  Jetsun Dolma  -  2012.  




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