Wohnung ausgeräumt



Heute hatte ich ein längeres Gespräch mit dem von uns beauftragten Makler. Es ging um einige Modalitäten, die für einen Interessenten noch zu klären waren. Einmal am Palavern, erzählte ich ihm, dass ich einst, so ab den 1990er Jahren, vermehrt Familienrechtsfälle bearbeitet hatte. Bei den meisten Mandaten ging es um Ehescheidungen der einfacheren Art. Hier spielten keine Vermögenswerte, wie etwa Immobilien, Wertpapiere oder sehr hohe Einkommen eine Rolle. Es waren eher die stinknormalen Ehescheidungen, die Unterhaltsverfahren oder Streitereien um das Sorge - und / oder Umgangsrecht. Zu verdienen gab es überwiegend nur die " billigeren " PKH - Gebühren.

Während in den Neuen Bundesländern noch Wildost tobte, hatten sich viele der dort von den Treuhand - Kloppern Abgewickelten in den Westen aufgemacht. So auch eine vierköpfife Familie aus Röbel in Mecklenburg - Vorpommern ( https://de.wikipedia.org/wiki/Röbel/Müritz ).

Sie landeten nach der Wende in Bremen. Der ältere Sohn des Ehepaars aus Röbel hatte noch zu DDR - Zeiten einen Schlosserberuf erlernt und bekam über eine Bremer Firma eine Stelle auf einer Ölplattform in der Nordsee. Ein knochenharter Job, der allerdings auch gut bezahlt wurde. So holte der einstige Mecklenburger bald danach seine Verlobte aus Röbel nach und heiratete diese wenig später. Beide mieteten danach eine Wohnung in Bremen. Es war eine schmucke Dreiraumwohnung in der Elsässer Straße. Der spätere Mandant führte dort eher eine Wochenendbeziehung und dieses tat seiner Ehe nicht gut. Das Paar entfremdete sich zusehends voneinander.

Als der Monteur eines Abends an einem freien Wochenende wieder zurück nach Bremen fuhr, die Wohnungstür aufschloss, funktionierte das Licht im Flurbereich nicht. Er schaltete erneut die Flurbeleuchtung an und öffnet die Eingangstür.  Die Wohnung sah leer aus. Durch die Straßenbeleuchtung erkannte er, dass nicht ein Möbelstück mehr vorhanden war. Er rief seine Mutter an und wartete, bis sie mit einer Taschenlampe in der Hand ankam. Beide stellten fest, dass sowohl sämtliche Lampen, Schalter und sogar die hochpreisigen Steckdosen abmontiert waren. Alles war weg. Er war verzweifelt.

Am Montagmorgen erschien seine Mutter in meiner Kanzlei. Sie bat um einen Termin für ihren Sohn, der wieder auf die Ölplattform gefahren war.

Eine Woche später erschien der Mandant in meinem Büro. Er schilderte mir, was vorgefallen war. Ich notierte mir eine Daten und erklärte ihm, dass er die Rechnungen für die Wohnungseinrichtung heraussuchen möge. Anderenfalls habe er keine Chance, seine Möbel wieder zu bekommen.

Er hatte weder Rechnungen, noch konnte er sonst wie beweisen, dass er sämtliche Gegenstände bezahlt hatte. Er besaß demnach nichts, was darauf hindeuten konnte, dass die Wohnungseinrichtung ausschließlich von ihm bezahlt worden war.

Ich erklärte ihm die Rechtslage. Ohne Belege, Kontoauszüge, Rechnungen, hat er bei einem Antrag auf Hausratsaufteilung nach der Trennung von seiner Frau bei keinem Gericht in unserem Lande eine Chance, ein derartiges Verfahren zu gewinnen. Ich schlug ihm vor, den Mietvertrag ordentlich zu kündigen und sich eine neue Unterkunft zu suchen.

Doch das weitere Problem war, dass er keinerlei Unterlagen mehr hatte. Also musste ich seine ausgezogenen Ehefrau irgendwie ausfindig machen. Ich stellte eine EMA - Anfrage bei der zuständigen Meldebehörde. Nach einigen Tagen kam die Antwort von dort: Die angegebene Person war in Bremen nicht zu ermitteln. Ich versuchte es mit einer so genannten erweiterten Anfrage: Wieder nichts.

Irgendwann erhielt der Mandant ein Schreiben eines Kollegen, in dem er diesem mitteilte, dass seine Frau sich von ihm getrennt habe und er doch bitteschön seiner Unterhaltspflicht nachkommen möge. Der Mandant fiel aus allen Wolken. Ich beruhigte ihn und konnte ihm zumindest die Hoffnung machen, dass er nun aus dem immer noch laufenden Mietvertrag heraus käme.

Ich ließ ihn eine weitere Vertretungsvollmacht unterschreiben und antwortete auf das Schreiben des anderen Anwalts. Hierin forderte ich die Ehefrau auf, schriftlich der Kündigung des Mietvertrags zuzustimmen. Gleichzeitig lehnte ich im Namen des Mandaten die Forderung nach Unterhaltszahlungen für dessen Ehefrau ab.

Die gesetzte Frist verstrich. Eine Zustimmung zur der Wohnungskündigung wurde von der Ehefrau nicht abgegeben. Ich erhob also Klage. Die Frau rührte sich nicht. Es erging ein Versäumnisurteil. Ich drohte mit der Zwangsvollstreckung nach § 888 Absatz 1 ZPO. Einige Tage später flatterte ein Brief der Ehefrau in mein Büro. Sie hatte die vorformulierte Kündigung des Mietvertrags unterschrieben.

Der Mandant kündigte seinerseits den Vertrag. Er musste dennoch drei weitere Monatsmieten zahlen. Eigentlich wäre die Ehefrau verpflichtet, hiervon die Hälfte zu zahlen. Auf diese Forderung verzichtete er jedoch. Auf eine Unterhaltsklage der Ehefrau warteten wir indes vergeblich. Der Kollege hatte wohlweislich davon abgeraten.

Knapp ein Jahr später reichte ich den Ehescheidungsantrag bei dem Familiengericht ein. Am Ende dieses Jahres wurden die Eheleute geschieden. Die Frau war längst wieder aus der Wohnung ihres Lebensgefährten ausgezogen. Die Möbel hatte sie verkauft. Weil sie keinen Unterhalt erhalten konnte, aber Geld brauchte.

Später traf ich die Mutter des Mandanten an einer Straßenbahnhaltestelle wieder. Sie erzählte mir, dass die Ex - Schwiegertochter wieder nach Röbel gezogen war. Sie hatte dort eine Arbeitsstelle gefunden und zudem waren die Mieten da wesentlich günstiger. Bremen ist eben nicht Röbel und Röbel nicht Bremen. Und der Westen war nie ein Garten Eden.




" Zone Six " - " Spheroidise " - " Live Wirde " - 2004:





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