Als ein Blumenladen in Schwarme abbrannte.
Vor ein paar Tagen habe ich mal wieder auf meiner FB - Seite hinein gesehen, Tja, neben den Infos rund um den SV Werder Bremen und einigen Rockgruppen, die schön regelmäßig dort Artikel einstellen, fand sich auch ein so genannter " geliketer " Beitrag eines " Freundes " über Altersarmut.
Okay, dieses Thema ist seit Jahren immer wieder aktuell. Nicht, dass es nicht viele Ansätze der Politik gegeben hat, die zunehmende Verarmung eines großen Teils der Bevölkerung, insbesondere ganz Junge und eben viele Alte, durch staatliche Maßnahmen irgendwie in den Griff zu bekommen, aber offensichtlich gelingt es eben doch nicht, jenen Benachteiligten, ein würdevolles Leben zu sichern.
Wie dem auch sei, der " Freund " hat einen entsprechenden Beitrag über Altersarmut geteilt. Für mich war dieses durchaus verständlich, denn er ist längst Rentner und muss sich mit einem schmalen Altersruhegeld zufrieden geben. Dabei hat er mehr als 35 Jahre versicherungspflichtig gearbeitet. Dieses war auch der Fall, als wir uns einst vor 30 Jahren kennen lernten.
Peter K. war damals geschieden, hatte für zwei minderjährige Töchter Unterhalt zu zahlen und laborierte just an einem Bandscheibenvorfall herum. Er war zu diesem Zeitpunkt als Kommissionär in einem Autohaus in Bremen tätig. Aus gesundheitlichen Gründen war es ihm dann nicht mehr möglich, diese Tätigkeit weiter auszuüben. Peter K. schulte um.
Zu jener Zeit war er mit einer gelernten Floristin liiert. Also schulte Peter auf Florist um. das war keine besonders gute Idee, aber das damaligen Arbeitsamt zahlte die zweijährige Umschulung.
Inzwischen hatte seine Lebensgefährtin, eine Anne R, aus Delmenhorst, ihr Geschäft verlegen müssen. Der Mietvertrag mit einer älteren Dame in Delmenhorst wurde von der Vermieterin nicht mehr verlängert. Deshalb räumte die Floristin den Laden und zog zunächst nach Bremen in den Buntentorsteinweg. Das Geschäft war etwas größer, aber dafür musste Anne R., die gelernte Floristin, dass doppelte an Miete zahlen. Der Laden lief nicht. Deshalb eröffnete Anne R. einen zweiten Laden in Schwarme . Für das Geschäft in Bremen hatte Anne R. inzwischen eine gelernte Floristin eingestellt, die dort die Landen schmiss.
Schwarme, ist ein kleines Kaff hinter Bremen, in Richtung Verden / Aller. Der Ort hat zirka 2.500 Einwohner und liegt exakt 28, 4 Kilometer von Bremen entfernt.
http://entfernungenberechnen.com/route/bremen/schwarme
https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarme
Nun, das Kaff hatte ein paar Fachgeschäfte und einen Friedhof, eine Kirche, mehrere Vereine, wie Reit - Schützen - und Sportverein. Eigentlich auch kein gutes Pflaster, um ein Floristikfachgeschäft zu unterhalten. Aber, die Floristin Anne R. und mein Bekannter Peter K. schlugen sich so durch. Die Mieter war nur ein Bruchteil dessen, was sie in Bremen bezahlen mussten und deshalb kamen sie so um die Runden.
Das Geschäft in Schwarme hatte auch Sonntags geöffnet und deshalb besuchte ich Peter K. und Anna R. dort einige Male. Manchmal nahm ich einen Blumenstrauß oder eine Topfblume mit, um den Umsatz ein wenig anzukurbeln. Der belief sich wochentags auf 50 bis 100 DM; an den Wochenenden um zirka das Doppelte. Standen Feiertage an, wie Ostern, Pfingsten oder Valentin und vor allem Muttertag, konnte es in der Kasse schon ordentlich klingeln. Dann kam Anne R. auf sagenhafte Umsätze um die 1.000 DM.
Irgendwie wurde es für mich zu einem kleinen Ritual, an den Sonntagen, so nach dem Frühstück, mit meinem Mazda 323 Hatchback die knapp 28 Kilometer zum Schwarmer Blumenladen zu fahren, dort einen Kaffee zu trinken, ein wenig zu Sabbeln und gegen Mittag wieder in Richtung Bremen - Neustadt zurückzufahren.
So ging das fast ein Jahr lang. Doch eines Sonntagmorgens rief mich Peter K. an. Er klang eher unaufgeregt, obwohl das, was er mir am Telefon zu sagen hatte, schon dramatisch war. Das Blumengeschäft in Schwarme war in der Nacht von Samstag auf Sonntag abgebrannt. Von dem Inventar war nichts mehr zu retten. Die Feuerwehr hatte das gesamte Gebäude, dass an einem Wohnhaus stand, unter Wasser gesetzt. Totalschaden!
Ich empfahl ihm, sich mit Anne R. zusammenzusetzen, eine Inventarliste zu erstellen und sich von der Kripo in Diepholz das Aktenzeichen geben zu lassen.
Am nächsten Montag erschien ich in Anne R.´s Geschäft in Bremen, ließ mir zwei Vollmachten unterschreiben und beantragte über die Kripo Diepholz Akteneinsicht.
Es vergingen Monate, dann lag die Ermittlungsakte gegen Unbekannt auf meinen Schreibtisch. Ein Brandsachverständiger hatte inzwischen ein Gutachten erstellt. Aus dem ging hervor, dass der Brand durch eine schadhafte, weil unfachmännisch verlegte Stromleitung, verursacht worden war. Also: Fahrlässige Brandstiftung. Wer diese Leitung letztendlich gelegt hatte, blieb zunächst völlig unklar.
Ich schrieb für meine Mandantin Anne R. den Vermieter an und bat ihn, den Namen der Gebäudeversicherung und die Versicherungsscheinnummer zu benennen. Dieser Aufforderung kam der Vermieter nach. Nun wurde es richtig ungemütlich, denn ich musste die Ansprüche der Mandantin nicht nur exakt beziffern, sondern auch belegen. Die gesamte Buchführung musste auf den Kopf gestellt werden. Sämtliche Belege wurden von mir geprüft, aufgelistet und kopiert. das dauerte Tage.
Viele Wochen später schrieb die Versicherung, dass sie zunächst eine Abschlagzahlung in Höhe von 10.000 DM leisten werde. Die Prüfung der Ansprüche würde jedoch noch eine gewisse Zeit dauern.
Die Wochen und Monate vergingen. Die Mandantin Anne R. wurde langsam ungeduldig. Ich drohte der Gebäudeversicherung mit einer Klage. Dann reagierte sie doch noch. Sie wollte weiter 9.000 DM zur Abgeltung sämtlicher Forderungen zahlen. Insbesondere ging es um den Nachweis des so genannten entgangenen Gewinns für die Zeit ab dem Brand. Dieser musste über den Steuerberater nachgewiesen werden. Das gestaltete sich wiederum schwierig, weil das Geschäft ja erst etwas über ein Jahr lief. So konnte ich den durchschnittlichen Gewinn nur hochrechnen und schätzen. Die Versicherung war damit nicht ganz einverstanden. Doch 19.000 DM waren für Ende 1980er Jahre kein Pappenstiel. So riet ich der Anne R., das Vergleichsangebot anzunehmen und schloss die Akte.
Einige Wochen später rief mich Anne R. in den späten Abendstunden eines Freitags aufgeregt an. Ob ich wüsste, das ihr Lebensgefährte Peter K. ausgezogen sei. Sie fragte mich sogar direkt, wo er jetzt wohnen würde. Ich verneinte sämtliche ihrer gestellten Fragen. Dann unterstellte sie mir sogar, dass ich mit meinem Freund Peter K. sogar gemeinsame Sache gemacht hätte. Ich hätte sie hintergangen, sie belogen und wüsste genau, wo Peter K. wohnen würde.
Natürlich wusste ich es. Er hatte sich inzwischen über die GEWOBA in Bremen ein Einzimmer - Appartement gesucht und war klammheimlich, also stickum, bei Nacht und nebel mit Sack und Pack bei Anne R. ausgezogen. Er hatte die ständigen Streitereien wegen des Geldes, der Arbeit und ihre Vorwürfe, er sei eine " faule S... " einfach satt.
Ich konnte ihn verstehen, schwieg deshalb wie ein Grab und ließ mir auch nichts anmerken, als Anne R. einige Tage später in meiner Wohnung aufschlug. Sie zeterte herum, fluchte und unterstellte mir erneut, ich habe mit Freund Peter K. gemeinsame Sache gemacht. Was ja indirekt stimmte. Dann verließ sie wutentbrannt meine Butze in der Waterloostraße 50 in der Bremer - Neustadt.
Einige Wochen später flatterte ein Schreiben eines Kollegen aus Bremen, eines von jenen Hungerleidern, von denen ich auch einer war, auf meinen Schreibtisch. Darin stand, dass Anne R. aus Delmenhorst ihn mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt habe. Er hatte eine Vollmacht von Anne R. dem Schreiben beigefügt. Er bat, ihm die Handakte herauszugeben.
Gut, die Versicherung hatte meine Gebühren beglichen. Mehr wollte ich von Anne R. eigentlich nicht verlangen, obwohl ich für meine Arbeit hätte durchaus mehr Geld verlangen können.
Ich ließ die Akte von meiner Azubine kopieren und tütete das original in einen braunen DIN A4 - Umschlag ein, den ich dann an den werten Herrn Kollegen versandt. Ich hörte danach nie wieder etwas von ihm, noch von Anne R. Dagegen traf ich meinen Freund Peter K. beinahe jeden Tag. Er hatte mittlerweile seine Umschulung erfolgreich beendet, einen Blumenladen in der Bremer Osterstraße eröffnet und wusste, dass Anne R. von ihrer angestellten Mitarbeiterin in dem Geschäft im Buntentorsteinweg betrogen worden sein sollte. Die Dame hatte jeden Tag kleinere Geldbeträge aus der Kasse abgezweigt bzw, die Tageseinnahmen manipuliert und falsch abrechnet.
Geschieht ihr recht, erklärte ich meinem Bekannten Peter K. Schließlich hat sie dank meiner Arbeit aus dem abgebrannten Blumenladen in Schwarme noch ordentlich Profit gezogen. Dieser Geldgeier, der alte!
Undankbarkeit ist immer der Gutmenschen Lohn? Wie wahr, wie wahr!
" Lilienthal " - " Stresemannstraße " - 1978:
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