Allein zu Hause?



Heute Nachmittag las ich sie zum ersten Mal: Die Todesanzeige für eine verstorbene Nachbarin von schräg gegenüber. Sie verstarb am Mittwoch, den  19. Juni 2024. Eine andere Nachbarin hatte uns über Whats App informiert, weil wir uns zur diesem Zeitpunkt noch auf dem Darß befanden.

In der geschalteten Traueranzeige findet sich dieser Text:

" Die Erinnerung ist ein Fenster, durch das wir dich sehen können, wann immer wir wollen. "

Der Tod gehört zum Leben, wie das Leben somit den Tod von Menschen aus unserem persönlichen Umfeld vorsieht. Oft bringt er die Zurückgebliebenen zum Nachdenken über das eigene Dasein. Beim erneuten Lesen der in einer Münchner Tageszeitung geschalteten Traueranzeige fiel mir auf, dass sich dort zwei Schreibfehler eingeschlichen hatten. Eine Peinlichkeit, die sich nur durch Intervention der Auftraggeber, in diesem Fall des Ehemannes und jetzigen Witwers beheben lässt.

Doch dazu bedarf es erst einmal eines Hinweises. Für den Hinterbliebenen ist es schwer, neben den anfallenden Regularien, den Routinearbeiten und den üblichen Beileidsbekundungen, die dabei den Schmerz des Verlustes erneut aufbrechen lässt, dieses auch noch zu bewerkstelligen. Für den Witwer aus der Nachbarschaft fallen in den Tagen nach dem Tod seiner Frau viele Aufgaben an, die er erledigen muss.

Die Beisetzung muss organisiert werden. Dazu ist es erforderlich, eines der nicht gerade wenigen Bestattungsinstitute zu kontaktieren. Hierbei sind die Formalien zu erledigen. Die teure Beisetzung kommt oft einem Gang nach Canossa gleich. Der Schmerz über den Verlust des Angehörigen lässt den Hinterbliebenen oft die auch hier erforderliche Wachsamkeit vermissen. Weil das so ist, ziehen einige Anbieter den Trauernden sprichwörtlich über den Tisch.

Dabei kommen dann schon mal locker mindestens 5.000 Euro für eine Einfach - Bestattung zusammen. Wird ein Grabstein gewünscht, türmen sich dazu weitere 3.500 Euro und mehr auf. Dass das Sterben in diesem, unserem, Lande nicht gerade billig ist, liegt an der von der Politik ( FDP , CDU/CSU ) protegierten Kaste des Bestattungswesens, die über ein quasi Monopol verfügt und damit frei schalten und walten kann. Beerdigungskosten von 10.000 Euro bis zu 30.000 Euro sind von daher keine Seltenheit.

Auf welche Weise die Verstorbene aus der Nachbarschaft beigesetzt worden ist, ergibt sich aus der Traueranzeige nicht. Nur, dass die Beisetzungsfeier im engen Familienkreis stattfand. Dieses hat, wie wir rein zufällig erfahren konnten, einen guten Grund.

Zwischen der Verstorbenen und den beiden hier geborenen Töchtern gab es vor vielen Jahren ein tiefgreifendes Zerwürfnis. Angeblich soll der Verstorbenen, also der Mutter, die Lebensweise ihrer Töchter nicht genehm gewesen sein. Beide Töchter zogen aus und ließen seit jenem Zeitpunkt nie wieder etwas von sich hören. Will heißen: Sie erschienen zu keinem Geburtstag ihrer Eltern, zu keinem der Hohen Feiertage und auch nicht  zur Silberhochzeit ihrer Eltern. Sie werden wohl nicht zur Beisetzung ihrer Mutter erschienen sein.

Der Sohn, das jüngste Kind des Ehepaares, ließ sich indes hier einige Male blicken. Er wird wohl zur Beerdigung erschienen schein. Allerdings wohnt dieser irgendwo in einem Ort im Landkreis Freising, dort, wo die Mieten noch gerade erschwinglich sind. Aber er besucht den Vater eher selten. 

Jetzt ist der allein zuhause. Er bewohnt das mehr als 200 m² umfassende Haus nunmehr allein. Es ergeht ihn so, wie es einigen Millionen in Deutschland auch ergangen ist, wenn der Partner verstarb und das eigene Leben danach neu zu ordnen ist. Es ändert sich dabei vieles und jeder hinterblieben Partner fühlt sich nicht selten dann allein zu Haus.


         

 




P2O5  -   I Did´nt Care  -  P 205  -  1993:




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