Warum es am 24. Dezember keine Gerichtstermine gibt.
Die Vorweihnachtsgeschichte zu der Frage, warum es am 24. Dezember keine Gerichtstermine gibt, habe ich mir im letzten Jahr gespart. Wieso? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist mir zu diesem Thema keine passende Geschichte aus meiner ehemaligen Berufstätigkeit als Rechtsanwalt eingefallen.
Dafür habe ich aber für das langsam dahin dämmernde Jahr 2023 ein Weihnachtsgeschichte in petto.
Zum Ende der 1990er Jahre übernahm ich ein eher eigenartiges Mandat. Ein Möchtegern - Unternehmer mit einem gerüttelt Maß an krimineller Energie hatte versucht, mehr als ein Dutzend eher einfach gestrickter, überwiegend ungelernter Frauen übers Ohr zu hauen. Seine Masche lief so ab:
Über Kneipenbeziehungen erhielt dieser Betrüger einen Auftrag, mehrere LKW - Ladungen mit Weihnachtsartikeln umzupacken, damit diese unter einem dann geänderten Herstellernamen in den ahnen, Geschäften verkauft werden können. Schon allein diese - immer noch übliche - Schummelei lässt erahnen, dass bei dem " Unternehmer " aus Bremen - Nord das Streben nach der allheiligen klingenden Münze jedwede Skrupel abfallen lässt.
So schaltete der " Unternehmer " denn auch einige Wochen vor Weihnachten ein Kleinanzeige im Lokalblatt " Weser Kurier ", in der er kurzfristig mehr als ein Dutzend Packer/innen für eine Auftragsabwicklung suche. Nun, das schon damalige " Armenhaus " Bremen mit einer durchgängigen Arbeitslosenquote von mehr als 10 %, bot dafür geeignete Bedingungen. Weshalb sich auf diese Stellenanzeige hin eine Vielzahl von Interessierten meldeten.
So auch meine Mandantin.
Tatsächlich erhielt sie einen Termin zu einem Vorstellungsgespräch und hiernach eine schriftlichen Arbeitsvertrag. Der sah unter anderen einen Bruttolohn von 20 DM pro Stunde vor.
Unterdiesen Bedingungen begann die gutgläubige Klientin ihre Tätigkeit und schuftete zusammen mit weiteren Damen so lange, bis sämtliche Container mit der Weihnachtsware unverpackt waren. Nur als es an die Lohnauszahlung ging, druckste der Herr " Unternehmer " herum. Die Damen mögen doch bitteschön am nächsten Morgen wiederkommen, dann habe er deren Lohnabrechnung und das Geld in bar parat.
Als die Frauen dann am folgenden Tag an der Lagerhalle in Bremen - Nord erschienen, war diese leer geräumt und auf den feinen Arbeitgeber warteten sie vergebens. Der hatte sich aus dem Staub gemacht. Womit es für die Damen auch keine rostige Mark von ihm geben konnte.
Somit erhielt ich dann meinen Part in diesem Fall. Nach einigen Recherchen konnte ich den Herrn Unternehmer ausfindig machen. Er war unter einer anderen Adresse gemeldet. Die Lagerhalle in Bremen - Nord hatte er nur für einige Tage gemietet, um dort den angenommen Auftrag erledigen zu können.
Da es sich - wenn überhaupt - um ein Einzel - Gewerbe. Womit dieser als natürliche Person gegenüber seinen eigegangenen Vertragsverpflichtungen unbeschränkt haftbar war. Das sah zunächst für die Mandantin gut aus. Doch auch hier galt bereits: " Wo nichts ist...".
Dennoch legte ich los und formulierte ein übliches Schreiben, in dem ich den Grund meiner Beauftragung, die Höhe der Lohnforderung bezifferte und dem Herrn Arbeitgeber eine Zahlungsfrist setzte. Ich wartete dann bis zum Ablauf des festgelegten Datums ab und erhob dann - wie nicht anders erwartet - eine Zahlungsklage beim Arbeitsgericht Bremen.
Nach einigen Tagen erhielt ich eine Ladung zu dem obligatorischen Gütetermin. Der lag kurz vor Weihnachten.
Der Richter war vorweihnachtlich gestimmt, trotzdem meckerte er an der Klage herum und ließ uns klar und deutliche wissen, dass wir die Forderung so oder so zu spezifizieren haben. Demnach muss jede abgeleistete Arbeitsstunde nachgewiesen und bewiesen werden. Vollmundig wies ich auf ein so genanntes Stundenbuch hin, dass die Mandantin geführt habe. Das stimmte zwar nicht, beeindruckte den Herrn Arbeitgeber so sehr, dass dieser sofort einlenkte. Er verpflichtete sich in einem Vergleich, das Arbeitsverhältnis mit der klagenden Frau ordnungsgemäß abzurechnen und den ausstehenden Lohn bis zu einem Zeitpunkt nach Weihnachten zu zahlen.
Erleichtert verließen wir den Sitzungssaal, allerdings nicht ohne dem eher gut gelaunten Richter ein frohes Fest zu wünschen. Zwar hatte die Mandantin keinen Lohn, um Geschenke zu kaufen, dennoch war sie zufrieden. Weihnachten stand schließlich vor der Tür und da hatten beinahe alle Menschen in Bremen und um zu gute Laune. Aber, eben nur fast alle.
El Tarro De Mostaza - El Ruido Del Silencio . 1970:
Kommentare