Der Wuppertaler SV und Lothar G. im Münchner Olympiastadion
Die Studentenbutze mit seinen knapp 20 m² war Zentral beheizt, verfügte über fließendes Kalt - und Warmwasser, einer integrierten Kühlschrank und Koch - Kombination sowie einer so genannten Nasszelle, einem futuristisch anmutenden Konstrukt aus weißem Hartplastik, dass Toilette Waschbecken sowie Dusche aus einem Guss anbot. Dieses alles für einst " mickrigen " 144 DM.
Mein alter Mietvertrag sah vor, dass es sich um eine Kostenmiete nach der damals geltenden II. Berechnungsverordnung handelte, die somit während der gesamten Studienzeit nie erhöht werden konnte. Auch unangenehme Überraschungen, wie jährlich exorbitant gestiegene Nebenkosten waren ausgeschlossen.
Ein beinahe paradiesischer Zustand für immer klamme Studierende.
In diesem - von vielen Kommilitonen als Bunker abgetanen - Wohnheim hielt ich es immerhin mehr als 8 Jahre lang aus. Eine halbe Ewigkeit, bedenke ich dabei, dass in jener Zeitspanne einige Bekannte von mir mehrfach pro Jahr ungezogen waren. Dazu war ich nach Aufnahme des Jura - Studiums nicht mehr bereit. Ich wollte meine geregelten Abläufe, meine Ruhe also; keinen Stress mit Vermietern, Mitmietern und keinen nervtötenden Verkehrslärm und Gestank. Inmitten eines damals noch vorwiegenden Brachlands, konnte ich abends meine Spaziergänge vornehmen, ohne dass mir eine Menschenseele begegnet wäre. Die Natur lag ehemals direkt vor meiner Haustür.
Nun, in diesem Umfeld lernte ich ab den frühen 1980er Jahren einen Mitbewohner kennen. Lothar G. kam aus Wuppertal; genauer gesagt, er wohnte am Rande der nordrhein - westfälischen Großstadt, im Stadtteil Barmen. Barmen und auch das angrenzende Oberbarmen zählen zu den guten, den gehobenen Stadtteilen. Lothars früh verstorbener Vater war einst freiberuflich arbeitender Steuerberater. Er erzählte mir von diesem nur sporadisch etwas, denn hat hatte sich mit ihm zu Lebzeiten nie verstanden. Lothars Vater war ein Schwarzer, ein CDUler, ein Pendant dazu; ein kleiner Despot auch noch, der seinem Sohn nach dem erzwungenen Abitur, in seine Richtung drängeln, ja, zwingen wollte.
Während wir uns nach und nach anfreundeten, bekam ich zudem weitere Details über und zu Lothar G.´s Familienumfeld mit. Er lebte ab den 1970er Jahren zusammen mit seiner Mutter und einer älteren Schwester in einem durchaus opulenten Haus mit großem Garten in Wuppertal. Nachdem Abitur studierte er zunächst in Bochum Psychologie und setzte das Studium dann zum Ende der 70er Jahre in Bremen fort. Wie viele andere aus seinem Jahrgang auch, wollte Lothar G. zunächst ein Studium beginnen. Weile r weder auf Wirtschaftswissenschaften, noch ein auf naturwissenschaftliches Studium Bock hatte, entschied er sich - wohl eher aus Opposition zu seinem verknöcherten Vater - für eine " Schwafel " - Wissenschaft.
Nebenbei interessierte er sich noch für Musik und auch für Sport - vornehmlich für Fußball. Obwohl er es in den Folgejahren mir gegenüber nie zugab: Lothar war mutmaßlich glühender Anhänger des ehemaligen Bundesligisten Wuppertaler SV, der zu Beginn der 1970er Jahre eine kurze Zeit lang im westdeutschen Profi - Fußball für Furore sorgen durfte.
Der Wuppertaler SV stieg in der Saison 1971 / 1972 in die Beletage des bundesdeutschen Fußballs auf. Zuvor wurde er mit einem Punktverhältnis von 60:8 und einem sagenhaften Torverhältnis von 111:23 Meister der damaligen Regionalliga West ( nur der Zweite., Rot- Weiß Essen schoss 2 Tore mehr ).
Der Wuppertaler SV oder auch WSV konnte sich allerdings nur 3 Spielzeiten in der Ersten halten. 1975 stieg der WSV in die Zweite Bundesliga Nord ab.
Ein Jahr nach dem souveränen Aufstieg; der WSV hatte die erste Saison sensationell als Tabellenvierter beendet und durfte sogar am UEFA - Cup teilnehmen, traf der WSV am 5. Spieltag der Hinrunde auswärts auf den Giganten, den FC Bayern München. Die Begegnung fand im dortigen Olympiastadion statt und endete - wie nicht anders zu erwarten - 3:0 für den Gastgeber.
Lothar G. besuchte an diesem Wochenende einen Bekannten aus Wuppertal, der in München arbeitete und für die Begegnung zwei Eintrittskarten ergattern konnte. Lothar war eingeschworener Biertrinker. Deshalb stellte er sich zusammen mit dem Bekannten in der Halbzeitpause irgendwo an einem Bierstand an. Allerdings nicht so, wie es dort wohl üblich war. Ein besoffener FC Bayern - Fan erkannte sofort, dass sein Freund und er nicht aus Bayern stammte und begann zu pöbeln. Von " Saupreiß " war dabei die Rede. Der Bazi - Faschist steigerte sich in seine Hasstirade hinein und wollte Lothar an die Wäsche gehen, bis ein anderer Zuschauer den Pöbler zur Raison bringen konnte.
Als mir Lothar von dieser Begebenheit erzählte, fühlte ich mich in meinen Vorurteilen gegenüber den Bazis nur bestätigt. Der WSV verlor auch das Rückspiel im heimischen Stadion " Am Zoo " mit 1:4. Allerdings gelang es den Mannen um den Torjäger Günther " Meister " Pröpper in der letzten BL - Saison, die Bayern zu Hause mit 3: 1 zu schlagen. Eine riesige Überraschung, die die Fans des WSV aus dem Häuschen brachte.
Doch am Ende der Spielzeit 74 / 75 stieg der WSV als Tabellenletzter in die 2. Bundesliga - Nord ab. Diese noch 4 Spielzeiten halten, ehe es in der Saison 1979 / 1980 in die Oberliga Nordrhein ging. In den folgenden Jahren musste der WSV einige Male absteigen; allerdings gelangen auch mehrere Aufstiege, ehe der Verein in der Spielzeit 2012 / 2013 wegen Insolvenz zum zweiten Mal den Zwangsabstieg hinnehmen musste.
Der große FC Bayern war da bereits vier Spielklassen entfernt und die sechs Begegnungen in den 1970er Jahren nur noch unvergessene Ereignisse aus der Reminiszenzen - Kiste.
TUCKER ZIMMERMAN - Brother John - Square Dance - 1980
JIMMY BUFFET - Door Number Three - A 1 A - 1974:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wuppertaler_SV#Von_1972_bis_1975:_Bundesliga_–_und_das_größte_Jahr_des_Wuppertaler_Fußballs
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