Sabine Hugendubel von der Post



Vor einigen Tagen sahen wir uns eine dieser ZDF - Kriminalserien an. Hiervon gibt es ja nun reichlich. Die Folge aber, war durchaus bemerkenswert, denn sie spielte in einem eher bescheidenden Umfeld. Und - das kommt hinzu - der Mörder war dieses Mal nicht der Ehegatte, auch nicht ein Geschäftspartner, sondern der Briefzusteller. Gemeinhin auch als Postbote bekannt. Er meuchelte den Mann seiner seit Schultagen Angebeteten. Merke also: Auch Postboten können gemein gefährlich sein.

Ansonsten ist mit diesem Beruf, der einst nur von Beamten ( West ) als treuer Staatsdiener ausgeübt werden durfte, nicht mehr viel hohes Ansehen geblieben. Postzusteller sind - seit der unter Kohl´s Vasall Schwarz - Schilling in den 1980ern voran getriebenen Privatisierungswahn - heutzutage eher nicht zu beneiden. Sie vegetieren denn eher am Mindestlohn herum, sofern sie als Sub - Sub - Unternehmer - Mitarbeiter für irgendwelche privaten Klitschen fungieren, herum. Auch die Paketzusteller von DHL, der durchaus profitablen Post - Tochter - sind da nicht von ausgenommen.

Das war früher ja anders. Da hatte der Briefbote einen verantwortungsvollen Aufgabenbereich. Er kassierte harte Deutsche Mark für Nachnahmen und zahlte den Rentner ohne Konto ihr Altersruhegeld zu Ultimo aus. Deshalb durften der Postbote in seiner dunkelblauen Uniform mit Mütze, Leder - Tragetasche und oft Dienstfahrrad selbst kein so genannter Falscher Fuffziger sein.

Unentbehrlichkeit war nämlich ein Dienstvergehen, mit dem der Uniformträger ein Disziplinarverfahren einfangen konnte, was zur Kürzung seiner Pension und - im Extremfall - zur Entlassung aus dem Staatsdienst führte.

Nun, heutzutage sind nicht mehr soviel Postbeamte tätig. Der Konzern muss an den Personalkosten sparen, damit die Herren in den Vorständen sich ordentlich die Taschen füllen können. Diese Ungerechtigkeit bringt sodann so manchen Labilen im Postdienst auf krumme Gedanken.
Es muss sich dabei nicht gleich um Zumwinkel handeln, der ja einst - mittels spektakulärer Show - Einlage der Staatsanwaltschaft Essen - wegen Steuerhinterziehung verhaftet wurde und später zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren sowie der damit verbundenen Geld - und Bewährungsauflage, einen Betrag von 1 Millionen Euro zu zahlen, dennoch glimpflich davon kam.

Klaus Zumwinkel ist nur eine schillernde Ausnahme der Deutsche Post AG gewesen. Allerdings keine solche in der edlen Kaste der hoch dotierten Manager, dieses, unseres, so ungleichen Landes. Was damals, also in den frühen Jahren der Bundespost, noch kein Kavaliersdelikt war, weil die drohenden Sanktionen eines ertappten Deliquenten, diesen durchaus davor abschrecken ließen, nämlich Betrug, Untreue, Unterschlagung sowie auch Diebstahl und Urkundenfälschung, sieht in der heutigen Zeit bei der Sanktionierung eher milde Arbeitgeber und eine wegen chronischer Arbeitsüberlastung eine kaum einschreitende Justiz, in der Pflicht.

Irgendwann zum Ende der ersten Dekade der Nullerjahre las ich in der Heimatpostille, der " Sächsische Zeitung ( SZ ) " von einem Fall, in dem eine vormalige Postbedienstete diverse Bereicherungsversuche startete, um ihre - durch finanzielle Unachtsamkeiten - arg strapazierte Privatkasse ein wenig zu entlasten.

Die Dame von der Post war eben als Brief - oder Postzustellerin in Dresden tätig, wo sie einen Bezirk zugewiesen bekam. Dann und wann fungierte sie allerdings auch als Springerin und trug die Poststücke für Kollegen aus.

Als vor den Sommermonaten die große Event - Orgie, sprich: Musikveranstaltungen mit international bekannten Künstlern anlief, kam Frau Zustellerin auf ein sehr gewitztes Geschäftsmodell, mit dem sie ihre Finanzprobleme zu lindern gedachte. Sie durchstöberte die Veranstaltungsvorankündigungen in den Tageszeitungen, beäugte die vielen Plakate und sah sich auch im Internet danach um.
Als sie von dem Auftritt der australischen Kult - Band AC / DC las, musste sie nur ein wenig warten, nämlich so lange, bis der Kartenvorverkauf für das Konzert am 20. 06. 2010 anlief.

Und tatsächlich, der Eintrittskartenverkäufer, eine bekannte " Eventagentur ",  versandte die zirka 80 Euro teuren Karten per Post. Um auch hier die Kosten zu reduzieren, per Einwurfeinschreiben. Gleich mehrere Dutzend der begehrten Tickets gelangten dadurch in den Zustellbezirk der Dame. Doch statt jene heiß begehrten, aber auch teuren, bunten Glanzpapierstreifen in die Briefkästen der Adressaten zu werfen, behielt die Postfrau jene Briefe ein.

Sie sammelte diese in einem Karton, den sie bei sich in der Wohnung deponierte und wartete. Als sie genügend Briefe zusammen hatte, eröffnete sie bei dem Internet - Marktplatz ebay ein Konto. Hier nannte sie sich Sabine Hugendubel. Hugendubel, so, wie die bekannte Buchhandelskette, die auch in der " Altmark - Galerie " in der Dresdner Innenstadt ein Geschäft betreibt.

Sabine Hugendubel offerierte über ebay die einbehaltenen AC / DC - Eintrittskarten für mehr als 100 Euro pro Stück zuzüglich Versandkosten. Nachdem die Verkaufsanzeige einige Tage bei ebay eingestellt war, ging es los. Die Interessenten boten auf jeweils ein Ticket. Die Gebote schnellten in die Höhe.

Inzwischen jedoch reagierten die tatsächlichen Kartenerwerber auf die noch nicht eingetroffenen Briefe. Sie stellten bei dem Arbeitgeber der Postfrau alias Sabine Hugendubel einen Nachforschungsauftrag. Die Maschinerie des Gelben Riesen lief an. Es wurde zunächst geprüft, ob die Einwurfeinschreibebriefe auch tatsächlich aufgegeben worden waren. Dann konnte anhand der jeweiligen Registriernummer nach verfolgt werden, wie und wann diese die Aufgabepoststelle verlassen hatten. Dabei stellte sich heraus, dass alle vermissten Briefe tatsächlich ordnungsgemäß in die Briefzustellung nach Dresden gelangt waren und von dort aus verteilt wurden.

Schnell wurden die Ermittler der Post fündig. Alle Poststücke kam bei einer Zustellerin an, die diese dann zu verteilen gehabt hatte. Auf derer anschließenden Befragung stellte sich heraus, dass sie die Zustellung der Einschreiben an die jeweiligen Adressaten elektronisch dokumentiert hatte. Die Postfrau gab darin an, wann sie die Briefe in die Kästen geworfen hatte. Damit wäre ihr Arbeitgeber vielleicht aus dem Schneider gewesen; sie allerdings nicht.

Die AC / DC - Fans ohne bislang gültige Eintrittskarten ließen aber nicht locker. Sie stellten bei der Polizei Strafanzeigen und hofften so den mutmaßlichen Ganoven auf die Spur zu kommen. Die Dresdner Kripo witterte wegen der vielfach gestellten Anzeigen einen großen Clou; eine gewerbsmäßige Betrügerbande, und begannen bei ebay, das als Tummelplatz von Hehlerwaren durchaus einen Namen hat, zu recherchieren.

Nach kurzer Zeit entdeckten die Beamten mehrere Anzeigen, in denen AC / DC - Karten angeboten wurden. Bei den weiteren Ermittlungen stellte sich heraus, das immer die gleiche Person / die gleichen Personen unter einem so genannten Nickname jene heiß begehrten Tickets anbot / anboten.

Nun kam das, was der in Strafsachen involvierte Fachkundige gerne als Scheingeschäft bezeichnet. Die Kripo Dresden erwarb eine der überpreisten AC / DC - Karten, überwies den Betrag auf ein mitgeteiltes Postbank - Konto  und wartete bis diese per Brief zugestellt wurde. Um keinen Verdacht zu hegen, ließ der Polizist die Karte an seine Privatadresse senden. Und, tatsächlich landete der Brief mit Eintrittskarte im Briefkasten des Beamten.

Auf dem Absender war eine Sabine Hugendubel vermerkt. Dieser Name deckte sich nicht mit der Inhaberin des Kontos. Ein Adressabgleich ergab, dass zu jener Zeit eine Sabine Hugendubel dort in Dresden nicht gemeldet war. Wohl aber die Postfrau, auf die das Konto eingerichtet worden war.

Dan kam der entscheidende Beweis für eine Straftat. Die Event - Agentur hatte registrierte und durch nummerierte Tickets verkauft, um Fälschungen / Betrügereien zu verhindern. Und just eine solche, bereits an einen der Anzeigenerstatter / Geschädigten verkaufte Eintrittskarte wurde dem Kripo - Mann zugesandt.
Der Rest des Falls war dann nur noch Routine. 

Sabine Hugendubel von der Post aus Dresden flog auf.

Die Polizei durchsuchte ihre Wohnung und fand unter anderem auch jene eingehaltenen Briefkuverts, in denen einst die Agentur die Tickets versandt hatte.

Die Postfrau wurde zunächst von ihrem Arbeitgeber auf unbestimmte Zeit vom Dienst frei gestellt. Sie räumte danach die Taten ein. Vom Amtsgericht Dresden erhielt sie später einen Strafbefehl. Sie musste den Geldstrafe nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung ab bezahlen. Zudem hatte sie die bereits vereinnahmten und längst ausgegebenen Gelder für die weiteren, verkauften Eintrittskarten zu erstatten.

Damit war auch klar, das für die Postfrau alias Sabine Hubendubel die berufliche Laufbahn bei dem Gelben Riesen, wenn es denn überhaupt zu einer solchen gekommen wäre, als bekannten EDEKA - Fall beendet war.

Längst sind in diesem, unserem, sozial gespaltenen land, Uniformträger keine Respektspersonen mehr. Ganz im Gegenteil. Und eine adrette Dienstkleidung führt nicht automatisch in die Gefilde der für höhere Aufgaben Berufenen. Doch: Wer das Vertrauen des Dienstherrn missbraucht - fliegt. So, wie einst Sabine Hugendubel, die chronisch klamme Liesel von der Post!



THE BOX TOPS  -  The Letter  -  1967:


 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?