Das schweigende Klassenzimmer.

Über das große Missverständnis, das im Leben eines jungen Menschen - zumindest ab Vollendung des 6. Geburtstages - " Schule " heißt, ist viel Grütze geschrieben, gesprochen und verfilmt worden.
Ich denke dabei an solche Klassiker, wie die Lenz´sche " Deutschstunde ", " Die Feuerzamgenbowle " oder auch das " Fliegende Klassenzimmer ". Den cineastischen Klamauk rund um die westdeutsche " Aufklärungswelle " ab 1968ff , innerhalb dessen es um immer notgeile " Schulmädchen " geht, über die dann eine ganze Filmserie in die BRD - Lichtspielhäuser gebracht wurde, sollte der Literatur - und Unterhaltsästhet denn eher den berühmten Mantel des Verschweigens legen.

Aber: Das Grundthema " Schule " war schon immer einen guten Roman, ein informatives Sachbuch und einen sehbaren Kinofilm wert.
Heute ist ja wieder der meteorologische Frühlingsanfang. Und just zu diesem bewegten Datum startet ein Film in den gesamtdeutschen Kinos, der " Das schweigende Klassenzimmer " betitelt wurde und der sich - gemein hin - um die erste Nachkriegsdekade des zweiten Staates auf dem blutgetränkten Boden Rumpf - Großdeutschlands dreht. genauer gesagt, es geht um die normierte Beschulung der DDR - Kinder und Jugendliche im Jahr 1956.

Als Vorlage zu diesem Film dient das gleichnamige Sachbuch des Dozenten und Autors Dietrich Garstka. Garstka, 1939 in Berlin geboren ( https://de.wikipedia.org/wiki/Dietrich_Garstka ), schildert hierin die Abläufe an einer Schule, deren damalige Abiturklasse sich durch provokantes Verhalten nicht nur mit der Schulleitung, sondern später mit der DDR - Staatsführung in Ost - Berlin anlegt.
Nachdem der Aufstand im Sozialistischen Bruderstaat Ungarn durch die Sowjetunion militärisch nieder gemacht worden war, solidarisiert sich just jene Abiturklasse mit dem Aufständischen dort, indem die Klasse ab einem vereinbarten Zeitpunkt einfach schweigt. Zwar nur für 2 Minuten, aber die gesamte Klasse ist still. Das ist ein unbotmäßiges Verhalten. Das stellt eine " konterrevolutionäre Handlung " dar. Das gehört bestraft - jawoll, ja!

Dieses Verhalten bringt nicht nur die Lehrer zur Weißglut, sondern es ruft den ganzen, jetzt als rot - lackierte Ex - Faschisten in den Funktionen gegen alles, was Wiederworte gibt, niedermachende Funktionärspack auf den Plan.

Das gesamte Kampfvokabular, die hetzerische Rhetorik wird nun über die schweigende Klasse gekübelt, um diese wieder zur Räson zu bringen. Dabei ist es völlig egal, eben jene Schweigenden - wie vermutet - vom Klassenfeind aus dem Westen gesteuert werden oder einfach nur das zum Ausdruck bringen möchten, was der nieder gewalzte " Ungar - Aufstand " einfach war: Ein verbrecherischer Akt gegen die menschliche Entfaltungsfreiheit , die Meinungsfreiheit und die Freiheit, sich gegen Unrecht aufzulehnen. Wenn auch - mutmaßlich - nicht mit gütiger Unterstützung des großen Bruders im Westen.

Mag sein, dass der Film für viele Betrachter sich in den Handlungen eher als dünn und oberflächlichen darstellt. Doch er dürfte ein Stück Zeitgeschichte sein. Vergessen werden viele Erwachsene und auch deren Kinder, jene Nachkriegsjahre deshalb nicht. Zumindest nicht die Generationen, die sich mit den Nachwehen des III. Reichs, seiner menschenverachtenden Ideologie und den Überlebenden daraus, nämlich den Eltern und dann auch jenen, alsbald erwachsen werdenden Kindern, auseinandersetzen mussten.


https://de.wikipedia.org/wiki/Das_schweigende_Klassenzimmer

http://www.spiegel.de/kultur/kino/das-schweigende-klassenzimmer-von-lars-kraume-der-immer-gleiche-zeitgeschichtsquark-a-1195837.html

https://www.ndr.de/kultur/film/DDR-Drama-Das-schweigende-Klassenzimmer,dasschweigendeklassenzimmer102.html

Andere Meinungen waren nicht erwünscht. Sie wurden im SED - Staat der DDR verfolgt, betraft und aussortiert. Im Westen, in der BRD, totgeschwiegen und ins Lächerliche gezogen.

Wie schrieb Brecht zu jenen bleiernen Zeiten:
" Der Schoß ist noch fruchtbar, aus dem das kroch! ":









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