1.899 und der Rest von heut´!
Boah, jetzt ist es dann doch soweit. Die Grün - Weißen aus Bremen, die Fußballer der 1. Mannschaft des SV Werder Bremen, der Sportverein " Werder " von 1899 e.V. wird in der Spielzeit 2020 / 2021 zweitklassig sein. Eigentlich war mir als SVW - Fan dieses bereits nach dem Ende der Hinrunde klar.
Die Gurken - Spiele im heimischen Weserstadion stellten bereits bis Dezember 2019 ein Spiegelbild der Mannschaft rund um den Trainer Florian Kohfeldt dar.
Was in den 8 Begegnungen im Weserstadion zusammen gemurkst wurde, sah zeitweise wie der vorzeitige Abgang des einstigen Spitzenklubs von der Weser aus.
Einem Anhänger der Werderaner musste beispielsweise bei dem 1:3 gegen Fortuna Düsseldorf, dem 0:3 gegen RB Leipzig oder dem 0:5 gegen die Mainzer Angst und Bange werden. Eklatante Abwehrschwächen, ein Torso als Mittelfeld sowie ein Lüftchen, der eigentlich Sturm heißen sollte. Doch dann und wann flackerte es kurz auf, das wahre Gesicht der Profi - Mannschaft.
Leider haben solche lichten Momente eher die Ausnahme bedeutet. Der Schatten dieser Truppe überwog in nahezu allen Spielen. Vor allem die Rückrunde - dann als Restprogramm ohne Zuschauer - war eine einzige Katastrophe.
So kommt, was in derartigen Fällen regelmäßig eintritt, wenn der Verein keine funktionierenden Strukturen vorweist: der schleichende Abstieg aus dem Oberhaus.
Das war vor genau 40 Jahren schon einmal der Fall. Einst, nämlich zu Beginn der 1970er Jahre, ließ sich die Vereinsführung davon überzeugen, dass mit viel Geld und dem Einkauf von teuren Spielern, der Erfolg aus dem Meisterschaftsjahr 1964 / 1965 wiederholen ließe. Ein Trugschluss! Der Klub dümpelte trotzdem im Mittelmaß herum und das kostspielige Experiment scheiterte krachend.
https://de.wikipedia.org/wiki/Werder_Bremen#1971_bis_1980:_Millionenelf_und_schleichender_Niedergang
Danach kam das Siechtum und in seiner Konsequenz der erste Bundesligabstieg des SV Werder. In dieser Saison brachten es die Mannschaft fertig, sage und schreibe 93 Gegentore einzufangen - aber, immerhin: es wurden auch 52 Treffer eigene Treffer erzielt - und nur 11 von 34 Begegnungen zu gewinnen - bei 3 remis und 20 Niederlagen. In der Bilanz von damals stehen beispielsweise " Klatschen ", wie das 0:7 gegen den FC Bayern im damaligen Olympiastadion, jeweils ein 0:5 gegen Hamburg, Köln und Dortmund. Ein 1:5 gegen den VFB Stuttgart, ein 2:5 gegen den VFL Bochum ( boah, ey ), aber auch ein 4:6 gegen den TSV 1860 München ( unfassbar? ).
Nach der vormaligen 2 Punkte - Regelung stiegen die Grün - Weißen von der Weser zusammen mit dem Ex - Bundesligameister Eintracht Braunschweig in die 2. Bundesliga Nord ab. Auch der ruhmreiche, jetzige Hauptstadt - Verein, die Hertha aus Berlin, war mit im Boot.
https://de.wikipedia.org/wiki/Fußball-Bundesliga_1979/80
Die drei Trainern in einer Saison 1979 / 1980, nämlich Fritz Langner, Wolfgang Weber, Kuno Klötzer (https://www.werder.de/der-svw/historie/alle-werder-trainer ) waren lange Zeit einmalig in der Bundesliga - Historie, wie auch die Negativ - Bilanz 15 von 17 Auswärtsbegegnungen verloren zu haben. Mit einer derartig schwachen Auswärtsbilanz kann ein Klub in der Ersten Liga nicht bestehen.
Der sofortiger Wiederaufstieg in der Spielzeit 1989 / 1981 war dann nicht nur der Verdienst des danach bis 1995 in Bremen tätigen Trainers Otto Rehhagel. Die Weichen hierfür stellte sein aus Gesundheitsgründen aufgebender Vorgänger Kuno Klötzer, der in Geyer / Erzgebirge geborene, knorrige Sachse war nicht nur durch seine langjährige Tarinerlaufbahn, innerhalb derer er bei einer Vielzahl von Klubs als Verantwortlicher amtierte, ein exzellenter Fachmann.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kuno_Klötzer
Sein Nachfolger Otto Rehhagel führte sein Werk fort, zeigte sich alsdann als Motivator par excellence, zudem als Visionär und baute in dem Klub ein Erfolgs - Gen ein, dass den SV Werder Bremen lange Zeit in Deutschland, aber auch Europa, in die Top - Plätze brachte.
" König Otto I von Bremen " hatte dabei klare Vorstellungen: " Wir wollen den Bayern Paroli bieten ". Das gelang ihm beinahe bis zu seinem Weggang nach München 14 Jahre lang. Auch der mit dominierende Nordklub, der Hamburger SV war Jahre lang im Spitzenbereich der Fußball - Bundesliga fest etabliert. Die so genannten Nordderbys zählten deshalb in dieser Zeit zu einer festen Größe im Liga - Alltag.
https://de.wikipedia.org/wiki/Werder_Bremen#1980_bis_1987:_Aufstieg_einer_Spitzenmannschaft
https://de.wikipedia.org/wiki/Werder_Bremen#1987_bis_1995:_Titel_und_Erfolge
Als Otto Rehhagel ging, kam Aad de Moos und mit ihm rotierte auch bei Werder das Trainer - Karussell. Der Niederländer passte nicht in den Verein. Er wurde geschasst und musste dem Dresdner Ex - Auswahlspieler Hans - Jürgen " Dixie " Dörner Platz machn. Auf ihm flgte der Ex - Werderaner Wolfgang Sidka. Und hiernach schwang Felix Magath an der Weser das Zepter.
Wirkliche Ruhe und Kontinuität brachten alle vier Trainer nach Rehhagel nicht mehr in den Klub. Der drohte in die namenlose Mittelmäßigkeit abzugleiten.
Der verein verpflichtete daraufhin den einstigen Werder - Profi Thomas Schaaf. Zusammen mit dem ehemaligen Berufskollegen Klaus Allofs gelang ihm ein vollständiger Neuaufbau der Fußballsparte.
Danach kehrten die unter Otto Rehhagel erzielten Erfolge wieder ein. Der SV Werder etablierte sich erneut als nationale sowie europäische Spitzenmannschaft.
https://de.wikipedia.org/wiki/Werder_Bremen#1999_bis_2004:_Neuaufbau_und_Gewinn_des_Doubles
Nach der 14jährigen Ära Schaaf / Allofs wurde Robin Dutt als Trainer verpflichtet. Auch er wirkte in dem Verein wie ein Fremdkörper. Dutt´s Bilanz nach knapp 1 1/2 Jahren fiel eher schwach aus ( um es freundlich zu formulieren ).
Mit Victor Skripnik, der ebenso Ex - Werder - Profi war, rettete sich der Klub in der Saison 2014 / 2015 vor einem drohenden Abstieg, wurde dann aber nach mehr als 2 Jahren durch den ehemaligen Profi Alexander Nouri ersetzt.
Seit Oktober 2017 ist Florian Kohfeldt als Trainer der Bundesligamannschaft verantwortlich. Seine Bilanz konnte sich in der Saison 2017 / 2018 und 2018 / 2019 durchaus sehen lassen.
Allerdings verlief die Vorrunde der am Samstag, den 27. Juni 2020 zu Ende gehenden Spielzeit katastrophal. Obwohl Werder im Dezember des letzten Jahre auf einem Abstiegsplatz ( 17. ) lag, hielt die Vereinsführung an dem Trainer fest.
Nach insgesamt 1.899 Bundesligaspielen geht in der 1.900ten aller Wahrscheinlichkeit nach das Licht im Weserstadion aus und der Verein verabschiedet sich für mindestens eine Saison aus der Beletage des deutschen Fußballs.
Als Werder - und Fußballfan, der das Geschehen in der höchsten Fußballklasse seit Gründung 1963 mehr oder weniger mit verfolgen durfte, steht für mich fest, dass selbst bei einer Addition sämtlicher mit erlebter " Fußball - Wunder an der Weser " nicht nur der Abstieg aus der 1. Bundesliga am kommenden Samstag zu verhindern ist, sondern auch, dass mit diesem, ein sofortiger Wiederaufstieg im Bereich der größten Wunschträume liegen dürfte.
Am 24. Mai 1980 bestritt der SVW sein letztes Bundesliga - Heimspiel im Bremer Weserstadion gegen den 1. FC Köln und ging glatt mit 0:5 baden. Die 34. Begegnung der dann zu Ende gehen Saison ging beim VFL Bochum mit 2:5 in die BuLi - Analen ein.
Die Ironie der Geschichte lautet: Am 27. Juni 2020 bestreitet der SV Werder seine letzte Partie von leeren Rängen im Bremer Weserstadion gegen den 1. FC Köln und würde selbst bei einer Revanche mit 5:0 sowie einem Remis der Düsseldorfer Fortuna in die 2. Liga absteigen.
Danach schließt sich nach 40 Jahren das Kapitel der SV Werder Bremen und die 1. Fußball -Bundesliga.
Traurig, aber eben wahr!
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