Hornisse


Heute ist Freitag, der 13. Ich bin nicht abergläubisch, aber gehört habe ich davon, dass dieses Datum bei vielen Menschen ein gewisses beklemmendes Gefühl verursachen soll. Während meiner Kindheitstage in dem niedersächsischen Dorf Heeßen, bedeutete ein solcher Freitag, dass unsere uns mitbetreuenden Großeltern, einen erhöhten Aufmerksamkeitsaktionismus entfalteten. Meine Großmutter Wilhelmine war eine einfache, aber sehr liebevolle Frau. Sie glaubte an die vielleicht doch vorhandene schwarze Magie eines derartigen Tages. Deswegen bekamen wir von " Oma Mäncken " eine extra Dröhnung von alt hergebrachten Verhaltungsmustern, Geboten und Verboten verpasst. Freitag, der 13. war nämlich ein besonderer Tag - ein Unglückstag.

Oma machte sich nämlich ständig Sorgen, dass uns etwas Schlimmes passieren könnte. Solche unvorhergesehenen Ereignisse, wie der Fall in das Plumpsklo, das sich im anliegenden Stall, der von Hühnern und zwei Schweinen bewohnt war, befand. Oder der Fall von einem der im Garten stehenden Obstbäume, von deren leckeren Früchten unsere / meine Oma immer Kompott und Marmelade kochte. Oder , dass einer von uns mal wieder  von Wespe gestochen wird, weil wir deren Erdnester mit einem langen Stock ausgehoben hatten.

Nun, alle diese kleineren und größeren Unglücksfälle könnten sich - so der Aberglaube unserer Oma - an einem Freitag, den 13., in komprimierter Form einstellen. Deshalb ermahnte uns " Oma Mäncken " an einem solchen Tag mit einem Sondervortrag. Sie meinte es ja nur gut, weil sie ihre drei Enkelkinder eben liebte. Wenn nichts passiert war, gab es irgendeine selbst hergestellte Leckerei. Wie zum Beispiel der Grießpudding mit warmer Kirschsoße. Ich schlug mir davon dermaßen den Bauch voll, dass ich mich anschließend kaum noch bewegen konnte.

Da ich an einem Mittwoch geboren wurde, erlebte ich - die ersten Jahre eher unbewusst - so manchen Freitag mit der ominösen Zahl 13. Insgesamt vielleicht 127. Manchmal erschien dieser angeblich schwarze Tag drei Mal im Jahr. Ab und zu sogar 2 Mal in einem Monat. Doch: Sie brachten mir weder Unglück, noch Glück. Sie waren einfach nichtssagende Tage, so wie Donnerstag der 12. oder Samstag der 14. eines Monats.

Für meine Großmutter war ein solcher Tag eben ein besonderes, weil negatives Ereignis, an dem sich durch ein Zufall diese Einstellung auch noch bewahrheitete. Zu den weiteren, entweder unbewiesenen oder einfach nur unsinnigen Behauptungen, zählten bei ihr, dass die Kinder vom Klapperstorch gebracht werden, dass man seinen Teller aufzuessen hatte, damit morgen wieder die Sonne scheint und auch, dass eine Hornisse ein gefährliches Tier ( so wie ein Wolf ) sei, denn drei Stiche der fliegenden Insekten könnten für einen Erwachsenen und sieben bei einem Gaul tödlich sein.

Wir glaubten den größten Teil dieser Lügengeschichten und hatten deshalb Angst vor  dem bösen Wolf und der stechwütigen Hornisse. Obwohl ich weder das eine, noch das andere Lebewesen in meiner Kindheit je zu Gesicht bekam.

Dazu benötigte ich irgendwann in den Jahren nach meiner Lehre den Besuch eines Zoos, um den ersten Wolf zu bestaunen und weitere 20 Jahre, um die ersten Hornissen zu sehen.

Es war ein lauer Abend Ende August 1990 als bei einem Gläschen Wein und einigen aufgestellten Windlichtern, plötzlich einige dieser Kamikaze - Insekten die brennende Außenlaterne einer Ferienhütte auf einem Bauernhof in Hankensbüttel umlagerten. Mein damaliger Bekannter Norbert knipste sofort die Beleuchtung aus und verbreitete Panik. Er erzählte mir genau den selben Sermon, den ich kannte. Hornissen seien gefährlich und würden einen Menschen töten können. Für mich sah es aber so aus, als seine sie nur die viel zu helle Glühbirne, die in der Außenlampen eingedreht war, angelockt worden. Sie orientierten sich nach dem grellen Licht und summten, wie ein Spielzeughelikopter um die schwarze Metalllampe herum. Nachdem Norbert das Licht ausgeschaltet hatte, waren die Biester verschwunden.

Einige Jahre später, ich hatte ein private und berufliche Lebenskrise, vielleicht auch die viel zitierte midlife crisis, saß ich in einem Wohnklo in Harmissen bei Süstedt und soff. Zumeist Sekt, und zwar " Deinhardt Trocken ". Nachdem ich eine Reihe von Gläsern intus hatte, öffnete ich das Fenster des Holzhauses und ließ frische Luft in den Raum. Es dauerte einige Minuten, ehe eine Hornisse durch das geöffnete Fenster in den Raum brummte. Ich schlug das Vieh mit einer Zeitung tot. Doch es folgte eine weitere. Auch diese erschlug ich. Dann klappte ich das Fenster nur an. Trotzdem gelang es einer dritten Hornisse, an die brennende Lampe zu fliegen. Ich prügelte den Eindringling ebenfalls tot. Dann schloss ich genervt das Fenster.
Es herrschte danach Ruhe.

Irgendwann danach versuchte ich mein Leben wieder in die Spur zu bringen. Vielleicht hätte ich es vorher bereits machen müssen.

Es folgten weitere Freitage, die die Monatszahl 13 trugen. Das eigene Leben sieht solche Tage eben auch vor. Wie gesagt, ich bin und war nie abergläubisch.

Als ich heute Morgen, so gegen 6. 30 Uhr in der Küche saß, in der ich zuvor unser Katzen - Quartett versorgt hatte, meine Kaffee aus dem Automaten trank, " SPIEGEL " las und MDR aktuell im Radio hörte, beobachtete ich, dass unser Kater " Diego " an der Terrassentür unruhig herum schlich. Er hatte irgendetwas entdeckt, das ihn beunruhigte. Zunächst konnte ich nichts entdecken. Es war draußen immerhin dunkel. Beim näheren Hinsehen, sah ich sie dann, die angeblich gefährliche Hornisse, Sie kletterte an den Scheiben der Tür hin und her. Ich ließ unseren Kater " Diego ", der immer noch unruhig und kratzend an der Tür herum schlawenzelte,  auf die Terrasse. Er beobachtete vorsichtig den Fremdling und wollte anschließend wieder in die Küche.

Ich trank einen zweiten, dann einen dritten Pott Kaffee. Die Hornisse war immer noch an der Scheibe. Nein, ich werde die Tür jetzt nicht öffnen, um den ungebetenen Gast hinein zu lassen. Ich wusste ja längst, dass der Hautflügler nur an die brennende Deckenlampe wollte. Was aber hätte ich danach mit dem Insekt anfangen sollen? Erschlagen? Nein, ich blieb standhaft und dachte bei mir: " Hier kommst du nicht hinein! "

Es wurde langsam hell. Irgendwann war die Hornisse verschwunden. Ich hatte es gar nicht bemerkt, weil unser Kater auch das Interesse an dem Tier verlor. Sie wird vielleicht einen Platz gesucht und gefunden haben, in dem sie den Tag geschützt verbringen kann.

Es muss ein Weibchen gewesen sein, das in der Küche um Einlass begehrte. Die männlichen Nachkommen sind längst verendet, denn sie überwintern nicht. Ihre, von der Natur vorgegebene Aufgabe, das Weibchen zu begatten und zu versorgen, ist im Herbst beendet. Nur die weiblichen Hornissen überleben den anstehenden Winter.

Deshalb versuchte die, nur zu Besuch an der Terrassentür herum kriechende Hornisse in den Raum zu gelangen. Sie suchte ein sicheres Winterquartier. Später könnte sie ein neues Volk bilden.
Nein, nicht bei uns im Haus.

Und während ich bei " Wikipedia " den Eintrag über die Hornisse las (
https://de.wikipedia.org/wiki/Hornisse ), kamen mir einige Gedanken zu der vor zirka zwei Jahren von unserer " Ewigen " Bundeskanzlerin verursachten " Flüchtlingskrise ". Es klopften mehr als 900.000 Menschen an unseren Grenzen und baten um Einlass. Merkel gewährte diesen ihnen. Doch sie befragte nicht die anderen EU - Länder und vor allem nicht ihre Bevölkerung. Die Folgen daraus waren fatal. Hass, Gewalt und Verbrechen gegen Menschen durch Einheimische zogen sich wie ein Schleppnetz durch die Gesellschaft. Vor allem bei uns in Sachsen versuchten die Menschen ihren Frust gegen Flüchtlinge auszuleben.

Irgendwo las ich ein Plakat eines dieser besorgten, intoleranten Bürger in unserem Freistaat. Dort hieß es: " Bitte flüchten Sie weiter! Hier gibt es nichts zu wohnen! " So ein A.. , dachte ich bei mir, als ich den Kerl dort stehen sah. Doch mittlerweile ist klar, dass weder Merkel´s " Flüchtlingspolitik " richtig war, noch das rassistische Gehabe jener Schwachköpfe in unserem Freistaat.

Menschen gehören eigentlich in ihre jeweils angestammte Umgebung. Ist diese nicht lebenswert, muss ihnen Hilfe zuteil kommen. Doch nicht jeder jeder nach einer neuen Heimat suchende Mensch ist ein Flüchtling. Und, mal ehrlich gesagt, wer möchte nur Hornissen in seinem Haus? Trotzdem gib es dazu bessere Lösungswege. Die heißen " Entwicklungshilfe ". Und die muss vor Ort, an den Grenzen und in den Ländern, die ihre Bevölkerung nicht mit Sicherheit und ausreichender Ernährung ausstatten können, angebracht werden.

Deshalb habe ich die Hornisse an jenem Freitag, den 13. Oktober 2017, nicht in die Küche hinein gelassen. Es wäre ihr sicherer Tod gewesen.

Gut´s Nächtle mit:
" Ame Son " und " Le grand cirque de la lune " - 1970:





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