Martin P., der Trampolin - Springer und der Schlabbersack






Als vor mehr als 53 Jahren unter anderen, diese Single in den Charts -  Titeln auftauchte, befand ich mich im zarten Teenageralter und im Sportverein des TSV Bad Eilsen, der sich kurz zuvor gegründet hatte:


Tja, der gute - leider längst verstorbene - Dave Dee und seine Mannen mit den schier endlosen Bandnamen Dozy, Beaky, Mick & Tich ( phoen. in etwa: Titsch ) mussten sich zu jener Zeit gegen die Single - Charts namhafter Bewerber um Umsätze und Moneten, wie etwa die Beatles ( Penny Lane ), die Rolling Stones ( Let´s Spend The Night Together / Ruby Tuesday ), die Kinks ( Dandy ) oder aber auch schmalzigen Pop - Barden, wie David Garrick ( Dear Mrs. Applebee ), Sandy Shaw ( Puppet On A String ) sowie der deutschsprachigen Schlager - Laffen - Konkurrenz rund um Roy Black, Peter Alexander oder auch Peggy March durchsetzen. Das gelang mit dem Hitparaden - Stück " Zabadak " denn nur bedingt. Der Dave Dee - Titel landete deshalb irgendwo im Nirwana der Songs in der Rubrik " ferner liefen ".


https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Nummer-eins-Hits_in_Deutschland_(1967)


Doch die fünf Engländer mit ihrem sehr agilen Frontmann ließen sich nicht lumpen oder aus der Spur bringen. Sie rotzten eine Single nach der anderen in ihrer eher sehr überschaubaren Schaffenszeit von 1965 bis 1969 auf den Markt. Nach dem Motto: " Viel hilft viel! ", jagte eine Single die nächste. Die Mehrzahl davon landete ab 1966 ( " Hold Tight ) in den internationalen Charts. Dann löste sich die Truppe 1969 zunächst auf ( https://de.wikipedia.org/wiki/Dave_Dee,_Dozy,_Beaky,_Mick_%26_Tich ).

Dave Dee und Co. begleiteten mich ab 1966 aber tatsächlich eine Zeit lang durch meine pubertäre Phase, die ich mit Sport treiben und den damit einhergehenden Aggressionsabbau zu überbrücken gedachte.

Deshalb tingelte ich einige Male in der Woche in den Abendstunden zu der beinahe noch neuen Turnhalle in Bad Eilsen, wo der TSV seine Sportstunden für alle Mitglieder anbot. Das Portfolio an Sportstunden war eher sehr überschaubar. Der Volksschullehrer " Fifi " ( den richtigen Vornamen weiß ich bis heute nicht ) Gehrmann ließ sich aber nicht lumpen und übte mit einigen Bad Eilser, Heeßer, Ahnser oder Buchholzer, Luhdener und Steinberger Vereinsangehörigen ( die Mehrzahl war in meinem Alter ) fleißig Volleyball spielen. Er versuchte eine Turnier - oder Kreisligatruppe zusammen zu stellen.

Das gelang ihm vielleicht irgendwann doch. Davor allerdings waren seinen Bemühungen sehr enge Grenzen gesetzt. Die Zahl der Interessierten war sehr begrenzt. Das damit verbundene Talent denn wohl auch und die Motivation der Volleyball - Übenden eher überschaubar. " Fifi " Gehrmann indes ließ sich davon nicht sonderlich beeindrucken. Er glaubte an sein Vorhaben und ließ fleißig üben. Ich war nie der Volleyball - Anhänger, sondern sah die Gehrmann´schen Übungsstunden eher als eine Art günstige Gelegenheit, um mich damit den anderen Ballsportarten zu widmen.

Bevor " Fifi´s " Übungsstunden begannen, durften die Anwesenden sich anderen Bewegungsmöglichkeiten zu wenden. Ich bolzte deshalb eher Hand - und Fußball. Dieses mit anderen, ebenfalls eher mäßig interessierten anwesenden Volleyballspielern.

In dieser Zeit übte auch ein Trampolinspringer mit dem Namen Martin P. regelmäßig in der Halle. Er durfte sein Trainingsgerät in den hinteren Bereichen des Raumes aufstellen. Dort übte Martin P. mehr als 2 Stunden lang. Er versuchte Salti, Schrauben sowie auch Flic Flac auf dem Turmgerät. Oft bereits weit vor dem Beginn der anderen Übungsstunden.

Martin P. war talentiert. Deshalb steigerte er sich in seinen Trampolinsport hinein. Irgendwann bemerkte auch " Fifi " Gehrmann dieses und überließ ihn einen Turnhallenschlüssebund. Damit konnte Martin P. trainieren, wie und wann er wollte. Wir bekamen dieses Privileg natürlich mit. Deshalb gingen wir auch Samstags, dann wenn unsere Pflichtaufgaben im Haushalt, Hof und Garten erledigt waren; wenn die Räder geputzt, der Rasen gemäht und die Dutzend Paar Schuhe blank gewienert waren und sich die Eltern zur Maloche / Schwarzarbeit verabschiedet hatten, zur Bad Eilser Turnhalle, um nachzusehen, ob Martin da war.

Meistens hatten wir Glück und er ließ uns auch in die Turnhalle hinein. Dort tobten wir dann an den Geräten oder mit Bällen herum. Beliebt waren natürlich Fußball spielen, Handball und auch Hockey. Zum Volleyball hatten wir keine Lust. Im Gegenteil: Wir bolzten mit den wesentlich leichteren Volleybällen herum.

Irgendwann kam ich auf die Idee und brachte meinen " Neckermann " Kassettenrekorder mit. Ich schloss ihn an eine Steckdose und ließ das Gerät jene Hitparaden - Titel abdudeln, die wir natürlich alle kannten. Darunter auch " Zabadak " von Dave Dee und seinen Mannen.

Da unsere Englischkenntnisse eher bescheiden ausfielen, wurden die Titel einfach phonetisch mitgesungen. Dazu verballhornten wir den Song der Engländer. Aus " Zabadak " wurde alsbald " Schlabbersack " oder " Schlaffer Sack " sowie " Schlabbellack " ( abgeleitete von der chinesischen Sprache, die ein " R " nicht vorsieht und deshalb als " L " ausspricht ).

Während Martin auf seinem Trampolin herum sprang, wir seine Saltis bestaunten, ihn lobten und sogar ein wenig bewunderten, sang dieser Dave Dee´s " Zabadak " ständig mit jenen Verhallhornungen mit.

Die Musikuntermalung während seiner privaten Übungsstunden blieb aber nicht unbemerkt. Nachbarn hatten unser Treiben wohl beobachtet und informierten später " Fifi " Gehrmann, der an einem jener Samstagnachmittage urplötzlich in der Turnhalle erschien, uns zurecht wies sowie zudem ein künftiges Hallenverbot für alle - Martin P. ausgenommen - außerhalb der Übungszeiten aussprach.

" Fifi " Gehrmann mochte vor allem mich nicht. Er versuchte bei jedweder Gelegenheit, die sich ihm bot, mir " eins beizudrehen ". Die Abneigung beruhte sich auf Gegenseitigkeit. Ich konnte " Fifi " auch nicht besonders ausstehen. Später vermeid ich es, an seinen Übungsstunden teilzunehmen. Volleyball interessierte mich eh nicht. Ich wechselte alsbald zum TSV Steinbergen, wo ich mit anderen Klassenkameraden Fußball spielte.

Davor allerdings ließen wir uns von " Fifi´s " Hallenverbot nicht beeindrucken. Wir betraten die Eilser Turnhalle durch einen Nebeneingang, der sich seitwärts des Gebäudes befand und wohl ein Notausgang war. Die Tür zu dem Notausgang war nur mit einem einfachen Zuhalteschloss versehen. Wir bastelten uns deshalb einen so genannten " Dieterich ". Dazu hatten wir einen Eisenbügel eines Eimers gerade gebogen, den Haltekopf mit einem Fäustel platt geklopft und so einen stabilen Behelfsschlüssel erhalten. Nach mehreren Versuchen gelang es uns, die Außentür der Turnhalle zu öffnen. Meistens war die in dem Vorraum installierte Brandschutztür, die einen Schließzylinder besaß, nicht abgeschlossen. Die am Freitag in der Halle übenden Gruppen hatten dieses entweder vergessen oder sie waren zu faul, sämtlich Türen zu kontrollieren oder abzuschließen.

So gelangten wir sehr oft durch die Hintertür in die Halle. Dort tobten wir trotz Verbots herum. Bemerkt hatte es sowieso keiner der Nachbarn, denn die konnten unsere Aktion ja nicht mehr beobachten. Auch Martin P. nicht. Der war inzwischen zum Training des Landesverbandes nach Hannover abgestellt worden. Martin wurde nämlich Niedersachsen - Meister in seiner Altersgruppe und trainierte jetzt mit anderen Talenten aus dem Land für die Deutsche Meisterschaft.

In Hannover bekam er einen Berufstrainer zur Seite gestellt, zudem wesentlich bessere Trainingsvoraussetzungen sowie eine Zuschuss für die ihm dadurch entstandenen Kosten. Seine Eltern, die in Bad Eilsen in der Nähe des ehemaligen Bahnhofs in einem Mietshaus des Arbeitergebers Schewe wohnten, waren einfache Leute. Sein Vater arbeitete als Tischler bei der Fa. Schewe; seine Mutter war nach meinen Erinnerungen Hausfrau und / oder Aushilfskraft bei der Landesversicherungsanstalt in Bad Eilsen. Die Eltern hatten deshalb auch keine finanziellen Möglichkeiten, ihren sehr begabten Sohn zu unterstützen. Martin selbst absolvierte die Realschule und begann später eine Ausbildung.

Ich verlor Martin P. deshalb bald aus den Augen. Nur dann und wann traf ich ihn zufällig in Bad Eilsen in einem Geschäft oder in der Nähe der elterlichen Wohnung.

Die Jahre verflogen. Ich hatte mein Jurastudium beendet, als ich von meinen Eltern erzählt bekam, dass Martin P. im Krankenhaus verstorben wäre. Er soll an einen Hirntumor im Alter von vielleicht Mitte 40 gestorben sein. Mag sein, dass der intensive Trampolinsport diesen begünstigt hatte.

Auch der Mastemind der Pop - Truppe mit dem ellenlangen Namen, Dave Dee, verstarb 67jährigen in 2009 an Prostatakrebs in der Nähe der englischen Landeshauptstadt London.

https://de.wikipedia.org/wiki/Dave_Dee

Als er die Formation 1969 verließ, um eigene musikalische Wege zu beschreiten, war die große Zeit des Beats längst vorbei. Doch " Zabadak " lebt weiter. Das Stück wurde nicht nur einige Male gecovert, sondern findet sich auf einigen Sampler aus jener Zeit der Beatmusik in meinem CD - Archiv wieder.Wenngleich ich diese Pop - Titel nur noch sehr selten abspiele.


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