Und wir steigen nie mehr auf, Halleluja!



Noch vier Spieltage, dann findet die Fußball - Bundesligaspielzeit 2019 / 2020 ihr Ende. Sie dürfte als eine besondere Saison in die Analen der seit 1964 existierenden höchsten Spielklasse eingehen. Die Vielzahl von Geisterspielen sind dabei nur eine Randerscheinung. Primär stellt sich bei dieser " Corona " - Saison die existenzielle Frage, wie es in der kommenden Spielzeit überhaupt weitergehen kann.

Diese dürfte - so nach Lage der Dinge und mit vorausschauenden Realitätssinn betrachtet - ohne den SC Paderborn 07 sowie den SV Werder Bremen anlaufen. Beide dürften den Absteig aus der höchsten deutschen Spielklasse wohl nicht mehr vermeiden können. Möglicherweise trifft es zudem auch noch die Fortuna aus Düsseldorf in den beiden Relegationsspielen.

Für den SV Werder Bremen bedeutet es dann, nach 40 Jahren ununterbrochener Erstligazugehörigkeit mindestens eine Spielzeit lang in der Zweiten Liga gegen Vereine, wie den SV Sandhausen, den 1. FC Heidenheim oder den Jahn Regensburg antreten zu müssen. Eventuell sind aber auch alt bekannte Ex - Bundesligisten dabei, so der Hamburger SV, der einst große Nordrivale, der FC St. Pauli und Holstein Kiel.

Nach 4 Jahrzehnten Erstligabetrieb wird der Abschied nicht sehr leicht fallen. An der Weser muss ab dem 1. Juli sodann der gesamte Vereinskader auf den Prüfstand gestellt werden. Auch die Vereinsführung muss sich viele Fragen gefallen lassen, warum es ausgerechnet in dieser Spielzeit überhaupt soweit kommen konnte.

Mit dem mutmaßlichen Bundesligaabstieg verabschiedet sich aber auch ein Klub, der über sehr lange Zeit dem FC Bayern Paroli bieten konnte, der den deutschen Fußball auf europäischer Ebene mit begeisternden und denkwürdigen Begegnungen sehr gut vertreten konnte und der die Stadt an der Weser über die Landes - und Bundesgrenzen hinaus bekannt gemacht hat.

Am 09. Juni 1973, einem Samstag, bestritt der Nordklub Eintracht Braunschweig sein letztes Bundesligaspiel gegen Fortuna Düsseldorf. Im heimischen Stadion verlor der Verein mit 1:2. Vor 22.000 Zuschauern nahm der ehemalige Deutsche Meister Abschied von der Ersten Liga. Er belegte nach 34 Begegnungen den 17 Tabellenplatz. 

Ein Jahr später gelang den Braunschweiger in der Aufstiegsrunde, in der sie 5 Siege, 1 Remis und 2 Niederlagen verbuchen konnten, der sofortige Wiederaufstieg in das Fußball - Oberhaus.
An jenem 9. Jun 1973 besuchte Peter " Piet " Völkening mit mir seine in Braunschweig studierende Schwester. Wir verlebten einen netten Abend in der Braunschweiger Altstadt und besuchten eine handvoll Szene - Kneipen. Während unseres Bummels begegneten wir unzähligen Eintracht - Fans, die immer wieder den gleichen Singsang intonierten:

" Und wir steigen wieder auf, Hallelujah! "


Sieben Jahre danach, ich hatte auch mein BWL - Studium in Bremen beendet und mich um einen Platz an der Universität beworben. um am Oktober 1980 das Jurastudium zu beginnen, besiegelte ein 0:5 des SV Werder Bremen vor nur 17.000 Zuschauern den Abstieg der Bremer. An jenem 24. Mai 1980 erzielte der für den gastierenden 1. FC Köln spielende Tony Woodcock allein vier Treffern. Ein Tor schoss der Nationalspieler Dieter Müller.

Die frustrierten und völlig betrunkenen Werder - Fans skandierten am Hauptbahnhof just den gleichen Singsang, den ich damals in Braunschweig gehört hatte.

" Und wir steigen wieder auf, Hallelujah! "

Dieser Refrain wird auch in dem zirka 180 Kilometer entfernte Braunschweig erklungen sein. Denn auch die Eintracht musste erneut die Bundesliga verlassen. Sie verlor ihr letztes Heimspiel mit 0:3 gegen den VFL Borussia Mönchengladbach. Ein Tor erzielte dabei der jetzige FC St. Pauli - Manager Ewald Lienen.  Ebenso traf es als Tabellen - Sechzehnten den Berliner Klub Hertha BSC.
 Fußballmeister wurde allerdings auch kein Nordklub, weil der HSV nämlich nur 2 Punkte hinter dem FC Bayern Viezmeister geworden ist.


https://www.kicker.de/1-bundesliga/tabelle/1979-80

https://de.wikipedia.org/wiki/Fußball-Bundesliga_1979/80

Nun, 40 Jahre danach, wird es den SV Werder erneut treffen.

Alles hat bekanntlich mal ein Ende und dieses auch dann, wenn es mit Schrecken ist.

Ob ein sofortiger Wiederaufstieg, wie es dann in der Saison 1980 / 1981 möglich wurde, weil mit Otto Rehhagel ein außergewöhnlicher Trainer erneut verpflichtet werden konnte, steht in den Sternen und dürfte nach Lage der Dinge, denn eher unwahrscheinlich sein.

Die 2. Bundesliga ist nicht mit der von vor 4 Jahrzehnten vergleichbar. Einst siegte der SV Werder dort 22 Mal, erzielte 8 Unentschieden und verlor nur vier Begegnungen ( https://de.wikipedia.org/wiki/Werder_Bremen#1980_bis_1987:_Aufstieg_einer_Spitzenmannschaft ).

Das ist bei der aktuellen Leistungsdichte in der 2. Fußballbundesliga völlig unrealistisch. Wie schnell ein rasanter Fall eines einstigen Spitzenklubs sich vollziehen kann, zeigt sich daher nicht nur am Beispiel von Eintracht Braunschweig. Der Klub ist zurzeit nur Drittligist. Ob in der niedersächsischen Stadt je wieder Erstliga - Fußball zu sehen sein wird, ist denn auch eher unwahrscheinlich.
Dass Werder dieses Schicksal erfährt aber mutmaßlich aber auch. Doch ein Zweitligist ist kein Spitzenklub. Deshalb könnte der SVW alsdann in die fußballerische Bedeutungslosigkeit versinken. Dieses vielleicht für sehr lange Zeit?


MORLY GREY  -  The Only Truth  -  1972:




Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Der Dresdener weiß: die Hoffnung stirbt zuletzt! ;o)

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