Ist Uwe Tellkamp ein " Krossdeutscher "?
Vor längerer Zeit diskutierten - überwiegend Ahnungslose - auf der vom Hamburger Nachrichtenmagazin " DER SPIEGEL " eingerichteten Facebook - Seite über die angeblich zu vielen rechtsradikalen Auswüchse in den Neuen Bundesländern. Hierbei las ich ein von einem - vermutlich - aus Norddeutschland kommenden Nutzer den Begriff " Krossdeutsche " oder auch " Crossdeutsche " ( diese Schreibweise ist wohl eher noch unrichtiger ).
Gemeint waren offensichtlich jene national orientierten Mitbürger aus Ostdeutschland, die sich zu dem Karnevalsverein AfD oder ähnlichen Vereinfachern hingezogen fühlen und dabei ihrer einfachen Denkweise freien Lauf lassen.
Unter " kross " dürfte allerdings eher dieses zu verstehen sein:
kross = frisch gebacken oder gebraten und somit eine harte Kruste aufweisend, die leicht platzt
Wie dem auch sei, es ist dennoch völlig falsch, jeden hier Lebenden unter eine national - konservativen und rechts orientierten Generalverdacht stellen zu wollen, nur weil er sich gegen die einstige Flüchtlings - und Ausländerpolitik der damaligen Bundesregierung stellt.
Dieses gilt auch für den Literaten Uwe Tellkamp, der sich kürzlich öffentlich zum großen AfD - Hypothesen - Versteher aufschwang und dabei die nicht belegte Behauptung, dass von den knapp unter einer Millionen in das Bundesgebiet eingereisten Flüchtlingen, die Mehrzahl junge, nicht ausgebildete Männer unter 25 seien, die dem Sozialsystem auf den Taschen lägen.
Nun las ich in einer älteren " SPIEGEL " - Ausgabe ( 12/ 2018, S. 112 ff ), dass es auf der letzten Leipziger Buchmesse zu einem Streitgespräch zwischen Uwe Tellkamp und dem ebenfalls aus Dresden stammenden Durs Grünbein kam.
Ein kritischer Diskurs zu aktuellen politischen Themen ist eigentlich nichts besonderes; im Gegenteil, er muss zu einer vorgegeben Intellektualität bei Autoren, Schriftstellern, Literaten und vor allem bei Journalisten dazu gehören. Dieses ist in den vielen Jahren vor dem Erstarken der national - konservativen Richtung leider nicht der Fall gewesen. Im Gegenteil: Das Land, diese Gesellschaft drohte in US - amerikanischer Lethargie zu versinken. Ehrlich gesagt, ein kritischer Bundesbürger musste längst den Eindruck erhalten, dass die Bevölkerung, die Gesellschaft und die dazu gehörigen Medien sowie die Kultur sukzessive verblödete.
Die nationalistische AfD hat sicherlich dazu beigetragen, dass endlich wieder diskutiert wird. Wenn auch häufig in unsachlicher Weise. Mit Pöbeleien, wie auf der letztjährigen Frankfurter Buchmesse, ist der so genannten " Neuen Rechte " und ihren Andersdenkenden allerdings nicht beizukommen. Dieses zeigt sich bereits an der Entwicklung von vor 50 Jahren, als die " 68er " zum " Marsch durch die Institutionen " aufriefen und das politisch verkrustete Westdeutschland sich danach veränderte.
Jedenfalls stritten sich die beiden Dresdner Schriftsteller auf der Leipziger Buchmesse um und über Merkel´s Migrationspolitik. Das ist gut so, denn nichts ist feiger als zu brisanten Themen zu schweigen. Durs Grünbein versuchte die Argumentation des mutmaßlichen AfD - Sympathisanten Uwe Tellkamp zu widerlegen. Die Aufarbeitung dieses und eines folgenden Streitgesprächs in Dresden nahmen gleich 7 " SPIEGEL " - Redakteure vor. Es wurde hiernach ein durchaus interessanter Artikel veröffentlicht, der allerdings in einigen Passagen unsauber recherchiert.
Der Versuch einer Gleichsetzung der AfD mit dem kränkelnden Häuflein der " Pegida " - Bewegung ist eigentlich unzulässig. Die AfD versucht sich politisch nicht nur auf dem Feld der fremdenfeindlichen Stimmungsmache und der restriktiven Ausländerpolitik, sondern stänkert unter anderem auch gegen den " Genderismus ".
Auch in ihren wirtschaftspolitischen Programmpunkten zeigt sich die national - konservative Partei eher unternehmer - denn arbeitnehmerfreundlich.
Die " Pegida " - Bewegung entstammt aus dem Spatzenhirn eines Kriminellen mit Namen Lutz Bachmann. Der rechtsradikale Hetzer hat diesen Verein nur deshalb gegründet, um hieraus persönlich, insbesondere wirtschaftlich, zu partizipieren. Bachmann´s Verein hat allerdings nie ein klares politisches Konzept vorgelegt. Die AfD sehr wohl.
Unrichtig ist allerdings auch die in dem Artikel getroffene Feststellung, dass bei den " Pegida " - Montagsspaziergängen sich zum größten Teil gut ausgebildete Mitläufer fanden. Die aus dem Umfeld der Universität Dresden dazu erhobenen Daten sind keineswegs repräsentativ, denn die Mehrzahl der einst angesprochenen Teilnehmer hatten sich damals geweigert, irgendwelche Auskünfte zu ihrem sozialen sowie beruflichen Umfeld zu erteilen.
Dass der " SPIEGEL " diese Daten nun in den Artikel mit einbringt, um die dort dargelegte Hypothese, dass es sich bei den Mitgliedern der " Neuen Rechten " um eher gebildete Bundesbürger handelt, ist denn wohl eher als äußerst fragwürdig zu bewerten.
Allerdings ist es zutreffend, dass es in diesem Land seit vielen Jahren eine deutsch - nationale Strömung gibt, die auch in den Parteien ihren Niederschlag findet. Das sich hierin vorfindende Denken ist allerdings überwiegend aufgrund der Unübersichtlichkeit auf vielen Felder der globalen Welt - und vor allem Wirtschaftspolitik zu sehen. Wer bereits mit dem Verstehen der dortigen Zusammenhänge erhebliche Probleme hat, von dem dürfte denn auch nicht zu erwarten sein, dass er die längst gegeben Abhängigkeit eines relativ kleines Landes, wie es Deutschland geographisch betrachtet unzweifelhaft ist, von den übrigen Nationen dieser Erde erkennt. Die bundesdeutsche Wirtschaft ist exportabhängig Sie wird sich somit nicht den Entwicklungen auf den Weltmärkten verschließen können. Die Bundesrepublik ist zudem rohstoffarm. Sie wird somit von anderen, diese erforderlichen Güter exportierenden Nationen abhängig sein. Diese Aspekte der weltwirtschaftlichen, wechselseitigen Abhängigkeiten spielen deshalb auch in der Migrations - oder Ausländerpolitik eine gewisse Rolle.
Wer dieses nicht erkennt oder erkennen möchte, der wird sich alsbald in einer globalisiert funktionierenden Welt in eine Abseitspostion stellen. Und das dürfte bei der nationalistischen Politik der AfD längst der Fall sein. Wer Ausländer, die - warum auch immer - hier dauerhaft oder auch nur zeitweise leben - diskriminiert und ihnen ein Aufenthalts - und/oder Bleiberecht aberkennt, weil sie angeblich nur deshalb gekommen seien, um von den vermeintlichen Vorzügen des sozialen Systems partizipieren zu wollen, der verkennt dabei, dass damit auch ein gefährliches Klima geschaffen wird, dass diejenigen Fremden betrifft, die hier aus völlig anderen Gründen eingereist sind.
Uwe Tellkamp irrt, wenn er die billige Polemik der Rechtsnationalen und hier vor allem der AfD aufnimmt, sich zu eigen macht und sie unkritisch durch eigene Aussagen in die Öffentlichkeit transportiert. Tellkamp ist kein Dummer. Er zählt nicht zu dem gesellschaftlichen Bodensatz, der sich als rechtsradikal bezeichnet, in Wahrheit aber ungelernt und ohne berufliche und persönliche Perspektiven in die Zukunft schauen muss und deshalb noch schwächere Menschen zum Feindbild erklärt.
Tellkamp sollte deshalb genau überlegen, ob er sich mit diesen Menschen auf eine Stufe stellen möchte. Uwe Tellkamp ist kein so genannter " Krossdeutscher ", aber er ist nicht gut und sogar falsch informiert und posaunt deshalb Unsinn in die Medienöffentlichkeit.
Yuri Gagarin - " Cluster Of Minds " - " At The Center Of All Infinity " - 2015:
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