Doppelfeiertag
Als ich am vergangenen Samstagmorgen zum Einkaufen auf den Parkplatz des Supermarktes fuhr, traute ich meinen Augen nicht. Überall standen bereits Autos. Kein Einkaufswagen war mehr zu sehen und Menschenmassen schoben sich durch den Eingang. Deshalb kurvte ich nur kurz um die anderen Blechschüsseln herum und verließ laut fluchend das Gelände. Warum, in alles in der Welt wollen auf einem stink normalen Sonnabend so viele Leute gleichzeitig ihre Einkäufe erledigen? Haben wir denn schon Weihnachten? Oder ist ein vierter Orkan im Kommen?
Erst nach einigen Stunden wurde mir klar, warum jene Menschenmassen beinahe zur gleichen Zeit ihre Lebensmittel einkaufen wollten. Im Freistaat Bayern und nicht nur dort, ist neben dem Reformationstag auch der darauf folgende 1. November ein Feiertag. Also gibt es zwei freie Tage hintereinander. Da muss eben vorgesorgt werden, denn die Geschäfte bleiben ganze zwei Tage lang geschlossen. Und wer möchte gerne an einer Tankstelle das Brot, die Margarine oder die Milch zu Mondpreisen kaufen?
Nun darf das christlich geprägte Bayern neben dem evangelischen Reformationstag auch den katholischen Feiertag Allerheiligen begehen. Ein Novum, dass es in den kommenden Jahren, Jahrzehnten und sogar Jahrhunderten in dieser Form nicht wieder geben wird.
Der Reformationstag, also der 31. Oktober eines Jahres, ist aber auch gleichzeitig der Weltspartag. Das ist kein christlicher Gedenktag, noch ein Feiertag. Und dennoch wurde ich an jeden 31. Oktober vor vielen Jahren daran erinnert, an die anerzogene Grundpflicht des Sparsamen zu denken. Damals gab es für die Kinder und Jugendlichen farbige Sparbüchsen, Sparschweine aus Keramik oder sogar Sparstrümpfe, die dann über das gesamte Jahr mit Münzen bestückt wurden. Zumeist waren es 1 -, 2 -, 5 - oder 10 - Pfennigstücke, die dann den Weg in diese Behälter des Sparsinns fanden.
Am 31. Oktober wurden sie dann von dem Sparkassenbeamten ( so nannten sich die dortigen Mitarbeiter ) geöffnet. Hochamtlich zählte dieser dann den Inhalt und trug die Summe der Ausbeute in das Sparkassen - Sparbuch ein. Dieses erhöhte sich daraufhin um vielleicht 5, 10 oder gar 20 Mark. Bis zum nächsten Jahr blieb diese Summe dort stehen, erbracht manchmal 3 bis 4 % Zinsen und kletterte im Folgejahr wieder an.
Für Ersparnisse gibt es heutzutage kaum noch oder keine Zinsen mehr. Im Gegenteil: Wer Geld auf der Bank parkt, muss vielfach Negativzinsen zahlen.
Die Zeiten ändern sich halt. Auch das Interesse an dem Reformationstag hat nachgelassen. Die Kirchen in diesem, unserem, Lande sind zumeist leer. Selbst an diesem Tag. Allenfalls zum Heiligabend, zu Weihnachten oder eventuell Silvester füllen sich einige Gotteshäuser.
Das war zu meiner Kindheit und in meiner Jugendzeit etwas anders. Da war der Kirchgang Pflicht. Der Religionsunterricht auch. Dieses Fach wurde gar benotet. Dabei hatte es mit dem Glauben nichts zu tun. Es handelte sich eigentlich nur um stupides Auswendiglernen von Inhalten aus dem Gesangsbuch und der Bibel oder - erst später - aus dem Religionsbuch.
Ich konnte diesem Fach nie etwas abgewinnen. Obwohl ich dort immer eine Zwei hatte.
Am 31. Oktober, dem Reformationstag, wurde dann ab 9.30 Uhr ein sogenannter Kindergottesdienst in der evangelischen Kirchen von Bad Eilsen abgehalten. Dort gingen dann alle Schulklassen der
Volksschule in Heeßen gemeinsam hin. Der Pastor mit dem Namen Hinz hielt eine Predigt, es wurde gemeinsam gesungen und auch gebetet.
Bei jenem Pastor Hinz wurde später der Vorkonfirmanden und Konfirmandenunterricht gegeben. Ab dem 12. bis 14. Lebensjahr wurde der Unterricht erteilt. Auch wenn dieses eigentlich nur eine freiwillige Veranstaltung war, gab es kaum einen Schüler aus der Altersgruppe, der daran nicht teilnahm.
Dieser 1 1/2 stündige Unterricht, der jede Woche während der Schulzeit erteilt wurde, bestand aus dem Auswendiglernen von Gesangsstrophen, Geboten und Psalmen. Der Pastor gab diese Aufgaben zuvor aus und fragte dann die Konfirmanden eine Woche später ab.
Wer diese nicht auswendig aufsagen konnte, musste mit Strafen rechnen. Dazu zählte das mehrfache Abschreiben von Geboten oder dem Vaterunser.
Da diese Strafarbeiten von der Freizeit abgingen, war jeder Konfirmand sehr bemüht, das Aufgegeben beim Abfragen durch Pastor Hinz auf der Pfanne zu haben.
Nun, ich habe eine Kirche seit vielen Jahren nicht mehr zu einem Gottesdienst betreten.
Aus gutem Grund, denn ich gehöre diesem Verein seit mehr als 43 Jahren nicht mehr an.#
Reformationstag hin, Luther her. Mein Glaube muss nicht von der Amtskirche oder einer Person der Zeitgeschichte bestimmt werden. Das sieht die ewige Kanzlerin in Berlin zwar etwas anders und ließ einen Feiertag zum 500. Jahrestag des Spalters der einst allmächtigen Kirche verordnen. Doch, ob sie damit den Glauben stärkt, scheint zweifelhaft.
Dennoch wird dieser Tag in die Historie des Landes und auch Bayerns, Baden - Württembergs und sonstigen katholischen Gegenden eingehen. Schließlich kommt dieses Ereignis, nämlich der Doppelfeiertag, so schnell nicht wieder. Weder in 10, 50 oder 100 Jahren. Allenfalls im Jahr 2267. Und da sind dann die Christen auf diesem Erdball wohl unter der Knute einer Weltregierung.
" Jane " - " Between Heaven And Hell ":
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