" Zwei Porree´- Stangen, bitte! "



Gestern Abend wurde es nach einem heißen Julitag ungemütlich. Ab 18.00 Uhr zogen von der Alpenseite her dunkle Wolken auf. Die Sonne verschwand sodann unter einer mausgrauen Wolkenschicht, die sich langsam ins Schwarze hin verfärbte. Ein Gewitter nahte. Es grollte in der Ferne; Blitze zuckte in unregelmäßigen Abständen am Horizont. Dann, ab 20.00 Uhr begann es zu regnen.

Unser Besuch aus Chemnitz hatte einige Stunden vorher telefonisch abgesagt. Er war mit dem Motorrad unterwegs und kam in einen Starkregen. Den Zeitverlust hätte er so nicht aufholen könnten und ging - um nicht in der Nacht anzukommen - auf Nummer Sicher.

Der Regen verstärkte sich zusehends. Es prasselten dicke Tropfen an die Fensterscheiben. Auf der Straße bildeten sich kleine Pfützen und Rinnsale. Nach zirka einer halben Stunde war der Spuk vorbei. Das Gewitter zog in Richtung Nordosten ab. Doch das Regengebiet selbst nicht. In der Nacht schüttete es nochmals. Ehe gegen 5.00 Uhr morgens der Regen aufhörte. Die schwül - warmen Temperaturen, so um die 26 Grad und mehr, sie waren vorbei. Vorerst!

Als ich gegen kurz nach Acht zum Brötchen holen los ging, zeigte sich der Himmel grau bedeckt. Es war kein typischer Julitag, der Samstag. Die mausgraue Farbe verdunkelte sich im Südwesten. Dann begann es irgendwo dahinten zu regnen. Und diese Regenwand zog zu uns herüber. Als ich zirka eine dreiviertel Stunde später den Supermarkt verließ, meine schwarze " Corona " - Maske vom Gesicht zog, schüttete es draußen wie aus Kübeln.

Ich packte meine Lebensmittel in die Leinen - Tragetasche, schob den Einkaufswagen zurück und wartete. Obwohl ich in weiser Voraussicht einen Regenschirm mit genommen hatte, traute ich mich nicht aus dem überdachten Bereich des Geschäfts hervor. Der Regen war zu heftig. Nach einigen Minuten hatte ich genug. Ich spannte den blauen Reklame - Regenschirm, auf dem Werbung der " SPADA - Bank " prangte, auf und ging los. Es prasselte jetzt noch stärker vom Himmel.

An dem italienischen Restaurant mit dem wohl klingenden Namen " Ristorante Passione Italia ", was - frei übersetzt - " Restaurant Italienische Leidenschaft " heißen könnte, waren die nach außen aufgestellten Tische zum Teil klitschnass. Obwohl die Betreiber eine grün - rote Markise übergespannt hatten, schlug der Starkregen auf die ersten, zur Straßenseite stehenden Tische. Die  dort aufgelegten, weißen Tischdecken hatten längst eine Vielzahl von Schmutzflecken bekommen. Unter den Tischen floss das Wasser entlang. Ich schlängelte mich an den eng zusammen gestellten Plätzen vorbei. Die gleichförmigen Metallstühle waren eigentlich viel zu eng aneinander geschoben. Von den " Corona " - Abstands - und so genannten Hygieneregeln, also keine Spur.

Diese Gaststätte musste ab März schließen. Für viele Wochen. Deshalb sattelten die Betreiber auf Außerhausverkauf um. Ich las einst beim Vorbeigehen, dass Bestellungen unter einer Festnetznummer entgegen genommen werde und, dass wegen der viel beschriebenen " aktuellen Lage ", das Restaurant bis auf weiteres geschlossen bliebe. das ist nun mehr als 4 Monate her. Die Geschäfte durften schrittweise wieder öffnen; die Lokale zum Teile auch. Nur Bars, Diskos und Freudenhäuser hat Markus Söder, der möglicherweise künftige K. - Kandidat - wie viele seiner Kollegen in den anderen Bundesländern auch - fest geschlossen gelassen.

Die Betreiber - meines Erachtens, eben tatsächlich Italiener - beobachtete ich beim Vorbeigehen in den Morgenstunden, wie sie im Innenbereich die Plätze sauber machten, neu eindeckten und den Müll des Vortages abtransportierten. Alle drei Herren sahen nicht gerade glücklich aus. Der ältere Mann aus dem Trio las manchmal eine italienische Zeitung, rauchte dabei eine Zigarette und hatte einen Espresso nebst Wasserglas auf dem kleinen Tische, der neben dem Haupteingang platziert worden war, stehen. Eine typisch südländische Lebensgewohnheit. Die uns Teutonen sagen könnte: " Junge, lasse es langsam angehen - was ist schon " Corona "? "

Ich schlängelte mich durch die Tische hindurch in Richtung des zweiten Italieners mit dem Städtenamen " San Remo ". Das ist ja bekanntlich eine 54.000 - Einwohner - Stadt in Ligurien, die wegen des ungewöhnlichen Altstadtkerns, aber auch wegen der Sport - und Kulturereignisse, für viele Touristen sorgt. Sanremo oder San Remo, liegt inmitten des flächenmäßig drittkleinsten Landesteils. Auch hier wütete " Corona "; wenngleich nicht so massiv, wie beispielsweise in der Lombardei oder der Piemont - Region. Ligurien liegt mit bislang 10.400 registrierten - und 1. 558 Todesfällen im Mittelfeld der statistischen Erfassung.

Dennoch: Wer jetzt nach Italien reisen möchte, muss sich auf drastische Einschränkungen und Unannehmlichkeiten im Land selbst gefasst machen. In den öffentlichen Gebäuden wird vor dem Betreten die Körpertemperatur gemessen, an den Stränden gilt ein rigoroses Abstandsgebot und in den Restaurants gilt auch an den Tischen Mundschutzpflicht.
Aber: Dieses dürfte vergleichsweise ein eher kleineres Übel sein. Wer beim Bergwandern in der gesamten Region von der all gegenwärtigen Polizia mit ungeeignetem Schuhwerk ( Flip Flops, Sandalen etc. ) aufgegabelt wird, der hat eine Geldstrafe von 2.500 Euro zu berappen.

Boah, ey, und ich dachte, die " Carabinieri " zocken nur deutsche Autofahrer überall und nirgends ab.

Es regnete noch heftiger. Ich blieb am Ende des Hausgrundstücks des ersten Italieners prophylaktisch stehen, um nicht weiter nass zu werden. Beim Verweilen unter der festen, großflächigen Markise, vernahm ich en gurgelndes, plätscherndes Geräusch. Es stammte aus einem Regenabfallrohr, das zirka 2 Meter über dem Boden einen großen, sichtbaren Riss aufweist. Es war im Laufe der vielen Jahre völlig durchgerostet. Unterhalb der Rohrschelle schoss ein Daumen dicker Wasserstrahl mindestens 2 Meter über den Gehsteig und prallte kurz vor dem Bordstein eines Parkplatzes auf den Asphalt. Der Wasserstrahl entwickelte derart viel Kraft, dass kleine Splitsteinchen weg geschleudert wurden.

Je länger ich dem Schauspiel zu sah, desto eher wurde mir klar, dass es sich beim dem Restaurant um ein schon betagteres Gebäude handeln muss. Ein weiterer Blick auf die Fassade bestätigte diese Vermutung. Auch hier ist nicht immer alles Gold, was so glänzt und von der bayrischen Politik als glänzend verkauft werden soll.

Ich ging um das Wasserspiel herum und bewegte mich auf der Bahnhofsstraße in Richtung des kleines Marktplatzes, auf dem zwei Verkaufsstände zu sehen waren. Eines davon war ein Gemüsehändler, der " Bio " - Produkte anbot. Ich sollte noch 2 Porree´- Stangen mit bringen, die es weder im " Norma ", noch beim " PENNY " gab.

Als ich am Stand angekommen war, hatte sich die kleine Menschenschlange vor den beiden Verkaufsständen aufgelöst. Der Dauerregen hielt einige Kunden davon ab, ihren samstäglichen Einkauf in den frühen Morgenstunden zu erledigen. Ich wurde denn auch schnell von einer Aushilfskraft am Gemüsestand bedient. " Zwei Stangen Porree´, bitte! ", sagte ich ihr. Sie zeigte mir das frisch aussehende, noch mit Wasser benetzte Gemüse. " Ja, okay! Vielen Dank! " gab ich ihr auf die Frage, ob es diese beiden Porree´ - Stangen sein könnten, als Antwort. " Das macht ein Euro und dreißig! ", gab sie mir zu verstehen. Ich fingerte drei Münzen aus dem Portemonnaie und legte sie ihr in die Handfläche.
" Vielen dank! Auf Wiedersehen! ", dann drehte ich mich um, nahm die störende schwarze Maske ab und ging ich schnell seitwärts in Richtung des Bauernhofes an der " Hollener Straße ".

Es regnete immer noch, wenn auch nicht mehr so heftig.

Unterwegs erinnerte ich mich an das durchgerostete Regen - Fallrohr, die Wasserfontäne, die mitten auf den Gehsteig schoss, die sich darauf hin bildete Wasserlache, die den Fußgänger zwang, eine Bogen um die Stelle zu machen. " Eigentlich sind die Italiener ja Schlampis. ", dachte ich so bei mir als ich den Rückweg im Regen fort setzte.

Ja, zugegeben, ich mag sie nicht besonders. Nicht, weil sie uns mindestens 4 Mal den WM - Titel geklaut haben; ihre Vereinsmannschaften in den 1970er und 1980er Jahren die deutschen Gegner Dutzende Male nieder getreten und gefoult hatten, sie in jener Zeit Autos von hundsmiserabler Qualität an Westdeutsche verkaufen durften, die Rivera, die italienischen Teile der Adria, ja, die gesamte italienische Mittelmeerküste verdreckt waren - es noch sind, sie ihre politischen Verhältnisse mit Chaotikern ala´Salvini, Grillo oder Berlusconi zu regeln versuchten; sie dadurch Korruption, Vetternwirtschaft und mafiose Strukturen begünstigen; sie die Infrastruktur vergammeln lassen; Touristen abmelken, deutsche Autofahrer abzocken, und.. und.. und.

Zu Hause angekommen, überlegte ich dann doch noch. Nö, diese Sache mit dem durch gerosteten Regenfallrohr ist nicht die Angelegenheit des Restaurantpächters sondern jene des Verpächters. Und dieser müsste mutmaßlich ein Einheimischer, ein Deutscher sein. Es sei denn, ja, es sei denn, die Italiener haben das Hausgrundstück gekauft. Dann gilt eben wieder das Obengesagte!




LONG DISTANCE CALLING  -  Jungfernflug  -  Satellite Bay  -  2007:

 


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